Abiturfeiern:Die Hoffnungsträger

384 junge Menschen aus dem Landkreis halten nun ihre Abiturzeugnisse in den Händen. In politisch aufgeheizten Zeiten fallen die Reden der Schulleiter und Lokalpolitiker ernster aus als in anderen Jahren

Von Marie Groppenbächer, Dachau/Markt Indersdorf

Endlich geschafft! - Dieser Satz schwirrte an diesem grauen Freitagmorgen im Juni vermutlich durch 384 junge Köpfe. An diesem Tag bekamen 384 Gymnasiasten aus dem Landkreis Dachau zum letzten Mal in ihrer Schullaufbahn Zeugnisse - Abiturzeugnisse. Zu diesem Anlass veranstalteten das Ignaz-Taschner-Gymnasium, das Josef-Effner-Gymnasium und das Gymnasium Markt Indersdorf (GMI) wie jedes Jahr eine festliche Abschiedsfeier.

Die Schüler des Ignaz-Taschner-Gymnasiums hatten sich für ihren großen Tag herausgeputzt, die Mädchen erscheinen in festlichen Kleidern, die Jungs mit Hemd und Sakko, manche in Tracht im Bürgerhaus Karlsfeld. "Ich werde Sie alle vermissen", sagt Schulleiter Erwin Lenz zu Beginn. Ein Hauch Wehmut legt sich über die freudige Aufbruchsstimmung.

Die stellvertretende Landrätin Marianne Klaffki (SPD) möchte die jungen Menschen ermutigen, eigene Fehler zu machen und über den Tellerrand hinaus zu schauen. Sie erinnert daran, dass 70 Jahre Frieden in Europa keine Selbstverständlichkeit seien und plädiert an die Schüler: "Engagieren sie sich!" Der Aufruf klingt dringlich, beinahe flehend, angesichts der politischen Entwicklung in Europa. Anschließend ruft die Politikerin die Jahrgangsbesten zu sich auf die Bühne. Beim Anblick der zwölf Besten wird schnell klar, hier dominieren die Mädchen. Nur ein Junge ist dabei. "Die Frauen sind einfach stark", kommentiert Marianne Klaffki das Bild. Hannah Stössel und Michelle Heinz haben ihr Abi mit der Note 1,0 bestanden. Die beiden wissen schon genau, wie es in den kommenden Monaten weitergehen soll. "Erst einmal wird gearbeitet und gereist", erzählt Hannah Stössel. Sie möchte in den Norden, nach Dänemark, Tschechien und Estland. Im Herbst beginne sie dann ihr Studium der Kulturwirtschaft in Passau. Michelle Heinz will in die weite Ferne, Kanada und Amerika stehen auf ihrer Liste. Danach geht's zum Mathe- und Informatikstudium nach München.

Abiturfeiern: "Abikropolis, die Götter verlassen den Olymp", heißt das Motto der Indersdorfer Maturanten.

"Abikropolis, die Götter verlassen den Olymp", heißt das Motto der Indersdorfer Maturanten.

(Foto: Toni Heigl)

"Viva la vida" von Coldplay spielt das Schulorchester. Und genau das ist der Plan der Abiturienten. "Wir haben vermutlich den geilsten Sommer unseres Lebens vor uns", freut sich Michael Staniszewski und dankt in seiner Abiturrede neben Eltern, Freunden und Lehrern besonders den Hausmeistern, den Matzners.

Am selben Morgen eine gute Stunde später versammeln sich die 151 Abiturienten des Josef-Effner-Gymnasiums samt Anhang und Lehrerschaft in der Halle des ASV in Dachau. Trotz Turnboden und Sporthallengeruch wird schnell klar, das ist ein Festakt. Die meisten der Absolventen haben ihre Tracht angelegt, die Mädels im Dirndl, die Buben in Lederhose und rot kariertem Hemd - sehr traditionell. Hoher Besuch ist auch erschienen: Landrat Stefan Löwl (CSU), SPD-Landtagsabgeordneter Martin Güll und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Letzterer legte einst auch seine Matura am "Effner" ab.

