Altomünster:Hinreißend virtuos

Ralitsa Bogdanova brilliert beim EUMWA-Abschlusskonzert

Von Adolf Karl Gottwald, Altomünster

Als Siebenjähriger erhielt der bekannte französische Komponist Darius Milhaud ersten Geigenunterricht, mit 20 hörte er mit der Geige auf und widmete sich ganz der Komposition. Ralitsa Bogdanova begann auch mit der Geige und seit fünf Jahren komponiert sie auch. Aber das Geigenstudium hat sie deshalb nicht aufgegeben, im Gegenteil: Beim Abschlusskonzert des 12. Europäischen Musikworkshops (EUMWA) in Altomünster glänzte sie mit dem hinreißend virtuos gespielten Rondo capriccioso von Camille Saint-Saëns. Das war einer der absoluten Höhepunkte dieses riesig angelegten Konzertabends, der als Schülerkonzert begann und als Meisterkonzert mit exquisiten Kompositionen und Interpretationen von Meisterklasse-Format endete. Der erste Höhepunkt war die bereits genannte Spitzendarbietung des bekannten Rondo capriccioso, der zweite die Aufführung einer Komposition von Ralitsa Bogdanova.

Das ist ein raffiniert angelegtes Stück. Erst spielt sichtbar nur eine Violine mit Klavier und einer Chimbe, das ist eine Spezialtrommel. Sogleich mischen sich dazu Töne von zwei weiteren Geigen und eines Violoncellos, deren Spieler sich zunächst im Rücken des Publikums befinden, die sich dann aber, ihre Instrumente spielend, nach vorne bewegen und das Ensemble vervollständigen. Jetzt aber gewinnt die Komposition an Format. Ralitsa Bogdanova geht in dieser Komposition von der Klezmer-Musik und wohl auch anderer Musik ihrer Heimat Bulgarien aus und entwickelt daraus eine sehr farbige Komposition von prägnanter Rhythmik und ungetrübt tonaler Harmonik, wobei sie sich an passenden Stellen durchaus Zweistimmigkeit in Terzen und Sexten und in der Melodik einmal sogar eine beinahe schnulzig wirkende Wendung erlaubt, die aber ins Ohr geht und als besonders warme Farbe in diesem außerordentlich farbigen Tongemälde gesehen werden kann. Als virtuose Geigerin weiß sie, was auf der Geige klingt. Also hat sie selbst als Primgeigerin, aber auch die beiden anderen Geiger reichlich und offenbar in recht dankbarere Weise zu tun, während das Klavier mit perlender Geläufigkeit und Akkordbrechungen Fülle und Farbe beisteuert.

Der Jubel über diese zeitgenössische, keineswegs modernistische, aber kompositorisch kernige Musik war groß. Weitere Geigenhöhepunkte lieferte Tassilo Probst, etwa mit einer geigerisch sehr schwierigen Phantasie über Themen aus Bizets Oper "Carmen", während das 1917 komponierte Oktett für sechs Geigen und zwei Bratschen "Exil" von Eugène Ysaÿe und ein Quartett für Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier von Paul Hindemith kompositorische Höhepunkte waren, für die sich die Reise nach Altomünster gelohnt hat.

Beinahe vier Stunden ist eine sehr lange Dauer für ein Schüler- und Meisterkonzert. Aber man bedenke: Richard Wagners Oper "Die Meistersinger von Nürnberg" dauert fünf Stunden, ist aber bei weitem nicht so abwechslungsreich wie dieses EUMWA-Konzert, bei dem nicht wenige Meisterspieler beteiligt waren.

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