Allach/Untermenzing:Inventur im Wald

Die Forstbehörden beginnen im Allacher Forst und der Angerlohe mit dem Erfassen der Tier- und Pflanzenarten für das europaweite Biotop-Verbundnetz "Natura 2000". Manche Grundstückseigentümer sind skeptisch

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Wenn Spaziergängern im Allacher Forst demnächst Menschen begegnen, die gezielt mit allerlei Gerät und Ausrüstung durch den Wald streifen, dann stoßen sie aller Voraussicht nach auf das Team von Daniela Janker. Sie und Helmut Knauer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg (AELF) kartieren für den Aufbau des europäischen Biotop-Verbundnetzes "Natura 2000" Lebensräume von schützenswerten Pflanzen und Tieren im Flora- und Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) Allacher Forst und Angerlohe. Das Gleiche geschieht dort auch auf den offenen Flächen, auf denen das Münchner Planungsbüro Pan im Auftrag der Regierung von Oberbayern die Inventur übernimmt. Die Untere Naturschutzbehörde der Stadt München hat dazu ebenso wie das Referat für Gesundheit und Umwelt sowie die Naturschutz-Verbände Daten und Erhebungen angeboten.

Naturschutz ist eine ziemlich komplexe Angelegenheit, wie bei der Infoveranstaltung für Behörden- und Verbandsvertreter, Grundstückseigentümer und Pächter zum Auftakt des Verfahrens im Pfarrsaal Maria Himmelfahrt deutlich wurde. Das fängt schon bei den Zuständigkeiten an: Für die Wälder steht die bayerische Forstverwaltung in der Pflicht, für die offenen Flächen die übergeordnete Naturschutzbehörde der Regierung von Oberbayern. Da die insgesamt 221 Hektar großen Areale zu 90 Prozent aus Wald bestehen, übernimmt das Forstamt die Federführung bei der Erstellung des Managementplans. Mit diesem erfassen und bewerten die Mitarbeiter die Bestände nach den Kategorien "hervorragend", "gut", "mittelmäßig bis schlecht" und zeigen notwendige und wünschenswerte Maßnahmen auf, um das Naturerbe zu schützen und zu erhalten. 109 Hektar der zwei Gebiete sind in privater Hand; es gibt 135 Eigentümer und Eigentümergemeinschaften; 90 Hektar gehören dem Freistaat Bayern.

Allacher Forst bei München, 2016

Vermessung der blühenden Landschaften: Wie hier im Allacher Forst, so sollen in den EU-Staaten schützenswerte Bereiche dokumentiert werden.

(Foto: Robert Haas)

Neben vielen Fachfragen interessierte die Grundstückseigner vor allem eines: Was kommt mit der "Natura 2000" auf sie zu? AELF-Gebietsbetreuer Helmut Knauer betonte: Nichts, solange die Politiker nicht irgendwann etwas änderten. Der Masterplan sei nach derzeitigem Stand nur für Behörden verbindlich, wenn diese etwa eine Straße bauen oder ein Wohngebiet ausweisen wollen. Für private Eigentümer sei die Realisierung der Maßnahmen gegen Entgelt freiwillig. "Wenn der Lebensraumtyp zurückgeht, muss sich der Staat etwas einfallen lassen. Wenn etwas zu erhalten ist, kann dies über eine spezielle Förderung laufen", sagte Knauer. Auch sei niemand in der Bewirtschaftung eingeschränkt. Die Eigentümer dürften ihre Grundstücke nur nicht aktiv verschlechtern. Das gelte aber schon nach den derzeitigen Richtlinien.

Auch das Thema Betretungsverbot und der Ärger über die vielen wilden Trampelpfade, vor allem in der Angerlohe, bewegte die Anwesenden. "Ein schwieriges Terrain", räumte Knauer ein. Die Angerlohe sei kein Naturschutzgebiet, deshalb dürfe sie jeder betreten. Und der Erholungsdruck sei groß. Besucher zu lenken, sei in der Praxis schwierig, die Schilder würden kaum beachtet. Auf die argwöhnische Nachfrage eines Besuchers, ob eventuell andere Planungen vorgesehen seien, antwortete Beate Geiger-Udod von der Regierungsbehörde: Der Zeitpunkt, mit dem Programm im Stadtbezirk zu beginnen, sei zufällig gewählt. Der Bereich sei eines von 148 FFH- und 46 Vogelschutzgebieten in Oberbayern, welche es bis 2020 abzuarbeiten gelte, seit im April 2016 die Bayerische Natura-2000-Verordnung in Kraft getreten ist. Wie am Abend im Bezirksausschuss Allach-Untermenzing bekannt wurde, soll ein Torbogen-Rest mitten im Gelände in die Denkmalliste der Stadt aufgenommen werden.

Allach/Untermenzing: SZ-Karte

SZ-Karte

Angerlohe und Allacher Forst beherbergen vor allem die selten gewordenen wertvollen Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder, Pfeifengraswiesen mit ihrem charakteristischen Duftlauch sowie Reste schütterer und blütenreicher Kalk-Trockenrasen. Einst waren es riesige Flächen, die sich in weiten Teilen nur für Schafe eigneten. Helmut Knauer und Daniela Janker stellten auch klar, dass FFH kein "Allround-Naturschutz" sei. Basis sei ein Standardbogen für bekannte und vermutete Vorkommen. Arten, die nicht aufgelistet sind, seien nicht Gegenstand des Managementplans. Aber man werde natürlich reagieren, sollte man unverhofft auf seltene oder vom Aussterben bedrohte Pflanzen und Tiere stoßen. Finanziert wird das Projekt jeweils zur Hälfte vom Freistaat und von der EU.

Die Kartierung soll etwa ein Jahr lang dauern, im kommenden Jahr sollen alle Betroffenen informiert werden, und es soll ein runder Tisch folgen. Danach werden die Pläne öffentlich ausgelegt, und es werden weitere Gespräche geführt. Doch jetzt geht es erst einmal ins Gelände.

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