Chaos im Berufsverkehr:Stillstand auf Straßen und Gleisen

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Eine S-Bahn-Kollision mit einem Bagger, die Stammstrecke lahmgelegt, dazu mehrere Unfälle: Selten war das Verkehrschaos so groß wie am Mittwoch - und manche Pendler müssen noch weiter mit Einschränkungen rechnen.

Von Marco Völklein, München

Ein schwerer S-Bahn-Unfall im Münchner Westen, ein Oberleitungsschaden im Bahntunnel in der Innenstadt, dazu zwei Unfälle auf Autobahnen: Am Mittwochmorgen ging im Großraum München auf Schienen und Straßen so gut wie nichts mehr.

Viele Pendler wichen in ihrer Not aufs eigene Auto aus - und standen dann zusammen mit anderen Geplagten im Stau. Selbst im Feierabendverkehr kam es noch zu erheblichen Behinderungen. Wegen des Unfalls im Bahnhof Olching kommt es auf der Linie S 3 auch in den nächsten Tagen noch zu Engpässen. Eine Polizeisprecherin erklärte zwar, die Zentrale habe "keine Veränderungen im Vergleich zum normalen Berufsverkehr" registriert, doch viele Taxifahrer und Pendler stöhnten über lange Staus. Der Navigationsdienste-Anbieter Inrix verzeichnete gegen 8.50 Uhr zahlreiche Behinderungen auf dem Mittleren Ring, der A 99, der Landsberger Straße und der Isarparallele.

Wegen des schweren Unfalls auf der A 95 war zudem die B 11 stark belastet, viele wichen auf diese Parallelstrecke aus (siehe Grafik unten). Die Taxizentrale Isarfunk zählte 60 000 Anrufe, von denen viele in der Warteschleife landeten. Etwa 8000 Aufträge habe man ablehnen müssen, weil die Taxis feststeckten, "und wir gar kein Auto zum Kunden hinbekommen hätten", sagte Isarfunk-Chef Hubert Schmidt.

S-Bahn kracht gegen einen Bagger

Auslöser für den Schlamassel war unter anderem ein schwerer Unfall auf der Strecke der S 3. Gegen 4.20 Uhr war eine S-Bahn im Bahnhof Olching gegen einen Bagger gekracht. Laut Bahn war der Bagger für Bauarbeiten auf einem für den Zugverkehr gesperrten Gleis eingesetzt, um eine Weichenheizung einzubauen. Just als eine S-Bahn auf dem benachbarten Gleis passierte, habe der Baggerfahrer mit dem Greifarm herumgeschwenkt, erklärte die Bundespolizei.

Daraufhin kollidierte das Führerhaus der S-Bahn mit der schweren Baggerschaufel. Durch die Wucht des Aufpralls sprang der Zug aus den Schienen, der Bagger wurde gegen eine Lärmschutzwand gedrückt. Der Lokführer wurde eingeklemmt und mit schweren Verletzungen per Helikopter in eine Klinik geflogen. Vier Arbeiter wurden zudem leicht verletzt.

Die Verkehrslage am Mittwoch um 8.50 Uhr in München. (Foto: SZ-Grafik)

Die Strecke war zunächst komplett gesperrt. Erst nach einigen Stunden durften Fern- und Regionalzüge wieder passieren, die S-Bahn-Gleise werden wohl noch bis Sonntag gesperrt bleiben, weil Arbeiter die demolierte Weiche und die ramponierte Gleistrasse reparieren müssen. Zwischen Mammendorf und Maisach setzt die Bahn daher Pendel-S-Bahnen ein, zwischen Maisach und Lochhausen fahren Busse oder Taxen.

Damit aber nicht genug: Gegen 7.45 Uhr legte ein Kurzschluss am Stachus den S-Bahn-Tunnel lahm. Da sich die genaue Ursache nicht bestimmen ließ, inspizierten Techniker die Strecke und fuhren sie mit einer S-Bahn testweise ab. Erst nach gut zwei Stunden war die Trasse wieder frei. Wie so oft bei Großstörungen schimpften viele Kunden über mangelhafte oder sich widersprechende Informationen.

Zwei Unfälle auf der Autobahn

Zusätzliches Chaos verursachten zudem zwei Autobahn-Unfälle. So fuhr auf der A 8 bei Sulzemoos um 7.50 Uhr eine Audi-Fahrerin mit voller Wucht auf einige Autos auf. Um die Trümmer zu bergen, musste die Polizei zeitweise zwei der drei Fahrspuren sperren, mehrere Kilometer Stau waren die Folge.

Noch schlimmer wirkte sich ein Unfall auf der A 95 aus: Dort war laut Polizei gegen 8.20 Uhr ein aus Süden kommender Wagen zwischen dem Dreieck Starnberg und der Anschlussstelle Fürstenried in den Gegenverkehr geraten und in ein anderes Auto gekracht. Anschließend fuhren drei weitere Autos an der Unfallstelle ineinander. Sechs Erwachsene sowie ein fünf Jahre altes Kind kamen verletzt in Kliniken.

Nach dem Zusammenstoß mit der S-Bahn hat der Bagger einen Teil der Lärmschutzwand in Olching mitgerissen. (Foto: dpa)

Die A 95 war stundenlang dicht. In dem Bereich saniert die Autobahndirektion derzeit Brücken. Der Verkehr wird kompliziert an der Baustelle vorbeigeführt: Je zwei Spuren stehen stets in Richtung Norden und Süden zur Verfügung; eine fünfte Spur wird je nach Verkehrslage freigegeben - in der Früh nach München hinein, am Abend aus München heraus. Die Autobahndirektion sieht aber keinen Änderungsbedarf. Die Unfallursache habe nichts mit der Baustelle zu tun gehabt. Das Verkehrschaos wirkte sich auch auf den Betrieb in Firmen, Behörden und Bildungseinrichtungen aus. Am Landgericht etwa hingen an vielen Sitzungssälen Zettel, wonach Verhandlungen ausfielen. Weil Richter und Anwälte im Stau steckten.

© SZ vom 08.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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