Catering:"Wenn bis zu 2000 Leute in die Pause stürmen, ist das schwierig"

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Hunderte kalte Häppchen und bis zu 50 warme Essen müssen pünktlich fertig werden. (Foto: Stephan Rumpf)

Nach 53 Jahren hat Dallmayr seinen Konkurrenten Käfer als Caterer im Nationaltheater abgelöst. Und kämpft mit einer der anspruchsvollsten Herausforderungen in Münchens Gastronomie.

Von Christiane Lutz

Das mit der Kiwischeibe hat Dallmayr ganz schnell korrigiert. Die hatten sie zuerst weggelassen. Aber: Die Kiwi darf nicht fehlen. Ganz besonders nicht auf einem Opernteller, auf dem sie, angerichtet neben Hummerfleisch, Entenpastete und Roastbeef, als kleine Erfrischung zwischendurch eingenommen wird. Diesen Opernteller bereitet Dallmayr seit Beginn der Spielzeit täglich an der Bayerischen Staatsoper zu. Zuvor hatte das Feinkostunternehmen Käfer 53 Jahre lang den Opernteller zubereitet - und seit etlichen Jahren eine Kiwischeibe draufgelegt. Und weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist, hatten sich prompt Opernbesucher beschwert, wo ihre Opernteller-Kiwi hin verschwunden war. Dallmayr entschuldigte sich hastig und holte die Kiwi zurück.

Wenn sich etwas verändert, knirscht es häufig. Das ist nicht nur der Fall, wenn junge Künstler wilde Dinge auf der Bühne der Kammerspiele ausprobieren, sondern eben auch, wenn der Anbieter der Gastronomie in Bayerns größtem Theater das Feld für den Konkurrenten räumen muss und der Konkurrent dann das Publikum überzeugen soll. Da die Oper ein staatlicher Betrieb ist, muss ihre Bewirtung alle paar Jahre neu ausgeschrieben werden. 53 Jahre lang überzeugte Feinkost-Platzhirsch Käfer, bei der jüngsten Ausschreibung machte aber Dallmayr, das älteste Feinkosthaus der Stadt, das Rennen. Für Käfer ein Schock: Michael Käfer nennt es gar "eine der größten beruflichen Niederlagen". Florian Randlkofer, Geschäftsführer von Dallmayr, hingegen freut sich natürlich: "Wir bemühen uns, dass wir das jetzt auch mindestens 50 Jahre lang machen."

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Damit das klappen kann, legt sich Dallmayr mächtig ins Zeug. Man befragte vor Saisonbeginn die Abonnenten schriftlich nach ihren kulinarischen Vorlieben (unter den häufigsten Antworten: Opernteller, Vanilleeis mit heißen Himbeeren). Schließlich sollte das neue Angebot zwar anders sein als bei Käfer, aber nicht so anders, dass sich der Zuschauer vor Schreck nicht mehr auskennt (siehe Kiwi). So gibt es neben einer vielseitigen Standardkarten nun eine saisonal wechselndes Angebot an warmen Speisen, die sich jetzt auch online vorbestellen lassen. Außerdem wurden mehr Stehtische herbeigeschafft, auf denen der Opernbesucher seine Häppchen abstellen kann. Für die altbackene Einrichtung des Restaurants und die etwas gedrückte Atmosphäre des Raumes allerdings können weder Käfer noch Dallmayr was. Aber Dallmayr kündigt an, auch da verändern zu wollen. Hier ein paar neue Tischarrangements, da einige hübsche Bilder. Aber behutsam und immer in Abstimmung mit den Besucherinteressen.

Dass es allerdings nicht immer zielführend ist, Menschen bei allem nach ihrer Meinung zu fragen, musste Dallmayr in seinem Eifer auch schon feststellen. Denn mancher Befragte mokiere sich nun über Dinge, die es bei Käfer schon immer gab, etwa den Verkauf von Schokoriegeln und Gummibärchen - gerade für weniger solvente Opernbesucher eine überlebenswichtige Sache. Die schwierigste Aufgabe für Dallmayr sei aber gewesen, sich innerhalb weniger Wochen auf das Prinzip Opern-Gastro einzustellen, sagt Florian Randlkofer. Das bedeutet: Massen drängen bei Pausenbeginn ins Untergeschoss und wollen alle auf einmal bedient werden. Die im Schnitt 40 bis 50 vorbestellten warmen Speisen müssen auf den Punkt genau fertig sein und dürfen, so die Police des Hauses, nicht länger als 15 Minuten auf dem Tisch stehen, ehe der Gast kommt. Aber sie müssen da stehen, denn der Gast hat wiederum auch nur rund 15 Minuten Zeit zum essen, schließlich soll es vor dem zweiten Akt auch noch für die Toilette reichen.

Dallmayr ist zwar Profi, aber derartige Bedingungen kannte man im Feinkosthaus bis dato nicht. Käfer hatte zudem die komplette Küche von der Dunstabzugshaube bis zum Kaffeelöffelchen mitgenommen. Zwischen der Übernahme durch Dallmayr Anfang September und der Spielzeiteröffnung am 18. September musste also eine neue Küche eingebaut, Personal eingelernt und mit dem neuen Kassensystem vertraut gemacht werden. Käfer arbeitete mit mechanischen Kassen, Dallmayr mit vernetzten Computerkassen. Die beherrschten auch die Mitarbeiter nicht, die von Käfer übernommen wurden.

Der Start: Wie ein schwieriges Fußballspiel

Die erste Vorstellung war dann ausgerechnet "La Traviata", bei der schon nach 25 Minuten die erste Pause beginnt. Randlkofer räumt ein, dass es da "nicht so rund gelaufen" sei: "Wenn bis zu 2000 Leute in die Pause stürmen, ist das schwierig." Die Abläufe saßen noch nicht, Servicepersonal kollidierte hinter der Bar, Gäste fanden ihre Tische nicht.Der Geschäftsführer hat alles beobachtet und danach mit der Mannschaft gesprochen wie ein Trainer nach einem schwierigen Fußballspiel. Inzwischen, sagt er, liefe es besser. Sein Team kenne das Angebot auswendig und weiß, welche Vorstellung um wie viel Uhr Pause macht. Sie bekämen nach ein paar Beschwerden nun viel positive Rückmeldungen. Ein paar nette Mails hat sich das Küchenteam ausgedruckt und an die Fliesen geklebt. "Der Wein ist besser als bei Käfer", steht in einer Mail.

"Der Wein ist wirklich besser als früher" befindet auch Andreas Schwankhart, Vorsitzende der Freunde des Nationaltheaters. "Außerdem hat Dallmayr diese Sandwiches abgeschafft, die Käfer verkaufte. Jetzt riecht es im Restaurant nicht mehr nach Käse." Eine deutliche Verbesserung. Grundsätzlich aber sieht Schwankhart den Wechsel gelassen. Ob Käfer oder Dallmayr ist ihm nicht wichtig, so lang die Qualität stimmt. Zu allererst die auf der Bühne, dann die in der Küche.

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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