Staatssekretär:Der Klartext-General in der CSU

Staatssekretär: Georg Eisenreich - Ist er ein möglicher Generalsekretär unter Söder?

Georg Eisenreich - Ist er ein möglicher Generalsekretär unter Söder?

(Foto: Stephan Rumpf)

CSU-Mann Georg Eisenreich attackiert Merkel schärfer als alle anderen und ruft Söder schon mal zum nächsten Ministerpräsidenten aus. Macht er sich bereit für höhere Ämter?

Von Frank Müller

Ganz am Anfang lässt Georg Eisenreich nicht nur Ministerpräsident Horst Seehofer warten, sondern alle frisch zu ernennenden Kabinettskollegen gleich noch dazu. Es ist der 10. Oktober 2013, endlich hat Seehofer seine Regierungsriege nach der Wahl neu sortiert. Die Minister und Staatssekretäre, aus allen Teilen Bayerns zusammengerufen, warten im Münchner Prinz-Carl-Palais auf den Münchner Georg Eisenreich. Auf das Kabinett-Nesthäkchen. Er hat sich Zeit für seine Familie gelassen, und als er endlich eintrifft, bekommt er gleich eine mittelschwere Ladung Spott vom Chef ab. Seehofer ernennt ihn zum "Staatssekretär für Bildung, Kultus, Wissenschaft, Kunst - und Pünktlichkeit".

Zweieinviertel Jahre später macht Georg Eisenreich nicht mehr den Eindruck, als ob er zum Jagen getragen werden müsste. Der Januar blättert sich durch seine politischen Ritualtermine, es ist für einen CSU-Politiker der Monat der Neujahrsempfänge und der von Kreuth. Gleich auf beiden Bühnen ließ Eisenreich aufhorchen. Erst stellte er sich beim Neujahrsempfang der Münchner CSU hin und ruft den Gastredner Markus Söder so deutlich zum Nachfolger von Regierungschef Horst Seehofer aus, wie es noch kein Kabinettsmitglied wagte. Söder werde "hoffentlich der nächste Ministerpräsident", sagte Eisenreich.

Er greift Merkel an wie niemand sonst, "eine besorgte Analyse", sagt Eisenreich

Und diese Woche bei der Klausur der Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth fiel Eisenreich auf, weil er so deutlich wie niemand sonst hinter verschlossenen Türen Kanzlerin Angela Merkel angreift. Auch wenn er sagt, es habe sich nicht um eine Attacke, sondern um eine besorgte Analyse gehandelt.

Als Kreuth vorbei ist, sitzt Eisenreich an diesem Freitag im Restaurant des Literaturhauses am Fenster. Er ist hier oft, sein Ministerium liegt gleich auf der anderen Seite der Salvatorstraße. Er kann die Sätze noch auswendig hersagen, die er der Kanzlerin hinwarf, als "nüchterne Einschätzung" der Lage. "In einer Demokratie kann man nicht auf Dauer gegen die Mehrheit der Bürger regieren." Eisenreich greift sich an den Kragen. "Entweder", zitiert er sich weiter, seine Finger fahren druckvoll über den Tisch, "entweder gibt es in absehbarer Zeit eine andere Flüchtlings- und Sicherheitspolitik oder einen anderen Kanzler und eine andere Regierung." Unwillkürlich ballt sich eine Hand zur Faust. "Ich möchte keinen neuen Kanzler und keine neue Regierung."

Parteiintern wird er mitunter regelrecht grob, berichten Kollegen

Georg Eisenreich ist immer noch aufgeregt, während er in diesen Sekunden noch einmal den Kreuther Eisenreich gibt. Er hat jetzt die Hand auf der Brust. "Es war mir ein Anliegen, ihr das zu sagen." Es ist wohl schon so, dass solche Sätze vor der Kanzlerin auch dann Mut erfordern, wenn man kein Niemand mehr ist und ohnehin der ganze Saal derselben Meinung wie man selbst. Er will es nicht als Eitelkeit verstanden wissen, aber das sei "schon das Deutlichste" gewesen, was an diesem Tag in Kreuth gesagt wurde. "War gut", sagt er mit feinem Lächeln. "Hat allen gefallen. Mir auch."

Für sehr deutliche Ansagen aus der eher konservativen Ecke ist Eisenreich schon länger gut. Parteiintern wird er mitunter regelrecht grob, berichten Kollegen. Bislang ist die Parteikarriere des 46-jährigen Münchners wie am Schnürchen verlaufen. Mit 29 Jahren schon CSU-Kreischef im Münchner Süden, mit 33 Landtagsabgeordneter und mit 43 Kabinettsmitglied: Eisenreich kann souverän auftreten und wirkt vorzeigbar - damit steht der Jurist in der engsten Reserve für noch höhere Aufgaben. Zumal da er als Vizechef der Münchner CSU eine starke regionale Hausmacht hinter sich hat. Hier wie auch im Ministerium ist sein direkter Chef Ludwig Spaenle. Mit ihm und Bürgermeister Josef Schmid hat Eisenreich die CSU zurück in die Stadtregierung geführt.

Spätestens jetzt weiß der Staatssekretär, dass er verstärkt unter Beobachtung steht. Viele laufen sich warm in der CSU und empfehlen sich als Begleitpersonal für einen möglichen Machtwechsel von Seehofer zu Söder. Eisenreich will nicht als einer gelten, der vor allem an der eigenen Karriere plant. "So denke ich nicht." Doch mitunter wird er schon als möglicher Generalsekretär unter einem kommenden CSU-Chef Söder genannt. Sein neuer Hang zu Klartext-Sätzen würde dazu passen. "Ich bin jemand, der immer klar in der Sache analysiert und das dann auch sagt." Klingt wie das Stellenprofil eines Generalsekretärs.

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