Amtsgericht Dachau:Streit unter verfeindeten Familien eskaliert

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Seit Jahren liegen ihre Familien im Streit. Anfang Februar haben ein 19- und ein 33-Jähriger zugeschlagen - und sind dafür nun verurteilt worden.

Melanie Staudinger

Dachaus Amtsrichter Daniel Dorner bringt es auf den Punkt: "Wir haben es hier mit zwei verfeindeten Familien zu tun." Er verurteilt die beiden Angeklagten am Montag wegen gefährlicher Körperverletzung. Der 19-Jährige bekommt eine Woche Dauerarrest, sein 33-jähriger Cousin sechs Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Dorner hat zumindest eine große Hoffnung: Da die Familie der beiden Angeklagten mittlerweile aus dem nördlichen Landkreis Dachau nach München umgezogen ist, könnte es die letzte gerichtliche Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien gewesen sein.

Zwei Männer müssen sich vor Gericht verantworten: Nach einem Familienstreit haben sie einen Mann zusammengeschlagen. (Foto: dapd)

Warum genau es zum Nachbarschaftsstreit gekommen ist, wird an diesem Vormittag am Amtsgericht Dachau nicht endgültig geklärt. Es müssen wohl Kleinigkeiten gewesen sein, wie ein zu spät geputztes Treppenhaus oder das ständige Ein- und Ausschalten des Lichts im Gang. Jedenfalls geraten die beiden Familien immer wieder aneinander, manchmal nur verbal, es hat aber auch schon handfeste Auseinandersetzungen gegeben. Anfang Februar 2010 saß das Opfer der beiden, ein 43-Jähriger, noch selbst auf der Anklagebank. Er hatte die Schwester des jetzt angeklagten 19-Jährigen mit einer Eisenstange geschlagen und verletzt. Zehn Tage vor dieser Verhandlung traf der 43-Jährige mit seinem Neffen deren Bruder.

Die Männer diskutierten - warum bleibt im Dunkeln. Der 19-Jährige fühlt sich von dem 43-jährigen Mann bedroht und hebt eine Wasserflasche in die Luft. Daraufhin ruft der Kontrahent die Polizei. Der 19-Jährige reagiert und ruft seinen Cousin per Telefon zur Hilfe. Der sei keine drei Minuten später auch am Tatort angekommen. Jetzt eskalierte die Auseinandersetzung. Der Cousin traf nach eigenen Angaben den Neffen dreimal mit der Faust ins Gesicht. "Er hat zuerst geschlagen, und ich wollte mich verteidigen", sagt der 33-Jährige. Als sein Opfer bereits am Boden lag, trat der 19-Jährige noch zweimal mit dem Fuß auf ihn ein. Das gibt er auch zu. Der Neffe erleidet einen Nasenbeinbruch sowie Prellungen an Knie und Schädel.

Dem 43-Jährigen aber, der wegen einer Lungenerkrankung ein Sauerstoffgerät tragen muss, wollen sie nichts getan haben. Dass er sich bei einem Sturz einen Lendenwirbel gebrochen hat, habe er selbst zu verschulden. "Er hat mit dem Sauerstoffgerät nach uns geschlagen und ist dabei umgefallen", sagt der 19-Jährige. Der 43-Jährige verstrickt sich in Widersprüche - das Verfahren wird in diesem Punkt eingestellt. Aber wegen der Schläge und Tritte gegen den Neffen werden die Angeklagten verurteilt.

"Das war einfach keine Notwehrsituation", sagt Richter Dorner. Einen Faustschlag hätte er wohl noch als solche durchgehen lassen: "Alle weiteren Schläge wären aber nicht nötig gewesen." Neben Dauerarrest und Bewährungsstrafen müssen die beiden Männer die Kosten für das Verfahren und die Nebenklage übernehmen. Der Geschädigte, der mittlerweile in Belgien lebt und deshalb bei der Verhandlung nicht anwesend war, erhält 1000 Euro Schmerzensgeld. Das Urteil gegen den 19-Jährigen ist rechtskräftig, der 33-Jährige erwägt die Berufung. Seine Anwältin hat Freispruch gefordert, weil ihr Mandant in Notwehr gehandelt habe.

© SZ vom 05.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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