Amtsgericht Dachau:Kollegin unter Verdacht

Eine 23-jährige Angestellte muss sich wegen Einbruchs in eine Bäckerei vor Gericht verantworten.

Petra Schafflik

Als die Verkäuferin der Frühschicht am 18. April vorigen Jahres gegen vier Uhr früh in die Bäckerei kommt, stellt sie erst einmal Stühle und Tische vor dem Laden auf. Dann merkt sie, dass in dem Geschäft etwas nicht stimmt. Schranktüren stehen auf, die Gefriertruhen sind geöffnet, im angrenzenden Büro herrscht großes Durcheinander. "Als ich dieses Chaos gesehen habe, bin ich gleich rausgelaufen und hab die Polizei gerufen. Denn ich hatte Angst", berichtete die 38-jährige Bäckereiangestellte am Montag vor dem Dachauer Amtsgericht. Dort hat die Verkäuferin als Zeugin ausgesagt. Eine 23-jährige Kollegin musste sich wegen schweren Diebstahls und Sachbeschädigung verantworten. Denn laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll die junge Frau in jener Nacht in das Geschäft eingedrungen sein.

"Das ganze Geld war weg, zwei versperrte Schubladen im Schrank waren aufgebrochen", schildert die Zeugin, die sich erst in Polizeibegleitung wieder zurück in das Geschäft getraut hat. "Auch die Trinkgeldkasse fehlte." Begangen haben soll den Diebstahl eine erst seit kurzer Zeit im Laden beschäftigte 23-Jährige. Die Frau, so lautet die Anklage, habe irgendwann in der Nacht mit ihrem Originalschlüssel das Geschäft aufgesperrt, gewaltsam Schränke, Schubladen und einen schweren Schranktresor geöffnet, 1000 Euro und ein Sparschwein mit Trinkgeld gestohlen und anschließend noch die Hintertür des Geschäfts aufgehebelt. Durch dieses Ablenkungsmanöver sollte ein Einbruch vorgetäuscht werden, so die Anklage. Die junge Frau ist ins Visier der ermittelnden Beamten geraten, weil der Geschäftsführer der Bäckerei einen entsprechenden Verdacht geäußert hatte. Schon im Vorfeld des Einbruchs soll im Laden immer mal wieder Geld aus der Trinkgeldkasse gefehlt haben. Schon da wurde vom Chef und der Belegschaft die 23-Jährige verdächtigt, weil sie erst kurze Zeit im Geschäft tätig war.

Doch die Beschuldigte, die ruhig und selbstbewusst auf der Anklagebank sitzt, sieht sich als Opfer falscher Verdächtigungen. Wenige Monate vor dem Einbruch habe sie in dem Laden angefangen, ohne festen Arbeitsvertrag. Basis seien zwei 400-Euro-Jobs gewesen, auf ihren und einen weiteren Namen, sagte sie. Für 800 Euro im Monat sollte die Frau putzen und im Verkauf helfen. "Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt, aber der Chef hat das Geld nie regelmäßig ausbezahlt." Wegen des Lohns sei es zum Streit gekommen. Und in der Folge sei sie verdächtigt worden, weil Kleingeld aus der Trinkgeldkasse gefehlt habe. "Davor ist nie etwas passiert", habe der Chef seine Anschuldigung begründet. Doch die Verkäuferin weist jede Schuld von sich.

Was den nächtlichen Einbruch in den Laden angeht, habe eine Durchsuchung ihrer Wohnung nichts ergeben, berichtet der ermittelnde Beamte als Zeuge dem Gericht. "Kein größerer Bargeldbestand, kein Sparschwein." Im Laden gefundene Einweghandschuhe, die der Täter vermutlich getragen hat, wiesen weibliche DNA-Spuren auf, "aber nicht die der Angeklagten", so der Polizist. Einzig auf einem Wasserglas, das auch als Trinkgeld-Gefäß benutzt wurde, war ein Fingerabdruck der jungen Frau. Natürlich habe sie das Glas angefasst, beim Putzen oder während ihrer Verkaufsschicht, erklärt die Angeklagte. Doch über die verschiedenen Trinkgeldgefäße, die in dem Laden offenbar verwendet wurden, kam es im Lauf der Verhandlung immer wieder zu Verwirrung. Die Mitarbeiter der Früh- und Spätschicht verfügten jeweils über eigene Behälter, erklärt die Zeugin das System. Nachdem es zu ersten Kleingeld-Fehlbeträgen gekommen war, hatte die Polizei Münzen in einem der Gefäße markiert. Und nach der Spätschicht wurde "das Geld aus dem Wasserglas immer in die Spardose geworfen und dann eingesperrt", berichtet die Angeklagte. Genau diese Dose fehlte nach dem Einbruch. Aber damit nicht genug: "Ich habe meine eigene Trinkgeldkasse, die nehme ich jeden Abend mit heim", ergänzt die Zeugin. Doch Klarheit in Sachen Trinkgeldgefäße und Fingerspuren ist für die Angeklagte von entscheidender Bedeutung, da die junge Frau unter Bewährung steht und nach einer Verurteilung wohl eine Freiheitsstrafe verbüßen müsste. Das Amtgericht in Dachau will deshalb weitere Zeugen hören, das Verfahren wird fortgesetzt.

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