Causa Thielemann:"Intrigantenstadel" - Philharmoniker ausgebuht

Erster Auftritt nach beschlossener Trennung: Das Münchner Publikum zürnt den Philharmonikern - Dirigent Thielemann erhält geballte Sympathie.

Große Emotionen am Haidhauser Gasteig: Die Münchner Philharmoniker sind an diesem Donnerstagabend in der Münchner Philharmonie vor Beginn eines Bruckner-Konzerts ausgebuht und beschimpft worden.

Es war das erste Abonnementkonzert mit Generalmusikdirektor Christian Thielemann nach Bekanntwerden seiner aufsehenerregenden Trennung von dem Orchester zum Sommer 2011. Der Dirigent selbst wurde dagegen vom Publikum beim Betreten des Podiums demonstrativ bejubelt.

Umarmung zum Schluss

In der fast ausverkauften Philharmonie im Münchner Gasteig-Kulturzentrum stand an diesem Donnerstagabend Anton Bruckners 9. Symphonie auf dem Programm. Thielemann gilt als der derzeit beste Bruckner-Dirigent. Als Konzertmeister Sreten Kristic das Podium betrat und das Orchester mit dem Einstimmen begann, erhoben sich im Publikum heftige Unmutsäußerungen. Ein Zuhörer beschimpfte die Musiker sogar als "Intrigantenstadel".

Thielemann hatte einer Verlängerung seines derzeitigen Vertrags als Generalmusikdirektor der Philharmoniker nicht zugestimmt. Grund war eine vom Orchester gewünschte Vertragsklausel, nach der das Letztentscheidungsrecht über Gastdirigenten und deren Programme nicht bei Thielemann, sondern bei Philharmoniker-Intendant Paul Müller liegen sollte. Thielemann wollte diese Klausel nicht akzeptieren. Der Stadtrat hatte daraufhin im Juli entschieden, die Vertragsverhandlungen abzubrechen.

Der Streit zwischen dem Orchester und seinem Chef hatte monatelang die Öffentlichkeit bewegt. Am vergangenen Wochenende war überraschend bekannt geworden, dass der 50 Jahre alte Thielemann ab 2012 Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle in Dresden wird.

Zuvor dirigiert Thielemann noch den Münchner Klangkörper, allein die besagte Bruckner-Symphonie wird noch dreimal, am 16., 18. und 19. Oktober, zum Besten gegeben - dann vielleicht ohne Buhrufe zu Beginn.

Dem gestrigen Konzert selbst waren die anfänglichen Spannungen nicht anzumerken. Den Philharmonikern gelang unter ihrem Noch-Generalmusikdirektor eine engagierte und bewegende Interpretation von Bruckners letzter, unvollendeter Symphonie. Nach Ende des Konzerts wurden die Philharmoniker und Thielemann dann einhellig bejubelt - was beim Dirigenten große Emotionen auslöste.

Er bedankte sich überschwänglich bei seinen Musikern, seinem Konzertmeister fiel er sogar um den Hals.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: