Amtsgericht Dachau:Ladendetektiv würgt Kind

Ein zehnjähriger Junge wird gewaltsam festgehalten, weil er geklaut haben soll. Hat er aber nicht. Der Täter ist sich keiner Schuld bewusst.

Matthias Pöls

Der Ladendetektiv hatte das Kind am Hals gepackt und gewürgt - der Zehnjährige bekam kaum noch Luft. Das Kind hatte angeblich fliehen wollen, nachdem der Angeklagte es wegen des Verdachts auf Diebstahl aufgehalten hatte. Der Junge hatte aber nichts geklaut. "Es gibt keinen Rechtfertigungsgrund", sagte Richter Daniel Dorner. Trotz des Verdachts hätte der 42-Jährige das strafunmündige Kind nicht einmal festhalten dürfen. Schon gar nicht auf solche Weise. Der Ladendetektiv, der selbst für Recht und Ordnung sorgen wollte, ist vor dem Amtsgericht Dachau für vorsätzliche Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 3600 Euro verurteilt worden. Der Zehnjährige war Ende März in diesem Jahr in einem Supermarkt im Landkreis Dachau Einkaufen gewesen. Nachdem er bezahlt hatte, ging er erneut in den Laden, um noch etwas zu holen. Die volle Einkaufstüte nahm er mit. Der Ladendetektiv beobachtete den Jungen, wie er eine Süßigkeit aus dem Regal griff und später auf das Band an der Kasse legte. Ob der Junge ordentlich bezahlte, sah der Detektiv nicht. Denn der 42-Jährige hatte beschlossen, vor dem Laden auf das Kind zu warten. Dort zeigte er seinen Dienstausweis vor und verlangte, in die Tüte schauen zu dürfen. Der Zehnjährige habe aber weggehen wollen. "Also habe ich am Arm zugepackt", erklärte der Angeklagte vor Gericht. Dann wollte er den Jungen mit in sein Büro nehmen. Auf dem Weg dorthin habe sich der Junge heftig gewehrt: wand sich aus seiner geschlossen Jacke heraus und rief um Hilfe, schrie, jemand solle die Polizei rufen. Also habe er so getan, sagte der 42-Jährige aus, als ob er die Polizei verständige - um den Jungen zu beruhigen. Das habe für den Moment auch geklappt. Bevor er aber wirklich die Gesetzeshüter verständigt, habe er prüfen wollen, ob der Junge etwas gestohlen habe. "Als er das dritte Mal weglaufen wollte, habe ich ihn mit der linken Hand im Genick gepackt", erzählte der Angeklagte dem Gericht. Erst danach fand der Detektiv heraus, dass dem Jungen nichts vorzuwerfen war. Der Junge erlitt Würgemale am Hals und an den Armen. "Er habe geweint", liest die Staatsanwältin aus der Anklage vor. "Es tut mir leid, es war ein Irrtum", sagt der 42-Jährige. Er habe sich schon damals entschuldigt. Er versuchte es erneut vor dem Amtsgericht Dachau. Die Familie des Zehnjährigen nahm es schweigend zur Kenntnis. Der Ladendetektiv blieb auch vor Gericht bei seiner Auffassung, dass er nur seinen Job gemacht habe; Unrechtsbewusstsein zeigte er kaum. Zunächst hatte er sogar Einspruch gegen die Gesamthöhe der Strafe eingelegt. Doch zog er diesen im Laufe der Verhandlung zurück und beschränkte ihn auf die Höhe der Tagessätze. Nun muss er die 3600 Euro in 120 Tagessätzen zu jeweils 30 Euro zahlen.

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(Foto: dpa)
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