CSU-Affäre:Stoiber will die Satzung ändern

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Nach der Affäre der Münchner CSU rund um gefälschte Aufnahmeanträge und gekaufte Mitglieder will Parteichef Edmund Stoiber nun "zur Unterbindung fragwürdiger Praktiken" die Satzung ändern. Bis 15. Dezember sollen erste Ergebnisse präsentiert werden.

Von Berthold Neff

(SZ vom 16.9.2003)— Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber hat als CSU-Vorsitzender schon zu Beginn der Affäre im Kreisverband 9 (Ost) eine schnelle Aufklärung verlangt. Nachdem die Staatsanwaltschaft zu einer Razzia bei Rasso Graber, dem Chef der Münchner Jungen Union (JU), auftaucht war, weil sie gegen ihn wegen Urkundenfälschung ermittelt, drängte Stoiber die neue Münchner CSU-Bezirksvorsitzende Monika Hohlmeier zu schnellem Handeln.

Bei Baretti platzte Stoiber der Kragen

Erst dadurch zeigte sich Graber bereit, seine Ämter bis zum Abschluss des Verfahrens ruhen zu lassen. Als dann auch noch der CSU-Stadtrat Christian Baretti wegen des gleichen Delikts ins Visier der Staatsanwaltschaft geriet (und nun auch in den Korruptionsskandal bei der AOK verstrickt ist, der zur Festnahme seiner Eltern führte), platzte Stoiber endgültig der Kragen.

Drei Tage, nachdem Baretti (er war vor der Bundestagswahl 2002 einer von Stoibers Redenschreibern) seine politischen Ämter vorläufig niederlegt hatte, diktierte Stoiber den Brandbrief an Welnhofer. Das Schreiben zeigt, dass Stoiber nichts von dem gut heißt, was die JU-Truppe im Münchner Osten (dazu zählt neben Graber und Baretti auch der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Haedke) unternahm, um an Macht und an Mandate zu kommen.

Stoiber schreibt, ob strafrechtlich relevante Sachverhalte vorlägen, werde in den laufenden Ermittlungen sowie gebenenfalls in den Strafverfahren geklärt. Unabhängig davon aber "handelt es sich hier um Praktiken, die jenseits der strafrechtlichen Relevanz nicht hinnehmbar sind". Die CSU müsse deshalb in ihrer Satzung "Vorkehrungen zur Unterbindung fragwürdiger Praktiken" treffen.

Die Münchner Bezirksvorsitzende Monika Hohlmeier "teilt diese Auffassung uneingeschränkt", betont Stoiber. Sie hatte, noch vor Grabers Rückzug, drei namhafte Juristen (darunter der Ex-Bundesverfassungsrichter Konrad Kruis) damit beauftragt, die Satzung des Münchner Bezirksverbands zu überarbeiten.

Die offenen Fragen

Nun aber soll Welnhofer selber ausknobeln, wie die CSU insgesamt per Satzung künftig verhindern kann, was die Münchner JU-Truppe so erfolgreich praktizierte:

- wie Mitgliederverschiebungen zwischen Parteigliederungen zum Zwecke von Mehrheitsveränderungen unterbunden werden können;

- wie fingierte Parteimitgliedschaften unterbunden und die Identität stimmberechtigter Mitglieder bei Nominierungsrunden gewährleistet werden kann;

- ob und in welchen Fällen die Übernahme von Mitgliedsbeiträgen für andere Mitglieder zu unterbinden ist;

- ob und in welchem Umfang die Auslobung von finanziellen und anderen Vorteilen für die Mitgliederwerbung zu unterbinden ist, um den Vorwurf des Kaufs von Parteimitgliedern und damit von Stimmenmehrheiten zu begegnen.

Nach diesen Methoden war die JU im Kreisverband 9 vorgegangen. Zunächst sägten sie den CSU-Landtagsabgeordneten Heinrich Traublinger als Ortsvorsitzenden ab, um sich dessen Landtagsmandat zu sichern, gerieten aber beim Verteilen der Beute in Streit.

Teile des JU-Nachwuchses, darunter Graber und Baretti, schwenkten wieder ins Traublinger-Lager über, und Baretti stürzte den Chef der Rathaus-CSU, Hans Podiuk, vom Kreisvorsitz. Wann dabei wer und warum Aufnahmeanträge gefälscht hat, prüft derzeit die Staatsanwaltschaft.

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