Amtsgericht Dachau:In Facebook am Pranger

Ein Hausbesitzer veröffentlicht im sozialen Netzwerk Fotos aus der Wohnung seiner Mieterin und muss sich wegen Hausfriedensbruch verantworten.

Daniela Gorgs

Es ist müßig darüber zu sinnieren, was gewesen wäre, wenn es das soziale Netzwerk Facebook nicht gegeben hätte. Vielleicht aber lässt sich doch sagen, dass der Hausbesitzer jetzt nicht auf der Anklagebank sitzen würde. Ohne Facebook hätte die Mieterin nicht erfahren, dass der Vermieter in ihrer Wohnung war - ohne ihr Wissen, wie sie als Zeugin vor Gericht behauptet. Die Fotos, die sie abends zu Gesicht bekam, als sie vor dem zu Bett gehen kurz die Neuigkeiten auf Facebook ansah, schockierten sie. Fotos von ihrer Wohnung hatte der Vermieter, mit dem sie "befreundet" ist, hochgeladen und mit Kommentaren versehen wie etwa "Seht her, wie sie meine Wohnung kaputt gemacht hat" oder "Ihr Ex-Freund schlägt sie" und "Der Gerichtsvollzieher ist ständig im Haus".

Facebook vor dem Boersengang

Die Privatsphäre-Einstellungen bei Facebook können diese kompromittierenden Neuigkeiten nicht verhindern.  

(Foto: dapd)

Entrüstet über diese kompromittierenden "Neuigkeiten" erstattete die 27-Jährige bei der Polizei Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Der 40-jährige Hausbesitzer erhielt einen Strafbefehl von 40 Tagessätzen zu 40 Euro und erhob Einspruch dagegen. Zusammen mit einem Anwalt erscheint er vor Gericht.

Dort sitzt er mit verschränkten Armen und versteht überhaupt nicht, warum es zu der Anklage kam. Hundert Mal habe die Mieterin ihm das Einverständnis erteilt, die Wohnung betreten zu dürfen, um etwa eine störanfällige Pumpe zu reparieren. Nachdem sie gekündigt habe und schon halb ausgezogen sei, habe er die Schäden dokumentieren wollen. Wie er dem Gericht erklärt, waren Türstöcke beschädigt, Steckdosen herausgerissen, Bodenbeläge ruiniert. Die Badewanne zierte ein Brandloch.

Die Zeugin erzählt eine andere Geschichte. Natürlich habe sie ihm erlaubt, in ihrer Abwesenheit die Wohnung zu betreten - im Notfall. Sie sei ein paar Tage nicht daheim gewesen. In dieser Zeit sollen Fernseher, DVD-Player und Boxen aus der Wohnung gestohlen worden sein. Die Polizei stellte keine Einbruchsspuren fest. Die Mieterin gab an, dass außer ihr der Lebensgefährte und der Vermieter Zugang zur Wohnung haben. Die Polizei ermittelte zunächst gegen den Hausbesitzer, stellte die Untersuchung jedoch wieder ein. Es fehlten Hinweise auf einen Diebstahl.

Weiterverfolgt wurde aber der Hausfriedensbruch. Dieses Verfahren möchte der Vorsitzende Richter Lukas Neubeck abkürzen. Der Angeklagte sei strafrechtlich nicht vorbelastet, die Zeugin klinge glaubwürdig. Der Verteidiger räumt ein, dass sein Mandant sich nicht optimal verhalten habe. Der Fall sei typisch: Ein Mietverhältnis wird beendet, der Vermieter ärgert sich über die Beschädigungen in der Wohnung, der Mieter fühlt sich an den Pranger gestellt. Richter und Verteidiger möchten das Verfahren gegen eine Geldauflage einstellen. Doch die Staatsanwaltschaft spielt nicht mit. Der Angeklagte habe Fotos aus der geschützten Privatsphäre einer anderen Person der Öffentlichkeit unterbreitet. Also wird weiterverhandelt. Ein Arbeitskollege des Angeklagten bezeugt, dass die Mieterin dem Vermieter erlaubt habe, nicht nur im Notfall die Wohnung zu betreten, sondern auch mit neuen Mietern noch vor Ablauf der Kündigungsfrist. Weitere Zeugen werden geladen.

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