Amtsgericht Dachau:Eskalation nach Polizeikontrolle

Eine Menge Ärger hatte die Polizei mit einem Taxi voller Betrunkener. Einer von ihnen wurde nun wegen Widerstands, Körperverletzung, Beleidigung und der Verwendung von Nazisymbolen verurteilt.

Petra Schafflik

- Den Kardinalfehler vieler Nachschwärmer, sich alkoholisiert hinters Steuer zu setzen, haben vier junge Männer konsequent vermieden. Für ihre Rückfahrt von einer feuchtfröhlichen Firmenfeier im Landkreis zurück zu ihrer Unterkunft in Eching haben sie vorbildlich ein Taxi gerufen. Dennoch lief der Abend noch völlig aus dem Ruder, weil sich zwei aus der Gruppe ganz offenbar überhaupt nicht mehr im Griff hatten. Erst wurde der Älteste, ein 39-jähriger Geschäftsführer, an der Tankstelle im Bergkirchener Gewerbegebiet in eine Schlägerei verwickelt. Danach entwickelte sich eine Polizeikontrolle des Taxis zum Großeinsatz, da sich ein 29-Jähriger aus der Gruppe massiv zur Wehr setzte und beide die Beamten mit Beleidigungen überzogen. Wegen dieser Straftaten wurde jetzt vor dem Dachauer Amtsgericht verhandelt.

"So einen Einsatz habe ich noch nicht erlebt", urteilten alle Polizisten, die Amtsrichter Lukas Neubeck als Zeugen geladen hatte. Als die Streifenbeamten im Juni 2011 das Taxi mit den Männern mitten im Kreisverkehr in Bergkirchen stoppten, "ist sofort der aggressive Ton angegangen", schildert ein Polizist. Nacheinander sollten die vier, die alle aus dem thüringischen Eisenach stammen, aus dem Fahrzeug aussteigen. Doch der 29-Jährige, der als erster kontrolliert wurde, befolgte keine der Anweisungen. "Er hat sich massiv vor mir aufgebaut, wollte mich einschüchtern", erinnert sich einer der Beamten. Auf Hakenkreuze wurden die Polizisten aufmerksam, die der Mann auf den Armen eintätowiert hat. Mehrere Kollegen mussten schließlich zu Hilfe eilen, um dem Mann Handfesseln anzulegen. Drei Beamte wurden dabei leicht verletzt.

Auf der Fahrt zur Polizeidienststelle beleidigte der Angeklagte die Beamten mit "Neonazi-Sprüchen". Die Ärztin, die ihm eine Blutprobe abnehmen sollte, beschreibt den 29-Jährigen im Arztbericht als "stark aggressiv, beleidigend". Diese Vorwürfe räumt der Angeklagte weitgehend ein. "Gewehrt habe ich mich freilich", sagt er lapidar. Nur das mit den Hakenkreuzen stimme nicht, "Sieg-Runen habe ich". Auch die Verwendung dieses Zeichens ist strafbar.

Ausgelöst worden ist der aufwändige Polizeieinsatz, an dem schließlich sechs Fahrzeuge und elf Beamte beteiligt waren, durch ein Mitglied der Männergruppe selbst. In der Bergkirchener Tankstelle beendete der 39-jährige Angeklagte einen Disput mit einem ausländischen Lastwagenfahrer per Kopfnuss. So schilderten es Zeugen den zu Hilfe gerufenen Polizeibeamten. Die sehen gerade noch das Taxi mit dem vermeintlichen Täter wegfahren, das dann wenige hundert Meter weiter im Kreisverkehr von einem Streifenfahrzeug gestoppt wird. Die Schlägerei in der Tankstelle wird allerdings vor Gericht nicht verhandelt.

In dem Verfahren geht es ausschließlich um die Straftaten, die von den beiden Angeklagten bei der Polizeikontrolle begangen worden sind. Beleidigung und Bedrohung legt die Staatsanwaltschaft dem 39-Jährigen zur Last. Denn während sich der Jüngere körperlich wehrte, habe der Ältere aus dem geöffneten Wagenfenster heraus die weiblichen Streifenbeamten mit sexistischen Sprüchen massiv beleidigt. Und einem Beamten mit dem Tod gedroht. "Er hat gesagt, er werde mich erschießen, die Waffe habe er dabei", erinnert sich der Beamte. Doch das bestreitet der Angeklagte vehement.

Und weil er sich auch im vorausgegangenen Tankstellenstreit als Opfer sieht, sei für ihn auch der Polizeieinsatz nicht nachvollziehbar gewesen. Da der ältere der beiden Angeklagten nur die Beleidigungen einräumt, die Bedrohung des Beamten aber dezidiert abstreitet, will sein Anwalt weitere Zeugen hören. Das Verfahren für den 39-Jährigen, dessen Vorstrafenregister schon zwölf Einträge aufweist, wird daher abgetrennt und zu einem späteren Zeitpunkt neu aufgerollt.

Der 29-jährige Angeklagte wird wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Körperverletzung, Beleidigung und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt, als Auflage muss der Mann ein Monatsgehalt an den Verein Brücke bezahlen.

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