Alte Kutschen:Sammler aus Leidenschaft

Sebastian Gerer hat alte Landmaschinen aus dem früheren Familienbetrieb in Petershausen neu hergerichtet. Auf seinem Hof in Kollbach sind aber auch viele dazugekaufte Antiquitäten zu bewundern.

Von Magdalena Hinterbrandner, Petershausen

Wer auf den Hof von Sebastian Gerer in Kollbach kommt, kann staunen. Hier gibt es keine riesigen Traktoren und Maschinen mit modernster Technik, hier sieht man vielmehr, wie beschwerlich die Arbeit der Bauern früher einmal war. Es ist fast ein bisschen wie im Museum. Gerer ist nämlich Sammler. Sein Herz schlägt für historische Maschinen und landwirtschaftliche Werkzeuge. Die meisten sind aus dem Familienbetrieb, der mehrere Generationen umfasste. Liebevoll hat Gerer seine Prachtstücke angeordnet. An Außenwände hängen kleinere Werkzeuge, daran sind etwas größere Geräte gelehnt. Es gibt auch alte Kutschen und Heuschlitten, ein Butterfass, ein Milchkanne oder einen Heudrescher - man kann sich kaum sattsehen. Und so kam es auch schon vor, dass ein Reisebus stehen geblieben ist und etwa 50 Leute auf den Hof gelaufen kamen, um die vielen Kleinode und Kuriositäten aus vergangenen Tagen zu bewundern.

Das Herrichten alter Landmaschinen, egal ob sie aus der eigenen Familie stammen oder angekaufte Stücke aus Antiquitätenhandlungen sind, ist sein großes Hobby. "Die einen gehen jeden Tag fischen, und ich gehe eben jeden Tag in die Werkstatt", sagt der 65-Jährige. Sebastian Gerer hat 1974 den Hof von seinem Vater übernommen und bis zum Jahr 2000 dort gearbeitet. Seine zwei Töchter haben sich beruflich anders orientiert, und so wurde der Betrieb stillgelegt, und Gerer hat sich ganz seiner Leidenschaft hingegeben und angefangen alte Maschinen zu restaurieren.

Er zeigt auf einen alten, hölzernen Wagen. "Da war ich als vierjähriger Bub immer mit meinem Opa unterwegs", erzählt er und lacht. "Unseren Weizen haben wir da nach Petershausen zur Mühle gefahren. Das Ding ist mindestens schon hundert Jahre alt. Aber das Fahrgestell ist noch das Original", sagt Gerer. Für ihn ist das ein wichtiges Andenken an seinen Großvater.

Seine Enkelkinder Tobias, Milena und Isabell toben um ihn herum auf dem großen Gelände und setzen sich ohne Scheu auf ein kleines Wägelchen. "Das kleine Wagerl hab ich für die Kinder wieder hergerichtet, damit sie damit spazieren fahren können. Das geht immer noch, da müssen wir nur mal die Batterie austauschen", sagt Gerer zu seinem Enkelsohn Tobias. Der Elfjährige hilft seinem Opa gerne in der Werkstatt und geht mit ihm weiter die Runde auf dem Hof zu einer alten Getreidemühle.

"Die ist aus dem Jahr 1881. Oben wirft man das Getreide rein und dann wird sozusagen die Spreu vom Weizen getrennt, also das Feine weggeblasen, sodass nur noch das Getreide übrig bleibt", so Gerer. Diese Maschine ist nicht aus der Familie, sondern von einem Bekannten. Sebastian Gerer setzt sich auf die vordere Achse eines alten Schlitten und erzählt: "Die Bauern haben früher den ganzen Schlitten mit Holz oder Mist beladen." Er selbst hat das noch miterlebt.

"Vor siebzig Jahren, als es bei uns noch genügend Schnee gab, haben wir den Schlitten auch oft gezogen", erinnert er sich. Heute steht darauf ein Gebirgshäuschen in Miniaturausgabe. "Früher war das die Hütte von unserem Hund", sagt die achtjährige Enkeltochter Isabell. "Die hat der Opa umgebaut."

Manche Ausstellungsstücke hat Gerer auch komplett allein gebaut. Er deutet auf einen großen Taubenschlag mitten auf dem Hofgelände. "Den hab ich ganz neu gemacht, aber echte Tauben haben da trotzdem nichts zu suchen", schmunzelt er. "Sie wissen ja, Tauben bei den schönen Maschinen, die machen mir nur alles voll." Neben dem Taubenschlag auf dem Boden steht ein alter Strohschneider. "Die sind richtig scharf, haben aber den Bauern früher die Arbeit sehr erleichtert", sagt Gerer und deutet auf die Klingen.

Die 50 Leute, die damals aus dem Reisebus gestiegen sind, wollten wissen, ob das hier ein Museum ist, erzählt Gerer lachend. Aber als Museum sieht er seinen Hof nicht. Er freut sich aber, wenn Leute vorbeikommen und sich für die Maschinen interessieren. Er erklärt auch gerne alles, aber am liebsten ist er in der Werkstatt und arbeitet an alten Geräten bis sie wieder in neuem Glanz erstrahlen. "Meine Frau schlägt schon immer die Hände über dem Kopf zusammen, wenn wieder ein neues Stück dazukommt", sagt Gerer und lacht. Aber irgendwie gefällt seiner Frau seine Arbeit genauso. Im Sommer schmückt sie die alten Kutschen mit Blumen und gestaltet alles ganz romantisch. "Und im Winter sieht es auch toll aus, wenn abends die Maschinen noch beleuchtet sind", schwärmt Sebastian Gerer.

Kaufen kann man bei ihm nichts - keine Chance. "Da steckt Herzblut, Liebe und Geduld drin", und genau das mache alle Stücke unbezahlbar, sagt er. Einmal sei ein nobler Herr mit einem sehr teuren Auto zu Gerer auf den Hof gefahren und wollte etwas kaufen. Mit Geres Antwort auf seine Frage hat der Herr wohl kaum gerechnet: "So viel Geld haben sie nicht, glauben sie mir", entgegnete ihm der Sammler.

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