Appell an Gemeinderat:Eindringliche Bitte

Podiumsdiskussion Leitkultur

Landrat Stefan Löwl plädiert für interkommunale Solidarität.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Landkreis möchte Pachtvertrag für Flüchtlingsunterkunft in Schwabhausen verlängern

Von Renate Zauscher, Schwabhausen

Ein nachdrückliches Plädoyer für interkommunale Solidarität hielt Landrat Stefan Löwl (CSU) im Gemeinderat Schwabhausen. Anlass war der im Januar auslaufende Vertrag über die Verpachtung eines gemeindlichen Grundstücks in Schwabhausen, auf dem die Flüchtlingsunterkunft steht. Der Landkreis möchte den Vertrag verlängern, stieß in Schwabhausen aber bei einem Teil der Gemeinderäte auf Bedenken. Sie fürchten, dass die Zahl der "Fremdbeleger" in der Unterkunft steigen und diese bei einer möglichen Schließung der Anlage als Obdachlose von der Gemeinde untergebracht werden müssten.

"Wir haben keine Möglichkeit, jemanden unterzubringen", erklärte Bürgermeister Josef Baumgartner (FW) im Gemeinderat. Sollte sich die Zahl der Fehlbeleger - etwa durch Familiennachzug - "auf 30 oder 40 Personen erhöhen, dann hätten wir ein enormes Problem - das ist unsere Hintergrundbefürchtung". Fehlbeleger ist, wer als Flüchtling anerkannt ist und "perspektivisch in Deutschland bleiben darf", erläuterte Stefan Löwl den Gemeinderäten. Dies trifft auf 18 der derzeit 57 Bewohner der Schwabhausener Unterkunft zu. Diese Personen können den Nachzug ihrer Familienangehörigen beantragen; die Entscheidung darüber triff das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, nicht der Landkreis. Frauen und Kinder eines anerkannten Flüchtlings seien, so Löwl, "keine Asylbewerber, sondern Menschen, die ein Aufenthaltsrecht haben". Im Fall drohender Obdachlosigkeit müsse die Gemeinde tätig werden. Löwl sagte: Sollte die Unterkunft geschlossen werden, "dann stehen die Fehlbeleger auf der Straße".

Im Gemeinderat wurde dem Landrat vorgehalten, dass man vor Abschluss des Pachtvertrags 2014 Zusicherungen erhalten habe, dass damit keine negativen Folgen für die Gemeinde verbunden wären. Auch merkte man an, dass es "nicht-solidarische" Kommunen im Landkreis gebe, die keine Flüchtlinge aufgenommen hätten. Dazu sagte Löwl, er persönlich könne sich eine "Zwangsquote" wie etwa nach dem Krieg vorstellen für Gemeinden, "die sich bisher nicht eingebracht haben". Solche Zwangsmaßnahmen wolle man aber vermeiden und brauche sie derzeit auch nicht, es gebe noch viel nicht genutzten Wohnraum im Landkreis. Zudem komme vom Bayerischen Gemeindetag "massiver Widerstand" gegen eine solche Möglichkeit.

Widerstand gegen eine einfache Vertragsverlängerung kam im Gemeinderat vor allem von Vertretern der Freien Wähler und des Bürgerblocks Arnbach. "Wir sitzen auf einer Zeitbombe", sagte Wolfgang Hörl (BBA), und Hans Bopfinger (FWS) klagte, man habe "null Sicherheit, wie es künftig läuft". "Ich erwarte von Ihnen und Ihren Mitarbeitern Lösungen", erklärte er dem Landrat. Aus Sicht von Löwl kann es Lösungen nur im solidarischen Miteinander und dem Bewusstsein gemeinschaftlicher Verantwortung geben. Der Landkreis habe in den Jahren 2015 und 2016 immer wieder kurzfristig viele Flüchtlinge aufgenommen und diese Aufgabe gut hinbekommen. In der Integration der Flüchtlinge bestehe die große Herausforderung der nächsten Jahre. "Integration aber funktioniert nur, wenn die Familie da ist, und sie funktioniert nicht in der Unterkunft", ist sich Löwl sicher.

Was also ist zu tun? "Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken", sagte der Landrat, "es muss massiv gebaut werden", und zwar sowohl für anerkannte Flüchtlinge als auch die vielen anderen wohnungssuchenden Menschen, unter ihnen auch große Zahlen von Zuwanderern aus der EU. Die Schaffung von Wohnraum aber sei primär Aufgabe der Kommune: "Das Landratsamt kann nur Baurecht bestätigen, nicht schaffen." Zuletzt bat Löwl, die Entscheidung über eine Vertragsverlängerung, "im solidarischen Geist" zu treffen. Über die Konditionen der Vertragsverlängerung, die noch vom Freistaat genehmigt werden müsste, könne man, so Löwl, reden: "Wir werden Lösungen finden."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: