Amtsgericht Dachau:Kronzeuge erinnert sich wieder

Die Aussage des Cousins und eine DNA-Spur überführen Automatenknacker

Von Benjamin Emonts, Dachau

"Ich schwöre auf meine zwei Kinder und meine Mutter - ich war es nicht", sagte Amir K. (Name geändert) und hob seine rechte Hand zum Schwur. Der Staatsanwältin nötigte das Gelöbnis des Angeklagten nur einen verdutzten Blick ab. Denn sowohl eine DNA-Spur am Tatort als auch die Aussage des Kronzeugen bestätigten den Verdacht, dass der Karlsfelder im Mai 2014 in einer Kneipe nahe dem Dachauer Bahnhof zwei Spielautomaten aufgebrochen hat, 2000 Euro daraus entwendete und einen Sachschaden von 6000 Euro verursachte. Amtsrichter Christian Calame verurteilte den 25-Jährigen nun wegen Diebstahls und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung. "Ich bin vollumfänglich überzeugt, dass Sie der Täter waren", sagte der Vorsitzende.

Noch am ersten Verhandlungstag war die Sache nicht ganz so klar. Der besagte Kronzeuge, der Cousin des Angeklagten, hatte sich ahnungslos gegeben, obwohl er die Straftat seines Cousins bei der Polizei detailliert angezeigt hatte. Der Richter reagierte verärgert auf die angebliche Unwissenheit des Mannes und drohte damit, ihn unter Eid zu stellen. Der Zeuge jedoch berief sich plötzlich auf seine mangelnden Deutsch-Kenntnisse und forderte einen Dolmetscher. Schließlich entließ Amtsrichter Calame den aus dem Irak stammenden Dachauer vorläufig aus dem Zeugenstand und beraumte einen neuen Termin an.

Mit dem Dolmetscher an seiner Seite erwies sich der Cousin nun etwas gesprächiger als noch am ersten Verhandlungstag. Der Iraker hatte erst ein Jahr nach dem Automatenaufbruch in Reaktion auf einen Streit mit dem Angeklagten die Straftat bei der Polizei angezeigt. Er schilderte damals ausführlich mehrere Telefonate mit dem Angeklagten. Dieser habe ihm berichtet, dass er sich bis Ladenschluss in der Kneipe versteckt hielt, anschließend die Automaten aufbrach. Die Polizei nahm daraufhin eine Speichelprobe des Angeklagten. Dessen DNA stimmte exakt mit der auf einer Wasserflasche überein, die der Täter zwischen den aufgebrochenen Automaten hinterlassen hatte. Das bestätigte eine Gutachterin des Bayerischen Landeskriminalamts.

"Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ich bei der Polizei die Wahrheit erzählt habe", ließ sich der Cousin nun ein. Noch am Abend der Tat habe er den Angeklagten in dessen Wohnung besucht und jede Mengen Münzen und Geldscheine dort gesehen. Anschließend seien beide Männer in ein Casino in Dachau-Ost zum Zocken gegangen. Als der Dachauer aus dem Zeugenstand entlassen wurde, wirkte er sichtlich erleichtert. Der Streit mit dem Angeklagten ist offenbar ad acta gelegt. Amtsrichter Calame äußerte die Vermutung, dass der Dachauer zunächst deshalb nicht gegen seinen Verwandten aussagen wollte. Der Vorsitzende bezeichnete den Dachauer abschließend als "schwierigen, aber glaubwürdigen" Zeugen.

Amir K. verurteilte er wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall. Der 25-Jährige wäre womöglich unbescholten davon gekommen, aber: "Sie haben zwei entscheidende Fehler begangen: Sie haben Ihren Cousin mit reingezogen und Wasser und Kekse am Tatort hinterlassen", sagte der Richter. Zur Last legte er dem Angeklagten das planvolle Vorgehen, die hohe kriminelle Energie und den erhebliche Schaden, den er verursachte. Zu einer Bewährungsstrafe kam der Richter letztlich nur, weil der Angeklagte eine feste Anstellung und zwei Kinder hat, für die er Unterhalt bezahlt.

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