Bürgerversammlung in Obermenzing:Auf Wiederzählen

Bürgerversammlung in Obermenzing: Ist die Großbaustelle an der Paul-Gerhardt-Allee die Quelle allen Übels für die Zunahme des Laster-Schleichverkehrs in den Wohnstraßen Obermenzings und Pasings? Bisherige Verkehrszählungen des Kreisverwaltungsreferats bestätigen nicht einmal eine Zunahme, sehr zum Unverständnis der Bürger.

Ist die Großbaustelle an der Paul-Gerhardt-Allee die Quelle allen Übels für die Zunahme des Laster-Schleichverkehrs in den Wohnstraßen Obermenzings und Pasings? Bisherige Verkehrszählungen des Kreisverwaltungsreferats bestätigen nicht einmal eine Zunahme, sehr zum Unverständnis der Bürger.

(Foto: Robert Haas)

Der Schwerlastverkehr hat drastisch zugenommen in Obermenzing, so sehen es zumindest die Bewohner im Viertel. Bei der Bürgerversammlung kann das Kreisverwaltungsreferat dies nicht bestätigen, verspricht aber weitere Untersuchungen

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing

Die Anfrage des Abends kam von Hildegard Achatz-Seitz. Die Obermenzingerin wollte wissen, wie man seinen Keller vor Überschwemmung schützen könne, wenn bei Starkregen das Grundwasser nach oben drückt. Eine Antwort gab es nicht, aber nicht wenige Besucher der Bürgerversammlung am Dienstag warfen einen besorgten Blick durch die Oberlichter im Pfarrsaal von Leiden Christi. Draußen schüttete es wie aus Kannen, was der Grund gewesen sein dürfte, dass weniger Bürger als sonst üblich zum jährlichen Frage- und Antwortspiel zwischen Stadtverwaltung und Viertelbewohnern gekommen waren. Während also an der Garderobe Regencapes, Schirme und sogar Socken trockneten, moderierte Bürgermeister Josef Schmid (CSU) als Versammlungsleiter die übersichtliche Anzahl von Anträgen und Anfragen. Natürlich waren es wieder vornehmlich der mittlerweile heftig über die Ufer tretende Verkehrsfluss und der anbrandende Lärm, welche die Leute im Münchner Westen beschäftigen.

Quelle allen, oder zumindest des größten Verkehrsübels scheint da das Neubaugebiet an der Paul-Gerhardt-Allee zu sein. Die Riesenbaustelle dort strahlt heftig aus, was den Schwerlastverkehr angeht. Christina Brandl, die an der Grandlstraße wohnt, berichtete von gefährlichen Situationen, vor allem im Bereich des Schulzentrums. Auch die Fahrradfahrer würden dort mittlerweile auf die Gehsteige ausweichen aus Angst, von einem der herandonnernden Lkw auf der engen Straße übersehen zu werden. Brandl beantragte, nicht zum ersten Mal, ein Lkw-Verbot (für Anlieger frei) von Norden kommend und ein vollständiges Durchfahrtsverbot von Süden kommend in beide Richtungen. Dass ihr Antrag der Mühe nicht wert sei, deutete Peter Geck an. "Wir haben dort zum wiederholten Mal gezählt", sagte der Verkehrsplaner im Kreisverwaltungsreferat. Drei Prozent Laster-Anteil am Gesamtverkehr seien keine "unzumutbare Größenordnung". Aber gut, man werde also erneut zählen, aber er sei zuversichtlich, dass sich am Ergebnis nichts ändern werde.

Zählen muss Gecks Truppe wohl auch an der Pippinger Straße. Monika Maria Thiel, die dort wohnt, berichtete von einer starken Zunahme des Lasterverkehrs. Tagsüber könne man den Garten kaum noch nutzen, nachts nicht bei offenem Fenster schlafen. Sie beantragte, den Schwerlastverkehr von der A 8 über Lochhausen umzuleiten. Näher anschauen bei einen Ortstermin will sich Peter Geck die Situation an der Petzetstraße, auch dort beobachten Anwohner eine höhere Verkehrsbelastung durch Schwertransporter.

Einen Antrag, von dem viele Familien im Münchner Westen profitieren könnten, so er auf offene Ohren stößt in der Verwaltung, kam von Maren Schüpphaus. Sie forderte einen familienfreundlichen Tarif für das Westbad. Das Argument der Stadtwerke, es handle sich dort um ein besonderes Erlebnisbad, lässt Schüpphaus nicht gelten, Whirlpools und die Saunalandschaft seien mittlerweile doch Standard.

Die Obermenzinger, so zeigte sich an diesem Abend erneut, bewegen sowohl Dinge, die vor ihrer Haustür passieren, wie auch solche aus der gesamten Stadt. Da gibt es kaum eine Fallhöhe. So soll sich die Stadtverwaltung nicht nur um einen losen Kanaldeckel oder um Glasscherben auf dem Radweg an der Verdistraße kümmern, es geht auch um Krach, den Laubbläser verursachen, oder um Enten, die in der August-Exter-Straße unter die Räder kommen. Den Versammlungsteilnehmern wurde zudem vor Augen geführt, welche Auswirkungen das Erbschaftsrecht in einer Stadt wie München hat, wo die Grundstücke mittlerweile Millionen wert sind. Dass Erben gezwungen sein können zu verkaufen, um die Steuerschuld zu begleichen, und dass deshalb ein Riss quer durch Familien gehen kann, das zeigten entgegengesetzte Anträge von zwei Cousins zu ein und demselben Grundstück an der Pfeivestlstraße. Susanne Lachenmayr aus der Seinsheimstraße wiederum ist immer gut für heiter-schmissige Beiträge in Bürgerversammlungen. Diesmal erhoffte sie sich von Bürgermeister Schmid Erhellendes zu einer Angelegenheit, die in der Münchner Bürgerschaft ein gewisses Kopfschütteln ausgelöst hat. Warum es denn beim unterirdischen Halt der zweiten Stammstrecke am Hauptbahnhof diese Planungspanne gegeben habe, wollte sie wissen. Josef Schmid: "Das ist eine Planung der Bahn. Ähm. Warum die jetzt nicht genau passt, kann ich Ihnen ehrlich gesagt auch nicht sagen. Das wissen wir in der Stadt nicht wirklich."

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