CSU München:Ein Zerwürfnis, das keines sein soll

Spaenle und Seehofer

Ludwig Spaenle, Chef der Münchner CSU, mit dem, um den sich die CSU uneins ist: Ministerpräsident Horst Seehofer (rechts).

(Foto: dpa)
  • Seehofer oder Söder? Die Münchner CSU ist sich uneines in dieser Frage.
  • In der Parteispitze um Ludwig Spaenle gilt als gesetzt, dass Seehofer weg muss und Finanzminister Söder übernehmen soll.
  • Nun könnte sich eine Opposition dazu abzeichnen: In der vergangenen Woche hat unter anderem Kreischef Blume die Münchner Spitze öffentlich angegriffen.

Von Heiner Effern

Der Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle ist derzeit extrem beschäftigt. Ein Gespräch nach dem anderen führe er, sagt er. Seine Partei sei schließlich sehr aufgewühlt nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl. Mal spricht er unter vier Augen, mal spürt er der Stimmung in einem Ortsverband nach. Das sei keine "Hinterzimmer"-Politik, sondern Teil seiner "Führungsverantwortung" als Bezirkschef.

Damit reagiert Spaenle auf Kritik aus den eigenen Reihen. Aus dem Hinterzimmer, ja aus dem "Hinterhalt" würde in München Stimmung gegen Parteichef Horst Seehofer gemacht, ärgerte sich kürzlich Markus Blume, Kreischef im Osten und Vize-Generalsekretär der CSU. Denn eines von Spaenles Gesprächen war direkt bei der Bild-Zeitung gelandet, mit dem Tenor: Ganz München rebelliert gegen Seehofer. Egal, ob dieser den Herbst übersteht - die Münchner CSU wird bayernweit wieder einmal als intriganter, zerstrittener Haufen wahrgenommen. Genügend Stoff für ein offizielles Gespräch: Am Montagabend tagt der Bezirksvorstand.

Dort werden auch die mitreden wollen, die zu Spaenles Runden nicht eingeladen waren. Dass es eine Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Münchner CSU gibt, ist kein großes Geheimnis. Die Parteispitze um Spaenle, seinen Stellvertreter Georg Eisenreich und den Zweiten Bürgermeister Josef Schmid hat die Partei in den vergangenen Jahren auf Linie gebracht. Aus der Kommunalwahl 2014 ging die CSU als stärkste Fraktion hervor. Zur politischen Lehre dieses inneren Zirkels gehört: Seehofer muss weg, Finanzminister Markus Söder muss übernehmen. Wer diese Linie nicht mittragen will, der wird ignoriert, der wird auch mal nicht eingeladen oder der wird keine Karriere machen. Dabei kann sich die Münchner CSU-Spitze offenbar auf ein stabiles System stützen. Eine organisierte, starke Opposition ist bisher nicht zu erkennen.

Das könnte sich nun ändern. In der vergangenen Woche hat nicht nur Kreischef Blume die Münchner Spitze öffentlich angegriffen. Auch ein als ruhig und besonnen geltender Politiker wie der Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer ordnete das in der Bild beschriebene Treffen von Spaenle und Eisenreich mit einigen Kreisvorsitzenden nicht als gewöhnliches Gespräch ein, sondern als "Geheimakt", der von schlechtem politischen Stil zeuge. Friederike Steinberger, eine von Spaenles Stellvertreterinnen an der Bezirksspitze, nannte den Vorgang "parteischädigend".

Spaenle weist jede Kritik an seinem umstrittenen Führungsstil zurück. Markus Blume zum Beispiel habe er ein Gespräch zur Wahlanalyse vorgeschlagen. "Davon hat er keinen Gebrauch gemacht." Er sei "sehr erstaunt" über dessen öffentliche Kritik. Blume war wohl als einziger Kreischef Münchens zu dem Treffen, das bayernweit für Schlagzeilen sorgte, nicht eingeladen. Auch die harten Worte von Unterländer und Steinberger findet Spaenle irritierend. "Ein Anruf hätte genügt, um das zu klären."

Dass ein Anruf reicht, um die Zerwürfnisse in München zu klären, glauben die wenigsten. Dabei geht es nicht einmal darum, ob der Münchner Bezirk tatsächlich so ein geschlossener Fanblock von Finanzminister und Seehofer-Rivale Markus Söder ist, wie die Parteispitze schon länger und nun gerade in diesen Tagen gerne betont.

Problematisiert könnte werden, dass sich die Münchner CSU viel zu sehr im Würgegriff des Kulturstaatssekretärs und Bezirksvize Georg Eisenreich befinde. Der fürchte um seine Kabinettskarriere, weil er sich allzu forsch und zu früh für Söder und gegen Seehofer positioniert habe, sagen seine Gegner. Eisenreich wolle nun Seehofer auf Teufel komm raus aus dessen Ämtern vertreiben, auch wenn der Rest der Partei gerade stillhält, um die Koalitionsverhandlungen in Berlin nicht zu stören. Die Attacken aus München seien von Söder-Freunden bewusst gesetzt: Ein allzu gutes Ergebnis und zu viel Ruhe könnte Seehofer nutzen, um alle Kritik abzuwehren. Ohne Söder an der Macht könnten der Bezirk München und Eisenreich schnell im Abseits stehen, sagen dessen Kritiker voraus.

Diese wiederum seien an einer Hand abzuzählen, ist aus der Münchner CSU-Spitze zu hören. Blume sei als Vize-Generalsekretär ein Seehofer-Mann. Und die Münchner Parteivizin Steinberger komme aus dessen Kreisverband, das sage alles. Die empörten Äußerungen seien eine von Seehofer bestellte Verteidigungsaktion. Der Abgeordnete Unterländer wiederum sei sauer, weil die Münchner Parteispitze die ihm verbundene Abgeordnete Mechthilde Wittmann mit aller Macht aus dem Landtag drängen will. Der Rest bestehe aus ein paar der üblichen Querulanten, die jeder Bezirk hinnehmen müsse.

Tatsächlich hat der Ministerpräsident in den vergangenen Monaten nichts unterlassen, um die renitenten Münchner zu deckeln. Viele in München trauen dem Parteichef nicht zu, die Landtagswahl im nächsten Jahr zu gewinnen. Neben dieser großen Zukunftsfrage wird am Montagabend im Vorstand aber auch zu besprechen sein, wie sich der Bezirk und dessen Spitze verhalten, nach innen und nach außen. Zum Eklat soll es nicht kommen, sagt ausgerechnet Kreischef Blume, der mit der Führung auch abrechnen könnte. "Wir müssen den Bezirksverband zusammenhalten und unserer Gesamtverantwortung für die CSU gerecht werden. Das ist ein Gebot politischer Klugheit."

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