Amtsgericht Dachau:Wenn Omas ganze Erbschaft an Betrüger geht

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Wie zwei gutgläubige Geschwister binnen kurzer Zeit eine halbe Millionen Euro verloren.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Es ist eine Geschichte, die grotesker nicht sein könnte. Eine, die so komisch ist, dass ein erfahrener Richter wie Lukas Neubeck teilweise fassungslos wirkte. Es geht um zwei Geschwister, die in wenigen Monaten mehr als eine halbe Million Euro Erbschaft verloren. Sie investierten im Jahr 2012 in eine Immobilie, die nicht einmal auf dem Papier existierte. Sie investierten in Goldbarren - und erhielten viel zu wenige für ihr Geld. Das Amtsgericht Dachau will nun aufklären, was mit insgesamt 131 500 Euro der üppigen Erbschaft passiert ist. Das Geld hatten die Geschwister angeblich für eine Eigentumswohnung vorgestreckt. Doch seitdem ist es spurlos verschwunden.

Folgt man den Aussagen von Armin P. (Name geändert) soll sich ein selbstständiger Handwerker aus Karlsfeld an ihm und seiner Schwester bereichert haben. Deswegen muss sich der 29-Jährige wegen Betruges vor dem Dachauer Schöffengericht verantworten. In der Anklageschrift wird dem Familienvater vorgeworfen, im Jahr 2012 für den Bau eines Mehrfamilienhauses im Münchner Westen eine Barzahlung von 131 500 Euro entgegengenommen zu haben. Angeblich sollten die Geschwister in dem Haus eine Erdgeschosswohnung erhalten. Kurioserweise gab es für das Projekt weder einen Bauplatz noch Baupläne. Vielmehr handelte es sich bei der Ankündigung des Bauvorhabens um eine bloße Absichtserklärung des Karlsfelders.

Blindes Vertrauen

Gesichert ist, dass 158 000 Euro der Erbschaft von Schweizer Konten nach Frankfurt transferiert und dort von zwei dubiosen Mittelsmännern abgeholt wurden. Von der Überweisung über 158 000 Euro zogen sie sich mutmaßlich16 500 Euro ab, angeblich soll es sich um Steuerabzüge gehandelt haben. Armin P. will die Männer erst kurz vor den gemeinsamen Geschäften kennengelernt und sich mit ihnen angefreundet haben. Nachdem die beiden den Immobilien-Deal für ihn eingefädelt hatten, verkauften sie ihm für mehr als 350 000 Euro Goldbarren, die wesentlich weniger wert waren.

Aber warum ließ Armin P. einen derart betrügerischen Umgang mit sich zu? Vor Gericht räumte er ein, damals psychisch schwer krank gewesen zu sein. Er habe teilweise stationär behandelt werden müssen. "Ich konnte schwarz nicht mehr von weiß unterscheiden, gut nicht mehr von böse. Ich habe den Männern blind vertraut", sagte er. Einem der falschen Freunde habe er für angebliche Operationen mehrfach größere Geldbeträge gegeben. "Ich war ängstlich und eingeschüchtert. Man hätte zu der Zeit alles mit mir machen können."

Einer der beiden Mittelsmänner war es auch, der zwei völlig nichtssagende Verträge über das vermeintliche Bauvorhaben aufsetzte. Sie wurden sowohl vom Angeklagten als auch von Armin P. unterzeichnet. Schließlich führte der Betrogene aus, er habe dem Angeklagten vor dessen Bank einen Umschlag ausgehändigt, in dem sich ein fünf bis sieben Zentimeter dickes Bündel mit 500 Euro Scheinen befunden habe. Der Angeklagte behauptet hingegen, das Geld nie gesehen zu haben. Über die Strafanzeige, die Armin P. später gegen ihn erhob, sei er dementsprechend "total baff" gewesen.

Das Geld sehen sie wohl nie wieder

Das Schöffengericht in Dachau muss sich der Frage widmen, ob das Geld tatsächlich übergeben wurde und ob der Angeklagte womöglich mit den ihm bekannten Mittelsmännern unter einer Decke steckte. Zeugen gab es bei der Geldübergabe offensichtlich keine außer den Mittelsmännern und dem Vater des Angeklagten. Letzterer gab an, den Inhalt des Umschlags nicht gesehen zu haben. Die Mittelsmänner wiederum sind vor Gericht nicht erschienen und müssen sich wegen des dubiosen Goldverkaufs bald selbst vor Gericht verantworten. Sie könnten eine Aussage deshalb verweigern.

Die Schwester von Armin P. brach während ihrer Befragung am Amtsgericht in Tränen aus. Sie hatte ihrem Bruder über das gemeinsam geerbte Geld eine Vollmacht ausgestellt. Und sie sei erst im Nachhinein über dessen Fehlinvestitionen informiert worden. Ihre Erbschaft von einer halben Million Euro dürften die Geschwister mit großer Wahrscheinlichkeit nie mehr wiedersehen, wie auch Amtsrichter Lukas Neubeck einräumte.

Zur Fortsetzung der Verhandlung am Donnerstag, 4. Februar, sind die Mittelsmänner sowie ein Bankangestellter geladen, der den Angeklagten aus Karlsfeld im Jahr 2012 betreute.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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