Altomünster:Traditionsreich

Altomünster: Das Bier und das Brauen spielt in Altomünster eine große Rolle.

Das Bier und das Brauen spielt in Altomünster eine große Rolle.

(Foto: Salger/oh)

Altomünsters Brauereigeschichte

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Wer glaubt, Bürokratismus sei eine Erfindung der Neuzeit, sollte sich die Handwerks- und Bruderschaftsverordnung der Altomünsterer Bierbrauer von 1658 zu Gemüte führen. In siebzehn ausführlichen Bestimmungen werden in dem Dokument Aufgaben, Pflichten, Lehrlingsausbildung und Einzelheiten der Bierherstellung geregelt. Dabei war die Zahl der Zunftmitglieder durchaus überschaubar: Es waren zwei der damals in der Marktgemeinde ansässigen drei bürgerlichen Brauereien, Kapplerbräu und Maierbräu. Die dritte im Bunde, der Hinterbräu, wird nicht erwähnt, ebenso wenig die Klosterbrauerei. Diese und andere bemerkenswerte Details aus der lokalen Brauereigeschichte haben Wilhelm Liebhart und Siegfried Sureck am vergangenen Freitag im ehemaligen Eiskeller des Hinterbräu - dem heutigen Gewölbekeller unter der Sparkasse- erzählt. Wobei sich Sureck ausdrücklich bei dieser amüsant-informativen Bierverkostung "aufs Praktische" konzentrieren wollte. Doch dazu später mehr.

Anlass für den Streifzug durch die Brauereigeschichte, falls denn überhaupt einer notwendig gewesen wäre, waren 500 Jahre Reinheitsgebot, die gerade heftigst gefeiert werden, Landesausstellung inklusive. Dass es dort bei der Eröffnung ziemlich bierfrei zuging, ist inzwischen auch schon wieder Geschichte. Wo aber liegt die Seele Bayerns? In Aldersbach, wie Ministerpräsident Horst Seehofer bei seiner Begrüßungsansprache zur Ausstellung sagte? Mitnichten. Die Bierseele Bayerns ist für Geschichtsprofessor Liebhart zweifelsfrei Altomünster. Schließlich geht die Brautradition hier bis ins 13. Jahrhundert zurück. 1260 wurden Klostertaverne und Klosterbäckerei erstmals erwähnt. 1375, also lange bevor Brauer in Dachau, Aichach oder Friedberg von sich reden machten, gab es im aufblühenden Markt bereits einen Erlass, wonach Bürger, die sich beim Tafernwirt die Braugerätschaften ausliehen, diesen mit Hafer zu entlohnen hatten. Ob der Wirt das Getreide zum Bierbrauen oder zur Pferdefütterung verwendete?

Liebhart erzählt von den Anfängen des Maierbräu, der ursprünglich Müllerbräu hieß, im Jahr 1583, vom Hinterbräu im Hechthaus und vom Kapplerbräu, der Ende des 16. Jahrhunderts entstand. Den traf es 1641 besonders hart, als ungarische Ochsentreiber die Pest einschleppten. Seinerzeit trieben die Hirten bei dieser frühen Form des globalisierten Fleischhandels jährlich bis zu 8000 Viecher nach Augsburg. Daran erinnert der Oxenweg, ein beliebter Rad- und Wanderweg.

Der Frage, was Bier mit und aus dem Menschen macht, widmet sich Siegfried Sureck. Bier sei "ein alkoholisches Genussmittel mit Wirkung auf fast alles", sagt er und zitiert zur Gaudi des Publikums einen Arzt aus den 1950er Jahren, der kühn behauptete, dass Bier gegen TBC wirke und bei Knochenbrüchen den Heilungsprozess unterstütze. Sei's drum. Bei der vergnüglichen Bierverkostung geht es schließlich weniger um gesundheitliche als um geschmackliche Aspekte des Gerstensafts, um Obergäriges oder Untergäriges und den Weizenanteil im heimischen Bier. Solche Details interessierten zu Hochzeiten des klösterlichen Lebens in Altomünster die Nonnen und Mönche weniger. Den Frauen stand täglich ein halber Liter und den Männern ein Liter Wein zu. Das Klosterbier wurde ausschließlich fürs weltliche Personal gebraut. Und das zerbrach sich mit Sicherheit nicht den Kopf darüber, ob das Getränk im Abgang nach Zitrone oder nach Orange und einem Hauch von Feige schmeckte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: