Amtsgericht Dachau:Kostspieliger grüner Daumen

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Eigentlich kam die Polizei, weil zwei Betrunkene Flaschen vom Dach warfen. In der Wohnung aber fanden die Beamten Marihuana. Jetzt verhandelte das Amtsgericht.

Anna Schultes

So hatte sich der junge Mann diesen Sonntagvormittag im Herbst vergangenen Jahres bestimmt nicht vorgestellt. Er liegt noch mit seiner Freundin im Bett, als er unverhofft von zwei Polizeibeamten geweckt wird. Wegen Anbaus und Herstellung von Betäubungsmitteln sowie Beleidigung musste sich der 25-Jährige jetzt vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten.

Weil er Marihuana-Pflanzen in seiner Wohnung anbaute, muss ein 25-Jähriger eine Geldstrafe zahlen. (Foto: dapd)

Eigentlich waren die Polizisten aus einem ganz anderen Grund in die Wohnung gekommen. Die beiden Mitbewohner des Angeklagten haben nach einer durchfeierten Nacht noch nicht genug und beschließen, auf das Hausdach ihrer Dreier-WG zu klettern. Von oben werfen die zwei Männer Glasflaschen auf die Straße.

Weder die verständigte Polizei noch die Feuerwehr können die Betrunkenen dazu bewegen, das Dach zu verlassen. "Man hat deutlich gemerkt, dass sie stark alkoholisiert sind", sagt einer der Polizeibeamten vor Gericht. Mit seinen Kollegen sei er in die Wohnung und nach mehrminütigem Zureden seien die beiden vom Dach gekommen.

In der Wohnung treffen die Polizisten aber nicht nur auf die zwei Männer, sondern auch auf eine vertrocknete Marihuana-Pflanze. Bei der darauf folgenden Wohnungsdurchsuchung stoßen sie auf den noch schlafenden Angeklagten. Wütend über das unsanfte Erwachen beschimpft er die Polizisten.

In seinem Bad finden diese eine zweite vertrocknete Pflanze. Außerdem stellen die Beamten 26 Gramm zerschnittene Pflanzenreste sicher. Darunter befinden sich jedoch nur Blätter und Stängel und nicht die den Rausch erzeugenden Blüten.

Der Rechtsanwalt des Angeklagten erklärt vor Gericht, dass nicht sein Mandant, sondern ein Freund die Pflanzen angebaut habe. Dieser habe sie nur gegossen, weil er einen "grünen Daumen" habe.

Der 25-Jährige gibt an, dass er den Platz zur Verfügung gestellt habe, da sein Bekannter noch bei seiner Mutter wohne. Die Pflanzen seien "nicht zum gemeinsamen Konsum" gewesen, da er seit mindestens drei Jahren kein Marihuana mehr rauche. Sein Freund, dessen Namen er nicht nennen möchte, habe die Pflanzen im Sommer selbst abgeerntet.

Im Gerichtssaal entschuldigt sich der Angeklagte bei einem der Polizisten, den er als "Fleißbildchen-Sammler" bezeichnet hatte. Er sei "emotional aufgewühlt" gewesen. Bei dem zweiten Beamten, der als Zeuge vor Gericht geladen ist, hatte er sich schon im Vorfeld für sein Verhalten entschuldigt. Die beiden kannten sich bereits vor dem Vorfall, da sie in derselben Gemeinde leben.

Die Staatsanwältin fordert eine Geldstrafe in Höhe von 3750Euro, der Rechtsanwalt schlägt 2025 Euro vor. Vorsitzende Richterin Petra Nolte wählt den Mittelweg - der 25-Jährige muss 2880 Euro bezahlen.

Am Ende betont der Angeklagte noch einmal, dass ihm die Beleidigungen leid tun. "Und das andere mache ich auf gar keinen Fall mehr." Er ist einsichtig und hat wohl auch genug von seiner Chaos-WG. Zumindest ist die mittlerweile aufgelöst.

© SZ vom 08.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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