Amtsgericht Dachau:Verwirrende Zeugenaussagen

Der Prozess um einen Einbruchsdiebstahl in einer Bäckerei endet für die angeklagte 23-jährige Verkäuferin mit einem Freispruch.

Petra Schafflik

Hygienemängel bei Großbäckerei

Symbolbild: Bäckerei

(Foto: dpa)

Mit einem Freispruch ist ein Verfahren vor dem Dachauer Amtsgerichts zu Ende gegangen, in dem sich eine 23-jährige Bäckerei-Verkäuferin wegen Einbruchdiebstahls hatte verantworten müssen. Das Gericht konnte der jungen Frau die Tat aber nicht nachweisen. Nach ausführlicher Beweisaufnahme mit einer ganzen Reihe von Zeugen "ist alles noch viel unklarer als vorher", erklärte Richter Lars Hohlstein. Die Angeklagte selbst hatte von Anfang an eine Tatbeteiligung von sich gewiesen. Die Unschuld der jungen Frau wurde durch das Verfahren zwar nicht eindeutig festgestellt. Doch wegen erheblicher Zweifel an der Täterschaft hatte die Staatsanwaltschaft Freispruch beantragt.

Zunächst hatte der Fall laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft klar und eindeutig ausgesehen. Mit ihrem Originalschlüssel habe die 23-jährige Mitarbeiterin der Bäckerei im April vorigen Jahres nachts den Laden aufgesperrt. In dem Geschäft soll die junge Frau dann gewaltsam Schränke, Schubladen und einen schweren Schranktresor geöffnet, 1000 Euro und ein Sparschwein mit Trinkgeld gestohlen haben. Auch die Gefriertruhen mit den vorgefertigten Waren wurden geöffnet, so dass dort gelagertes Gebäck nicht mehr verkauft werden konnte. Anschließend, so die Anklage, habe die junge Frau die Hintertüre des Geschäfts aufgehebelt, um einen Einbruch vorzutäuschen und somit eine falsche Spur zu legen.

Die 23-Jährige war rasch in den Fokus der Ermittlungen geraten, weil der Geschäftsinhaber wie auch ihre Kolleginnen einen entsprechenden Verdacht geäußert hatten. Seit nämlich die 23-Jährige wenige Wochen vor dem Einbruch als Verkäuferin und Putzkraft in der Bäckerei angefangen hatte, sollen dort immer wieder Kleinbeträge aus der Trinkgeldkasse gefehlt haben. Die Angeklagte wies stets und mit großem Nachdruck alle Beschuldigungen von sich. Sie sei Opfer falscher Verdächtigungen, erklärte die junge Frau. Das einzige Indiz, das auf die 23- Jährige als Täterin hinwies, war eine Fingerspur auf einem Wasserglas, das laut den Ermittlungsergebnissen der Polizei als Trinkgeld-Gefäß genutzt worden sein soll. Dieses Glas hatte sich leer im aufgebrochenen Büroschrank gefunden. Einem Schrank, zu dem die Angeklagte laut Polizeibericht keinen berechtigten Zugang hatte. Die 23-Jährige betonte aber, dass sie sehr wohl während ihrer Arbeit das fragliche Glas angefasst haben könnte, "beim Putzen oder beim Zurückstellen nach der Schicht im Verkauf".

Entscheidend für das Verfahren erwies sich somit, welche Trinkgeld-Behältnisse im Geschäft von den Mitarbeiterinnen genutzt wurden und wer darauf Zugriff hatte. Einfache Fragen, möchte man meinen. Doch auch nach drei Sitzungsterminen des Gerichts war nichts klar. Die Befragung mehrerer Verkäuferinnen und des Ladeninhabers konnte das System der Trinkgeldkassen nicht entwirren. Während eine Mitarbeiterin als Zeugin von einem Sparschwein fürs Trinkgeld erzählte, das nach dem Einbruch gefehlt haben soll, erinnerten sich zwei ihrer Kolleginnen an ein bauchiges Gefäß, "ähnlich einer Vase". Von dort habe man Geld in ein Trinkglas umgefüllt, sobald die Vase voll war, betonte eine Verkäuferin.

Sie erkannte das Wasserglas, auf dem sich die wichtige Fingerspur der Angeklagten gefunden hatte, auch auf einem Foto vom Tatort. So ein Trinkglas habe sie nie gesehen, erklärte die andere Zeugin beim Blick auf das Polizeifoto. Selbst ob es mehrere oder nur ein einziges Trinkgeldgefäß gegeben hat, ließ sich nicht zweifelsfrei feststellen. Auch ob die Angeklagte legal Zugriff aufs Trinkgeld hatte, blieb offen. Statt Licht ins Dunkel zu bringen, habe die Beweisaufnahme "noch mehr Unklarheiten aufgeworfen", sagte der Amtsrichter.

Auch wenn die Unschuld der Angeklagten nicht erwiesen sei, gebe es doch keine erheblichen Verdachtsmomente. Folglich wurde die junge Frau freigesprochen. Die nahm den Freispruch recht gelassen, sie hatte offenbar nicht mit einer Verurteilung gerechnet. Die Straftat aber bleibt unaufgeklärt. "Wir wissen weiter nicht, wer den Einbruchdiebstahl begangen hat", so der Richter.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: