Arbeitsmarkt:Kompromiss bei Autoliv

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Nach harten Verhandlungen setzt der Betriebsrat durch, dass im Unternehmen 50 Stellen weniger gekürzt werden als geplant. (Foto: Toni Heigl)

Der Automobilzulieferer in Dachau kürzt doch keine Stellen in der Entwicklung. 104 Produktionsmitarbeiter müssen trotzdem gehen. Der Betriebsratsvorsitzende spricht von einem Erfolg

Von Anna-Sophia Lang, Dachau

Der Automobilzulieferer Autoliv kürzt in seinem Dachauer Werk 50 Stellen weniger als ursprünglich geplant. Das ist das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Trotzdem müssen bis 2017 insgesamt 104 Mitarbeiter die Firma verlassen. 90 davon sind in der Produktion beschäftigt, 14 im verwandten Bereich "Production Overhead", zu dem Qualitätssicherung und Logistik gehören. Die 50 Stellen, die das Unternehmen in der Entwicklung abbauen wollte, bleiben bestehen. Frank Petrus, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in Dachau und Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Autoliv Deutschland, wertet dieses Ergebnis als Erfolg. "Die Verhandlungen waren hart", sagt er, "aber es ist eines der sozial verträglichsten Ergebnisse, die bei Autoliv Deutschland bisher erzielt wurden."

Im Juni hatte das schwedisch-amerikanische Unternehmen angekündigt, 160 Stellen zu kürzen. Dieser Schritt sei "unumgänglich geworden", hieß es in einer Pressemitteilung. Man trage damit dem "andauernden Rückgang der Pkw-Produktion in Westeuropa Rechnung". Autoliv ist einer der größten Hersteller von Airbags weltweit und Marktführer bei Sicherheitsgurten. Im Landkreis Dachau zählt der Zulieferer zu den größten Arbeitgebern, etwa 700 Menschen sind dort beschäftigt. Neben Elmshorn bei Hamburg ist Dachau der einzige Standort in Deutschland, an dem noch produziert wird. Die Werke im sächsischen Döbeln und in Braunschweig wurden 2014 geschlossen, die Produktion wird zunehmend nach Osteuropa verlegt.

Betriebsrat Petrus macht für den Stellenabbau das Streben des Autoliv-Konzerns nach immer höheren Gewinnen und die Befriedigung von Aktionären verantwortlich. Kunden übten zudem massiven Preisdruck aus. Den Vorgaben könne man mit einer Produktion in Deutschland kaum entsprechen. Zwar erwirtschaftet Autoliv konstant Gewinne und profitierte in diesem Jahr von einer Krise seines japanischen Konkurrenten Takata, der massenhaft Autos in die Werkstätten zurückrufen musste. Auch am Standort Dachau, wo vor allem Airbags produziert und entwickelt werden, sei immer profitabel gearbeitet worden, sagte Petrus im Juni. Doch in Rumänien, Polen und Ungarn, wo die Lohnminute wesentlich billiger sei, fielen die Gewinne höher aus.

Mit Interessenausgleich und Sozialplan, teilt Petrus nun mit, habe man eine "sehr gute Einigung erzielt". Autoliv sicherte zu, bis Ende 2018 keine weiteren Produktionsanlagen zu verlagern. Außerdem hat das Unternehmen eine Absichtserklärung unterzeichnet, diesen Zeitraum bis Ende 2020 auszudehnen. Eine Beschäftigungszahl wurde allerdings nicht festgelegt. Nach 2017, wenn der stufenweise Stellenabbau beendet ist, sollen zunächst 70 Mitarbeiter in der Produktion bleiben. "Es ist unser Ziel, sie so lange wie möglich zu halten", sagt Petrus.

Allen Produktionsmitarbeitern, die entlassen werden, wird die Möglichkeit angeboten, für zwölf Monate in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Ziel einer Transfergesellschaft ist es, die Mitarbeiter wieder in Arbeit zu bringen. Beim sogenannten Profiling werden Fähigkeiten und Ziele ermittelt, zudem steht ein Qualifizierungsetat zur Verfügung, aus dem Weiterbildungen finanziert werden. "So wird versucht, die Mitarbeiter aktiv zu vermitteln", sagt Petrus. Auch Praktika und Probearbeit bei anderen Unternehmen sind ein Teil des Konzepts zur Vermittlung in eine neue Stelle. In der Transfergesellschaft erhalten Mitarbeiter ein Kurzarbeitergeld, das Autoliv aufstockt. Wie Petrus weiter mitteilt, wurde ein "Extrapaket für rentennahe Mitarbeiter" geschnürt. Hintergrund sei es, jüngeren Mitarbeitern das Verbleiben im Unternehmen zu ermöglichen.

Anders sieht es in der Elektronik aus, in der Radar- und Kamerasysteme für die Fahrzeugsicherheit entwickelt werden. Dieser wächst seit Jahren und soll in Zukunft ausgebaut werden. Es habe bereits Neueinstellungen gegeben, so Petrus. Auf einer Betriebsversammlung wurden die Mitarbeiter über das Ergebnis der Verhandlungen informiert. "Es ist gut aufgenommen worden", sagt Petrus. Wer tatsächlich gehen muss, ist noch immer nicht klar. Die Informationsschreiben mit den Kündigungen werden im November verschickt.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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