Bundestagswahl 2017:Außenpolitiker mit langem Atem

Bundestagswahl 2017: Auf alle Fälle will es Peter Heilrath in vier Jahren erneut versuchen, für den Bundestag zu kandidieren, wenn die Parteibasis ihn lässt. "Das ist auf Dauer angelegt", sagt er. "Ich spiele nicht so gern Verstecken."

Auf alle Fälle will es Peter Heilrath in vier Jahren erneut versuchen, für den Bundestag zu kandidieren, wenn die Parteibasis ihn lässt. "Das ist auf Dauer angelegt", sagt er. "Ich spiele nicht so gern Verstecken."

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Rechtsanwalt und Filmproduzent Peter Heilrath kandidiert für die Grünen im Münchner Süden - zunächst einmal aber auf einem aussichtslosen Listenplatz.

Von Dominik Hutter

Als die ersten grünen Zettel auftauchten, verkündete Peter Heilrath seine uneingeschränkte Solidarität: "Das ist eine Aktion ganz nach meinem Geschmack", ließ er in einer Pressemitteilung verkünden. Die Aushänge waren im Münchner Süden mit Tesafilm an Masten geklebt, samt handgeschriebenen Abrissschnipseln, als wäre jemand auf Wohnungssuche. Nur dass es um Radwege ging, um Feinstaub und um eine verantwortungsvolle Klimapolitik. "Wer auch immer dahinter steckt, greift verdammt wichtige Ideen auf", erklärte der Bundestagskandidat ganz scheinheilig - man könnte es auch schelmisch nennen. Denn hinter der Guerilla-Aktion steckte der 48-Jährige selbst. Auf den Schnipseln ist unter der Frage "Wer hilft?" sein Name zu finden.

Die leicht anarchische Klebe-Aktion passt zu Heilrath, der eher altersuntypisch in einer WG am Romanplatz wohnt. Der Quereinsteiger, der erst seit wenigen Jahren Mitglied der Grünen ist, arbeitet als Rechtsanwalt und Filmproduzent. Er hat zwei Töchter von zwei Frauen, lernt gerade Arabisch, reist leidenschaftlich gerne in den Nahen Osten und hat eine Schwäche für neue US-Fernsehserien. Noch vor der Bundestagswahl will er in Nordsyrien politische Gespräche führen, für November hat er einen Startplatz beim New York Marathon ergattert. Langweilig ist Heilraths Leben offenbar schon jetzt nicht. Trotzdem will er im Herbst unbedingt für den Münchner Süden Parlamentarier werden. Die "Dualität" ist es, die ihn erklärtermaßen an der Politik so fasziniert. Zunächst die große Neugier zu verstehen, warum Leute so handeln, wie sie handeln. Um dann daraus Konsequenzen zu ziehen und die Welt zu verändern.

Grandios sind Heilraths Chancen nicht, das räumt er selbst ein. Die Grünen haben in München noch nie ein Direktmandat geholt, und mit Listenplatz 21 müsste die Partei im September schon alle Auguren Lügen strafen, um ihren Süd-Bewerber nach Berlin schicken zu dürfen. Der gebürtige Münchner hat sich aber auf eine längere Kandidatenrolle eingerichtet. Schon jetzt ist ihm klar, dass er es in vier Jahren noch einmal versuchen will, die Zustimmung der eigenen Parteibasis natürlich vorausgesetzt. "Das ist auf Dauer angelegt", sagt er. Woraus er auch nie ein Geheimnis gemacht habe. "Ich spiele nicht so gern Verstecken."

Für Heilrath kommt eigentlich nur die Bundesebene infrage. Denn sein Interesse gilt der Außenpolitik - was den Wahlkampf in heimischen Gefilden nicht eben einfacher macht. Auch vor einer Bundestagswahl interessieren sich die Bürger in erster Linie für lokale Themen. Mit den Menschenrechten in Syrien lassen sich am Wahlkampfstand erfahrungsgemäß nur selten Punkte sammeln - ein Problem, das Außen- und Verteidigungspolitiker eint. Heilrath ist auf dem Themengebiet schon länger engagiert, er ist Sprecher des zuständigen Landesarbeitskreises der Grünen. Außenpolitik bedeutet für ihn vor allem: Friedens-, Menschenrechts-, aber auch Umweltpolitik.

Als Akteur der Filmbranche geht es Heilrath aber auch um das Themenfeld Kultur. Der Produzent hat unter anderem im Kreativquartier am Leonrodplatz mitgearbeitet und wünscht sich für Künstler deutlich mehr Freiräume. Man müsse die Leute "einfach mal machen lassen". Das klappe aber nur, wenn es auf der Verwaltungsebene auch gewollt wird. Kultur sei auf Bundesebene leider nur ein Nischenthema. Bei seinem Lieblingsmetier Film fällt dem Mitglied der deutschen, österreichischen und europäischen Filmakademien jedoch einiges ein, was es zu verbessern gilt. Gerade bei der Förderung künstlerisch anspruchsvoller Filme gebe es noch Spielraum. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse endlich wieder seinen Bildungsauftrag erfüllen - und nicht wie die Privaten auf die Quote schielen.

Es sind denn auch nicht die Kino-Blockbuster, die Heilrath in seinem Produzenten-Job beschäftigen. Ihn interessieren eher "Filme für Schachtelkinos, die dann keiner schaut", wie er scherzhaft sagt. Film sei eine wunderbare Kunstform - im Idealfall "geht man mit einem besonderen Gefühl aus dem Kino raus und die Welt ist ein bisschen anders". Heilrath ist zunächst als Rechtsreferendar in einer Medienrechtskanzlei mit dem von ihm schon immer geschätzten Thema Film in Berührung gekommen - bei "23" von Hans-Christian Schmid. Der von Heilrath mitproduzierte "Schläfer" von Benjamin Heisenberg hat diverse Preise abgeräumt und wurde auf dem Filmfest in Cannes gezeigt. "Der Räuber", ebenfalls von Benjamin Heisenberg, wurde auf der Berlinale 2010 uraufgeführt. Aktuell bereitet der Grünen-Politiker seinen ersten Kinderfilm vor.

Heilrath war in seiner Studienzeit Mitglied der FDP und kurzzeitig Vorsitzender der Jungen Liberalen. Bürgerrechte, das war sein Thema - aber als mit dem Aufstieg Guido Westerwelles plötzlich andere Prioritäten herrschten, wandte sich Heilrath für rund zehn Jahre angewidert von der Politik ab. Nun hat sie ihn wieder. Demnächst will er an Münchner Haustüren für seine Kandidatur werben.

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