Amtsgericht Dachau:Vermieter und Untermieter ausgetrickst

Not macht erfinderisch - auch Wohnungsnot: Das Amtsgericht Dachau verurteilt ein Hausmeister-Ehepaar wegen einer dreisten Urkundenfälschung und falscher Verdächtigung.

Petra Schafflik

Der Immobilienmarkt im Raum München ist angespannt, Wohnungssuchende befinden sich oft in einer verzweifelten Lage. Diese Situation ruft auch Betrüger auf den Plan, die etwa mit fingierten Verträgen potenzielle Mieter abzocken. Um einen falschen Mietvertrag ist es jetzt auch in einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Dachau gegangen. Die konkreten Umstände dieses Falls sind ungewöhnlich. Denn das junge Ehepaar, das sich wegen Betrugs, Urkundenfälschung, versuchter Erpressung und falscher Verdächtigung verantworten musste, hat offenbar niemanden finanziell geschädigt, wie die zweieinhalbstündige Verhandlung ergab. Verurteilt wurden die zwei dann wegen Urkundenfälschung und falscher Verdächtigung zu je einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen.

Das Ehepaar, das seine beiden Kleinkinder samt Babyschale und Kinderwagen mit in den Gerichtssaal gebracht hat, räumt die Urkundenfälschung sofort ein. "Ja, das mit dem Mietvertrag stimmt", sagt der 32-jährige Familienvater auf der Anklagebank. Eine Wohnung in Karlsfeld habe er als selbständiger Gebäudereiniger und Hausmeister nur als Büro genutzt. "Gewohnt haben wir in Dachau." Als Bekannte eine Unterkunft suchten, habe er das junge Paar dort einziehen lassen. "Nur für zwei Wochen", sei vereinbart worden. Damit sich die beiden bei der Gemeinde anmelden können, sei ein Mietvertrag angefertigt worden. Der Eigentümer der Wohnung, der von alledem nichts wusste, war im Dokument als Vermieter benannt, seine Unterschrift gefälscht. Die neuen Mieter aber wähnten sich im Besitz eines ordentlichen Mietvertrags.

Bis Anfang 2012 logierte das junge Pärchen in der Wohnung. "Miete wurde nie bezahlt", behauptet der Angeklagte. "Aber wir haben die Leute nicht mehr aus der Wohnung gebracht." Ganz anders schildern die getäuschten Mieter die Sache. Monatlich hätten sie zuverlässig 600 Euro übergeben. "In bar, Überweisung wollte er nicht", sagt der 31-jährige Mieter als Zeuge. Auch Quittungen habe er nie erhalten. Weil die Angeklagten selbst dem Wohnungseigentümer den tatsächlich geschuldeten Mietzins von 500 Euro regelmäßig überwiesen haben, lief das irreguläre Mietverhältnis lange Zeit problemlos. Erst als die Angeklagten bei ihren Untermietern Geld eintreiben wollten für Nebenkosten, die aber de facto eine andere Wohnung betroffen haben, kam der Stein ins Rollen. Die Mieter zahlten nicht, die Angeklagten tauschten die Schlösser aus. Die verzweifelten Mieter brachen die Tür auf und riefen den Wohnungseigentümer zu Hilfe, der jetzt auf den Betrug aufmerksam wurde. "Wir haben sofort die Polizei gerufen", erklärt der Eigentümer dem Gericht. Auch die Angeklagten wandten sich an die Polizei, zeigten die Mieter wegen Einbruchdiebstahls an. Diese Anzeige führt zum Tatvorwurf der falschen Verdächtigung.

Nicht endgültig geklärt werden konnte, ob die Mieter tatsächlich an die Angeklagten 600 Euro monatlich bezahlt haben. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft glaubte den Mietern. Letztlich sei es unrealistisch, dass die Angeklagten ihre Bekannten eineinhalb Jahre lang kostenlos hätten wohnen lassen, ohne etwas zu unternehmen. Weil der Wohnungseigentümer nur 500 Euro Miete erhielt, hätte sich das Ehepaar durch die Untervermietung eine regelmäßige Einnahmequelle erschlossen. Wie sorglos sich die beiden über das Eigentumsrecht des Wohnungsbesitzers hinweggesetzt hätten, lasse eine erhebliche kriminelle Energie erkennen.

Doch Richter Lars Hohlstein kommt zu einem anderen Urteil. Vom Vorwurf des Betrugs wie der versuchten Erpressung spricht er das Ehepaar frei. Da in den Mietzahlungen laut Zeugen auch Strom- und Internetkosten von etwa 100 Euro enthalten waren, "ist ein berechenbarer Schaden nicht entstanden". Wegen Urkundenfälschung und falscher Verdächtigung werden die Eheleute zu einer Geldstrafe von jeweils 90 Tagessätzen und insgesamt 1350 und 900 Euro verurteilt. Dieses Urteil bleibt unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von elf Monaten für jeden der beiden Eheleute gefordert hatte.

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