Amtsgericht Dachau:"Homegrow" aus den Amperauen

Ein 54-jähriger Mann erntet bei Haimhausen 400 Gramm Marihuana - das Schöffengericht verurteilt ihn zu einer Bewährungsstrafe.

Von Benjamin Emonts

Linke fordern Cannabis-Clubs

Gärtnerische Erfolge beim Marihuana-Anbau kann das Gericht nicht honorieren.

(Foto: Abir Sultan/dpa)

Marihuanapflanzen lieben es warm und sonnig - kurz gesagt: jamaikanisch. Nun sind die Amperauen zu Haimhausen natürlich nicht Jamaika, das Klima dort unterscheidet sich maßgeblich von dem in der Heimat Bob Marleys. Trotzdem pflanzte ein 54-jähriger Mann im Sommer 2010 recht ertragreich 15 Cannabispflanzen dort an: Er erntete etwa 400 Gramm - getrocknet. Hätte er nicht den Fehler begangen, vor ungefähr einem Jahr gut ein Viertel seiner Ernte an eine Bekannte zu verkaufen, es wäre wohl niemandem aufgefallen. Weil die Frau aber von der Polizei erwischt wurde, flog der Mann auf. Das Dachauer Amtsgericht verurteilte ihn am Mittwoch zu einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung.

Amtsrichter Neubeck bescheinigte dem "Homegrow" - so wird der Selbstanbau im Fachjargon genannt - eine "richtig gute Qualität". Eine Untersuchung hatte ergeben, dass die Pflanzen 7,1 Prozent des berauschenden Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol beinhalteten - und das, obwohl der Züchter vor dem Amtsgericht angab, einfach nur ein paar Samen in die Erde gesteckt und lediglich einmal im Monaten nach seinen Pflanzen gesehen zu haben. Der Richter schlussfolgerte fachmännisch "Sie haben wohl ein schönes Plätzchen mit viel Sonne und idealen Wetterbedingungen gefunden."

Nichtsdestotrotz ist und bleibt der Anbau sowie der Besitz von Cannabis illegal. Noch schlimmer wird das Vergehen, wenn man das Rauchkraut gewinnbringend verkauft. Genau das hatte der Angeklagte, der aus dem Landkreis Dachau stammt, im Jahr 2013 aber getan. Damals, so sagt der Mann, sei er in eine Frau "verknallt" gewesen, die ähnlich gerne Marihuana rauchte wie er selbst. Als die Angebetete ihn schließlich nach Marihuana fragte, verkaufte er ihr 100 Gramm zu 500 Euro. "Relativ günstig", befand Richter Neubeck. Worauf der etwas ahnungslos wirkende Angeklagte einräumte: "Ich hab normal nie was verkauft." Für das Gericht klang der bayerisch sprechende und freundlich wirkende Mann glaubwürdig. Zumal der 54-Jährige, so die Staatsanwältin, bei der Polizei ein "überschießendes Geständnis" abgelegt habe. Überschießend deshalb, weil der Mann es auch dabei belassen hätte können, den Anbau und Verkauf von lediglich 100 Gramm Marihuana einzuräumen - mehr konnte nicht sichergestellt werden. Dennoch rechnete der Angeklagte damals vor der Polizei hoch, etwa 400 Gramm geerntet zu haben, die er über drei Jahre hinweg konsumiert habe.

Richter Neubeck sagte nach der Verhandlung, dass dieses Verhalten für Ersttäter durchaus typisch sei. Gerade durch die mit Hausdurchsuchung und Verhör einhergehende Aufregung würden Ersttäter oft mehr zugeben, als sie eigentlich müssten. Hätte der Mann also geschwiegen, so wäre sein Fall wohl nicht vor dem Schöffengericht verhandelt worden. Das vermutete jedenfalls Amtsrichter Neubeck.

Das Gericht ließ in seinem Urteil dementsprechend strafmildernde Umstände gelten. Mit einem Jahr und fünf Monaten auf Bewährung und einer an die Drobs Dachau zu leistenden Auflage in Höhe von 2000 Euro kam der geständige Angeklagte deshalb relativ glimpflich davon. Zumal im Haus des 54-Jährigen auch eine halb automatische Kurzwaffe samt Munition gefunden wurde.

Die, so versicherte der Mann glaubhaft, habe er aber nie benutzt. Und das Kiffen? "Habe ich seit der Hausdurchsuchung aufgegeben." Ein ärztliches Gutachten hat das bestätigt. Die Urinproben waren clean.

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