"Per Aspera at Astra", so wollte Landrat Löwl eigentlich seine Rede beginnen. Weil die Fußballmisere vom Mittwoch aber noch tief sitze und Spieler und Fans auf den harten Boden der Tatsachen hat fallen lassen, müssen sich auch die Schüler auf Bescheidenheit rückbesinnen. "Ihr seid nichts Besonderes ... ihr seid nicht der Mittelpunkt", mit solchen Worten hätten die Teenager an diesem Tag wohl nicht gerechnet. Doch die Stimmung hebt sich wieder, als deutlich wird, worauf der Landrat hinaus möchte: Leistung statt Auszeichnung. "Besteigt den Berg nicht, damit ihr gesehen werdet, sondern damit ihr die Welt seht", rät er zum Schluss.

Abiturfeiern: Lisa Karl und Iris Krumpach verabschieden sich vom Josef-Effner-Gymnasium.

Lisa Karl und Iris Krumpach verabschieden sich vom Josef-Effner-Gymnasium.

(Foto: Toni Heigl)

Wieder haben zwei Mädchen "die Traumnote" 1,0 erreicht. Lena Wizani bleibt auch in Zukunft zielstrebig. Sie muss sich nur noch zwischen einem Studium in VWL, Physik oder Medizin entscheiden. Anders siehts da bei Lisa-Marie Kaut aus: "Ich weiß noch nicht was ich studieren möchte, da haben sich ja jetzt ungeahnte Möglichkeiten aufgetan, damit rechnet ja keiner". Neben den Jahrgangsbesten wird auch soziales Engagement gewürdigt. Acht Abiturientinnen setzen sich seit 2011 mit dem Arbeitskreis "Sonne für Kinder" für Waisenkinder in Uganda ein.

Die Abirede ist gespickt mit Anekdoten der letzten zwei Jahre. Mit Ballerspielmetaphorik wird das Abitur zum Endgegner und das neue Allgemeinwissen zum Waffenarsenal. "Wir haben alle Gegner in die Flucht geschlagen", heißt es stolz. Doch trotz Abitur, man lernt ja nie aus: So hat die beiden energischen Abiturredner nachher sicher jemand aufgeklärt, dass "Don't worry, be happy" nicht von Bob Marley, sondern von Bobby McFerrin ist. So oder so keine schlechte Wahl für ein Lebensmotto. Am Ende ihrer Rede erinnern die Beiden an einen verstorbenen Mitschüler und Freund. Gemeinsam wird ihm in einer Schweigeminute gedacht. Schulleiter Peter Mareis hält eine literarische Rede und appelliert an seine ehemaligen Schützlinge: "Das Leben ist ein Roman. Er kann von Ihnen geschrieben werden. Lassen Sie nicht andere Ihren Roman schreiben!"

Abiturfeiern: Die Ignaz-Taschner-Absolventen freuen sich auf den besten Sommer ihres Lebens.

Die Ignaz-Taschner-Absolventen freuen sich auf den besten Sommer ihres Lebens.

(Foto: Toni Heigl)

"It's the final countdown" spielt die Big Band des GMI und 90 Abiturienten schreiten feierlich die Steintreppe der Aula hinunter. Bunte Luftballons schmücken den Raum. Thomas Höhenleitner, Schulleiter des Gymnasiums Mark Indersdorf, freut sich: In diesem Jahr verabschiede er Schüler, die er schon sehr lange kenne, mit denen er auch schon auf Klassenfahrt war. Neben Stefan Löwl und Martin Güll erweist diesmal auch Landtagsabgeordneter Bernhard Seidenath (CSU) den Abiturienten die Ehre. Auch hier überbietet die Aufbruchsstimmung den Abschiedsschmerz. "Was die Zukunft bringt, kann man am besten herausfinden, wenn man sie selbst gestaltet", zitieren die Abiturrednerinnen.

Die beiden erinnern an die Todesfälle zweier Mitschüler. Bilder der Verstorbenen und zwei Kerzen zeigen, dass sie nach wie vor Teil der Stufe sind. Im Gegensatz zu den beiden anderen Gymnasien hat das GMI mit naturwissenschaftlicher und sprachlicher Ausrichtung einige männliche Jahrgangsbeste hervorgebracht. Fabian Stemmler und Florian Schwarz haben die Bestnote 1,0 erreicht. Bezogen auf das Abimotto "Abikropolis, die Götter verlassen den Olymp" schlussfolgert der Direktor schmunzelnd: "Sie als Götter, das GMI als Olymp und ich als Zeus". Und führt den jungen Leuten anschließend die Realität vor Augen mit der Aufforderung: "Sie werden nicht die Welt retten, aber wenn sie nicht weiter aus den Fugen geraten soll, kommt es auf Sie persönlich an".

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