Amtsgericht Dachau:Frau ergaunert 184 000 Euro von ihrer privaten Krankenkasse

Lesezeit: 2 min

  • Eine 59-Jährige hat über fünf Jahre hinweg ihre private Krankenkasse monatlich um gut 3000 Euro betrogen.
  • Sie ließ sich teure Medikamente verschreiben, die sie zwar nicht kaufte, sie aber per gefälschter Rechung zur Erstattung einreichte.
  • Nun wurde die Frau wegen Betrugs und Urkundenfälschung verurteilt.

Von Sebastian Jannasch, Dachau

Mit einem perfiden Trick hat eine 59-jährige Frau aus ihren Krankheiten ein betrügerisches Geschäft gemacht. Mehr als fünf Jahre manipulierte sie Abrechnungen von Arzneirezepten, die sie bei ihrer privaten Krankenkasse zur Erstattung einreichte. So ergaunerte sie etwa 184 000 Euro. Wegen Betrugs und Urkundenfälschung in 159 Fällen wurde sie zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Hauptberuflich legt die Angeklagte Anrufern einer Hotline nachts die Karten und berät sie zu Fragen rund um die Partnerschaft. Außerdem züchtet sie Hunde. Ihre Haupteinnahmequelle verdankte sie aber über Jahre hinweg einem Abrechnungsbetrug, den sie zwischen 2009 und 2014 systematisch beging.

Wie die Frau den Betrug beging

Die 59-Jährige hat nach eigenen Angaben zahlreiche Krankheiten vom kaputten Knie über chronische Gastritis bis hin zu Asthmaleiden und Nierenproblemen. Wegen dieser Erkrankungen war sie häufig bei zwei Ärzten. Die Mediziner verschrieben ihr Rezepte für Medikamente, von denen einige mehrere Hundert Euro kosten. Das geschah teils mehrmals in der Woche, oft kamen die Verordnungen auch nach einem kurzen Telefonat per Post frei Haus.

In der Beweisaufnahme legt Richter Christian Calame nach und nach die Betrugsmethode offen: Mit den Rezepten ging die Privatpatientin zu einer Apotheke. Doch anstatt das Rezept vollständig einzulösen, bestellte sie lediglich günstige, meist nicht verschreibungspflichtige Medikamente, zum Beispiel Mittel gegen Kopfschmerzen oder Magenbeschwerden. Den Kauf ließ sie sich handschriftlich und mit einem Stempel von den Apothekern bestätigen. Die sehr teure Arznei kaufte sie in den meisten Fällen nicht.

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Zu Hause ergänzte die gelernte pharmazeutisch-technische Assistentin die Bestätigung der Apotheker um die hochpreisigen Tabletten, die sie tatsächlich gar nicht geholt hatte. Dennoch stellte die 59-Jährige die Ausgaben anschließend bei ihrer Kasse in Rechnung. Über fünf Jahre lang lief der Versicherungsbetrug problemlos: Durchschnittlich erschlich sich die Angeklagte in fünf Jahren gut 3000 Euro im Monat. Mit dem Geld hat sie sich bei Freunden als Gönnerin aufgespielt und zu Champagner-Feiern eingeladen.

Um die Vorgehensweise der Angeklagten zu verstehen, hat das Gericht Apotheker geladen, bei denen die Angeklagte die Quittungen besorgte. Auf den Belegen, die Richter Calame den Pharmazeuten vorlegt, erkennen sie Unregelmäßigkeiten, etwa Abweichungen von der eigenen Schrift oder Rautezeichen bei der Aufzählung der scheinbar ausgehändigten Heilmittel, die sie selbst nicht verwenden.

Ein Apotheker, bei dem die Angeklagte den größten Teil der Rezepte eingelöst hatte, berichtet, dass die Kundin angerufen habe, um den exakten Preis und die zugehörige Identifikationsnummer der Medikamente zu erfahren. So konnte die Angeklagte die Belege fälschen. Der Apotheker erzählt, er sei "blauäugig" gewesen.

Wie der Richter zu seinem Urteil kommt

All das rundete das Geständnis ab, das die Angeklagte über ihren Anwalt abgelegt hatte, um die Grundlage für eine Einigung mit dem Gericht zu schaffen. In seinem Urteil folgte der Richter dem vereinbarten Deal. Neben der Bewährungsstrafe erhielt sie die Auflage, 200 Sozialstunden bei einem Dachauer Verein zu leisten. Außerdem muss sie "nach Kräften" den verursachten Schaden wiedergutmachen, indem sie jeden Monat 1250 Euro an die Krankenkasse überweist.

Kommt sie ihren Auflagen nicht nach, droht Gefängnis. In seiner Urteilsbegründung hob der Vorsitzende Richter allerdings auch hervor, dass der Angeklagten der Betrug sehr leicht gemacht worden sei, weil viele Beteiligte weggeschaut hätten. Die Fälschung sei "leicht mit den Augen zu erkennen". Es sei deshalb schwer verständlich, weshalb die Versicherung dem Betrug nicht früher auf die Schliche gekommen war.

Als ein "starkes Stück" bezeichnet Richter Calame auch, dass die Ärzte der Angeklagten "nonchalant" zahllose Rezepte mit hochpreisigen Medikamenten ausstellten, teils sogar im Rhythmus von wenigen Tagen. In einer der beiden Münchner Arztpraxen, erzählt der Amtsrichter, sei man gar nicht davon ausgegangen, dass die Patientin all die verschriebenen Medikamente selbst nehme. Vielmehr habe man geglaubt, dass sie mit den Präparaten ihre Hunde füttert.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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