Bundesgerichtshof:Mord im Gärtnerplatzviertel: Freispruch aufgehoben

Müllerstraße, Ecke Corneliusstrasse in München, 2013

Die Tat geschah im Eckhaus Müllerstraße und Corneliusstraße.

(Foto: Rumpf)
  • Ein 37-Jähriger wurde im Frühjahr 2015 vom Vorwurf des Mordes freigesprochen.
  • Zwar glaubte das Gericht damals nicht an seine Unschuld, sah aber nicht genügend Beweise für eine Verurteilung.
  • Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Der Fall muss nun neu verhandelt werden.

Von Christian Rost

Als im Prozess um einen Mord im Gärtnerplatzviertel das Urteil gesprochen wurde vom Münchner Schwurgericht, kamen dem Angeklagten Roman H. die Tränen. Völlig unerwartet für ihn und seine Anwälte, die sich staunend ansahen, wurde der 37-Jährige im Frühjahr 2015 vom Vorwurf freigesprochen, die Witwe Ingrid W. erdrosselt und bestohlen zu haben.

Möglicherweise hat Roman H. die Freudentränen aber zu früh vergossen. Denn der Bundesgerichtshof hat den Freispruch in der Revision kassiert und den Fall jetzt zur Neuverhandlung zurück ans Landgericht verwiesen. Voraussichtlich in einem halben Jahr muss sich der gelernte Schweißer H. erneut wegen Mordes vor Gericht verantworten.

Wie die Indizienlage aussieht

Den Freispruch hatte das Schwurgericht mit "erheblichen Zweifeln" begründet. Zwar waren im Appartement des 69-jährigen Opfers in einem Mehrfamilienhaus an der Cornelius-/Ecke Müllerstraße DNA-Spuren vom Angeklagten sichergestellt worden, auch an der Kleidung von Ingrid W. Allerdings befanden sich auch genetische Fingerabdrücke von drei bis vier weiteren unbekannten Männern in der Wohnung.

Dass H. sich in der Wohnung aufgehalten hatte, konnte nicht als Indiz gegen Roman H. ausgelegt werden. Er hatte die Witwe gekannt, weil seine Mutter im selben Haus wohnte, und in der Wohnung der Frau gelegentlich handwerkliche Tätigkeiten vorgenommen. Zeitweise wohnte H. sogar auf derselben Etage wie Ingrid W.

Die Staatsanwaltschaft München I geht jedoch weiterhin davon aus, dass gerade die Bekanntschaft der Auslöser für die Tat am 4. oder 5. Oktober 2013 gewesen ist. Durch seine Besuche soll H. in Erfahrung gebracht haben, dass die Rentnerin Wertgegenstände in ihrer Wohnung aufbewahrte.

Als er ihr dann Schmuck stehlen wollte, wurde er laut Staatsanwaltschaft von der Witwe ertappt und zur Rede gestellt. Um nicht angezeigt zu werden, soll H. sie dann niedergeschlagen und erdrosselt haben. Die Staatsanwaltschaft hatte eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten gefordert.

Dem Schwurgericht blieben Zweifel

Das Gericht unter dem Vorsitz von Norbert Riedmann kam dann zu einem anderen Urteil. "Wir können nicht klar sagen, was sich in der Wohnung ereignet hat", sagte der Richter. Obwohl es Hinweise darauf gebe, dass der Angeklagte der Täter sei oder zumindest an der Tat beteiligt gewesen sein könnte, blieben gleichwohl Zweifel, weshalb er freigesprochen werden müsse.

Dass das Schwurgericht Bedenken bei dieser Entscheidung hatte, wurde durch einen Satz des Vorsitzenden deutlich: "Wir sind alles andere als von der Unschuld des Angeklagten überzeugt." Der Richter meinte noch, dass die Tat nur noch durch "Kommissar Zufall" aufgeklärt werden könne - oder eben gar nicht.

Roman H. konnte das Gericht nach dem überraschenden Richterspruch als freier Mann verlassen. Lediglich wegen des Diebstahls einer Kamera aus einem Hotelzimmer wurde er verurteilt. Die verhängten sechs Monate Haft für diese Tat musste er nicht mehr absitzen, weil er diese Strafe in der Untersuchungshaft bereits verbüßt hatte.

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