Bürger fordern schnelle Energiewende:Gegen Kohle und Verkehr

Bei ihrer Bürgerversammlung fordern die Haidhauser ein schnelles Ende für das Heizkraftwerk München-Nord

Von Johannes Korsche, Haidhausen

Ob der spärliche Besuch der Bürgerversammlung daher kommt, dass die Haidhauser "auf der Insel der Glückseligen" wohnen, wie es der Leiter der zuständigen Polizeiinspektion, Peter Sondermeier, ausdrückt, oder ob es an dem sommerlichen Wetter lag - wer weiß? Am Donnerstagabend jedenfalls kommen nur knapp 80 Haidhauser in den Hofbräukeller. Außer dem im Maxwerk geplanten Restaurantbetrieb sagen die Haidhauser vor allem der autogerechten Stadt den Kampf an. Sie wollen mehr Fahrradstellplätze und Parkplätze für Car-Sharing-Angebote. Außerdem soll das Heizkraftwerk München-Nord bis Jahresbeginn 2023 vom Netz gehen.

Bürger fordern schnelle Energiewende: Die Haidhauser sagen vor allem der autogerechten Stadt den Kampf.

Die Haidhauser sagen vor allem der autogerechten Stadt den Kampf.

(Foto: Catherina Hess)

"Der Dreck muss weg", schließt ein Haidhauser seine Begründung, warum das Heizkraftwerk München-Nord schließen soll. Täglich verfeuere das Kraftwerk zwei bis drei Güterzüge voll Steinkohle. Für ihn ein Unding: "Von der Stadt München geht ein Umweltschaden aus." Das Kraftwerk müsse schnellstmöglich durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Es soll "jetzt mit dem Ausstieg aus dem Kraftwerk begonnen werden", damit bereits 2023 keine Kohle mehr verbrannt wird, um den Münchnern Strom zu liefern. Eine große Mehrheit der Haidhauser spendet dem Applaus und gibt die Zustimmung.

Luftverschmutzung in Hamburg

Schadstoffe aus dem Auspuff: Die Bürger fordern ein Umdenken.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Die Luftverschmutzung im Viertel ist in der Folge ein großes Thema. Zwar geht mit dem Verkehrsversuch auf der Rosenheimer Straße eine Luftmessung einher, die die Feinstaub- und Stickoxidbelastung protokollieren soll. Allerdings nur für die Dauer des Projekts, also für ein Jahr, bemängelt ein Antrag. Die Haidhauser fordern daher, die "Vor-Ort-Messung der Luftwerte auf Dauer in regelmäßigen Abständen". Zum Beispiel können sie sich eine Messung alle zwei Monate vorstellen. Bisher habe die Stadt bei der Luftbelastung nur rechnerische Werte herangezogen. Aber "nur eine Vor-Ort-Messung liefert realistische Zahlen", argumentiert der verabschiedete Antrag. Zudem wird die Stadt aufgefordert, "mehrere mobile Luftmessgeräte" zu erwerben, um die Luftverschmutzung "zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten" messen zu können.

Heizkraftwerk München Nord in Unterföhring, 2014

Das Heizkraftwerk München-Nord hat ausgedient, das ist der Tenor auf der Bürgerversammlung.

(Foto: Florian Peljak)

Überhaupt scheint die Zeit des Privatautos für die Haidhauser zu Ende zu gehen. Sie wollen "mindestens 25 Parkplätze für Car-Sharing im Viertel schaffen". Die Stadt soll eine "Abkehr von der autogerechten Stadt" vollziehen und sich mehr an den "Bedürfnissen der Menschen" orientieren, sagt ein Haidhauser. Weil Verbrennungsmotoren die Gesundheit aller gefährden, soll die Stadt Alternativen fördern. "Ich stelle den Antrag auch im Namen meiner Kinder." Und im Namen einer übergroßen Mehrheit der Haidhauser, die sich dem Anliegen anschließen.

Dementsprechend soll das Fahrradfahren in Haidhausen attraktiver werden. Gleich zwei Anträge fordern mehr Fahrradstellplätze. Einer an der Rablstraße zwischen Franziskanerstraße und Balanstraße. Dort sollen 20 Fahrradstellplätze aufgebaut werden, "gegebenenfalls durch Umwandlung von zwei oder drei Autoparkplätzen". Ein weiterer Haidhauser will "ausreichend" Fahrradstellplätze vor dem Alnatura-Supermarkt an der Weißenburger Straße. Der ganze Gehweg sei gerade bei gutem Wetter von Fahrrädern zugeparkt. Da viele Haidhauser ihren Einkauf zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen, könnte man an dieser Stelle im Gegenzug auf Autoparkplätze verzichten. Petra Preußler vom Baureferat dämpft allerdings die Erwartungen: Die Stadt stelle nur Fahrradständer auf, wenn bestimmte Voraussetzung erfüllt seien. Ob es sich bei den geforderten Orten beispielsweise um "Stadtteilzentren" handelt, müsse erst geprüft werden.

Das letzte Anliegen des Abends richtet sich an den Haidhauser Bezirksausschuss. Der wird gebeten, sich um einen Ersatztermin für das ausgefallene Sommerfest auf dem Johannisplatz zu bemühen - wenngleich das Fest keine städtische Veranstaltung ist. Das Fest sei sehr beliebt und diene auch dem politischen Austausch im Viertel, begründet der Bürger seine Bitte. Bei Sonnenschein und Bier kommen dann vielleicht auch mehr Haidhauser zu dem Freiluft-Fest als zur Bürgerversammlung im Hofbräukeller.

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