Glaubt man der Botschaft eines Wahlplakats der AfD, dann hat im Münchner Norden ein Politiker die Bibel für das Wirken eines anderen Politikers verfasst. Petr Bystron, der örtliche Bundestagskandidat der AfD, schwingt sich aufs Trittbrett von Christian Ude, der derzeit auf Werbetournee für sein neues Buch durch die Lande eilt.
Ude und sein Werk prangen auf Dreiecksständern neben dem Konterfei des AfD-Politikers, daneben steht als Zitat "Ich mache die Politik, von der Ude nur schreibt". Gerade so, als würde der einstige Oberbürgermeister die Wahl Bystrons empfehlen. Wenn auch indirekt.
Dass das Plakat zu höheren Verkaufszahlen für das jüngst erschienene Werk beiträgt, ist zweifelhaft, aber nicht ausgeschlossen. Dass der Autor mit dieser ungefragten Vereinnahmung glücklich ist, kann trotzdem definitiv verneint werden. Eine "schmarotzende Werbung" sei das im Urheberrecht, so der Jurist Ude, der den Machern des Plakats wenig Schmeichelhaftes nachsagt: Es handle sich um eine "am rechten Rand torkelnde und seit Monaten stetig schrumpfende Ansammlung verbitterter Rechter und nachwachsender Wutbürger", lästert der Ruheständler.
Ude wirbt in seinem Buch "Die Alternative oder: macht endlich Politik" für einen kritisch-reflektierten Umgang mit dem Thema Flüchtlinge und warnt vor der Ausblendung unangenehmer Tatsachen. Ist das AfD-Politik? Zur Erinnerung: Ude hat in München ein Netz gegen Rechtsradikalismus gestrickt, er galt im Rathaus stets als Garant für Toleranz und kulturelle Offenheit. So einer soll nun Ideengeber sein für eine Partei, die das individuelle Recht auf Asyl abschaffen will und von einer Art Schuldkomplex, bedingt durch die deutsche Vergangenheit, spricht?
Ude selbst kann der "Dreistigkeit" durchaus Gutes abgewinnen. Schließlich gebe der AfD-Kandidat mit seinem Bekenntnis zu dem Buch auch eines ab zum Grundrecht auf Asyl und zur Genfer Flüchtlingskonvention. Zur Respektierung jedes Bleiberechts und jedes Abschiebungshindernisses. Und zum Nein zu einer Obergrenze. Steht alles drin auf den Seiten, die angeblich Bystrons Politik bestimmen. Dem AfD-Kandidaten könnten übrigens ernsthafte Schwierigkeiten mit der eigenen Partei drohen.
Autor Ude erinnert an seine Worte im Buch, die AfD sei "nicht die Alternative, sondern eine Gefahr. Nämlich die Gefahr, dass die schlimmsten Fehler und Entgleisungen Europas im 20. Jahrhundert noch einmal wiederholt werden, mit allen verheerenden Folgen für die Menschen dieses Kontinents, und diesmal ohne die Ausrede, das habe man nicht kommen gesehen".
Parteifördernd ist dies nicht aus der AfD-Perspektive. Aber im Wahl-Fang darf man wohl vieles nicht so ganz ernst nehmen. Bystron provoziert gerne mit dem Stilmittel der Vereinfachung. Vermutlich auch, um die Last des Lesens nicht auf sich nehmen zu müssen.