Arbeiterwohlfahrt:Der Mensch im Mittelpunkt

AWO Dachau

"Es kam immer wieder etwas Neues dazu": Thea Zimmer leitet seit fast 35 Jahren die Arbeiterwohlfahrt Dachau. Angebote für die ältere Generation stehen im Mittelpunkt der ehrenamtlichen Arbeit.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

In den Nachkriegsjahren linderte die Arbeiterwohlfahrt die größte Not der Flüchtlinge, heute organisiert sie viele soziale Angebote. Am Samstag feiert der Dachauer Ortsverband sein 70-jähriges Bestehen

Von Petra Schafflik, Dachau

"Unter dem Kochwirt hat 1946 die ganze Sache angefangen", erzählt Thea Zimmer. Von dort aus organisierte in den ersten Nachkriegsjahren der aus dem Flüchtlingsausschuss der SPD heraus frisch gegründete Ortsverein der Arbeiterwohlfahrt (Awo) konkrete Hilfe für Dachauer in Not. Die Bekämpfung von bitterer Armut und Hunger stand im Mittelpunkt, "es ging ums Überleben". Über die Jahre verbesserte sich die soziale Situation der Menschen, der Dachauer Arbeiterwohlfahrt stellten sich andere Aufgaben. "Es kam immer wieder etwas Neues dazu", erklärt die ehemalige SPD-Stadt- und Kreisrätin und Vorsitzende des Dachauer Seniorenbeirats Zimmer, die seit fast 35 Jahren die Dachauer Awo leitet. Übergreifende Projekte wie Kitas, Ganztagsbetreuung an Schulen, Mehrgenerationen- und Frauenhaus organisiert der Kreisverband. Angebote für die ältere Generation stehen im Mittelpunkt der ehrenamtlichen Arbeit beim Ortsverband, der am Samstag, 21. Januar, mit seinen 200 Mitgliedern und geladenen Gästen sein 70-jähriges Bestehen feiert.

Die Awo als Wohlfahrtsverband der SPD entstand in Deutschland bereits 1919. In den Folgejahren bis zum Verbot in der NS-Zeit wurden in vielen Städten Ortsverbände gegründet. Ob in den 1920er Jahren auch in Dachau solch eine örtliche Arbeiterwohlfahrt aktiv war, "das ist nicht herauszukriegen", sagt Thea Zimmer. Gut dokumentiert ist dagegen die Gründung 1946. Damals fanden sich 130 ehrenamtliche Helfer zusammen, um in der Stadt gemeinsam die größte Not der Nachkriegsjahre zu lindern. "Unter dem Kochwirt wurde eine Nähstube eingerichtet." Auch die Schulspeisung der Kinder wurde übernommen. Mit Hilfe von Spendengeldern konnten Bedürftige und Kranke mit dem Nötigsten versorgt werden. Viele Flüchtlinge, vor allem Frauen, waren in den Anfängen in der Arbeiterwohlfahrt engagiert dabei. "Man hat sich gegenseitig geholfen", erklärt Zimmer.

Die Lebensumstände der Bürger verbesserten sich, der Awo kamen neue Tätigkeitsfelder zu. Erholungsaufenthalte wurden organisiert, Sprechstunden für Hilfesuchende eingerichtet, ein Altenclub ins Leben gerufen.

Heute organisiert der Wohlfahrtsverband eine ganze Palette sozialer Angebote. "Die Sozialstation war der Start", erinnert sich Zimmer, die selbst diese Einrichtung für ambulante Pflege mit aufgebaut hat. Weitere Projekte kamen dazu, Beispiele sind Kitas, Jugendsozialarbeit, Mittags- und Ganztagsbetreuung an Schulen, Betreutes Wohnen, Mehrgenerationen- und Frauenhaus. Träger dieser übergreifenden Projekte, die allen Bürgern im Landkreis offen stehen, ist der Kreisverband, der mit hauptamtlichen Mitarbeitern diese umfangreichen Vorhaben managt und die Geschäfte führt. "Ehrenamtlich ist dieses Pensum nicht mehr zu leisten." Aber ohne freiwillige Helfer geht es definitiv auch nicht, betont Zimmer, die sich auf ein rühriges Team an Mitstreitern stützen kann. Dabei sei auch die enge Bindung der Arbeiterwohlfahrt an die SPD längst überholt. Inzwischen sitzen mit Zimmer im Ortsvorstand auch Mitglieder anderer politischer Parteien und parteilose Bürger. "Wir sind frei und offen für alle" - das ist Zimmer ganz wichtig. Und im Mittelpunkt der ehrenamtlichen Arbeit beim Awo-Ortsverein stehen entsprechend der Altersstruktur der Mitglieder jetzt vor allem die Bedürfnisse von Senioren. "Wir kümmern uns um unsere Mitglieder, sind für alle da." Oft gehe es um Informationen, um die Vermittlung an zuständige Fachstellen, um ein offenes Ohr für drückende Sorgen. Der monatliche Seniorennachmittag ist ein beliebter Treffpunkt, holt die älteren Mitglieder aus ihrer Einsamkeit heraus. Und Ausflüge sind eine willkommene Abwechslung auch für alle, "die nicht so viel Geld haben". Wie in den vergangenen 70 Jahren werden sich die Aufgaben der Arbeiterwohlfahrt weiter wandeln. Jüngere Mitstreiter will die langjährige Vorsitzende dafür gewinnen. Aber auch künftig soll gelten, was Thea Zimmer als Motto ihrer Arbeit formuliert: "Bei uns steht der Mensch mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt."

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