Bühnenjubiläum von Gerhard Polt:Reschbeggd!

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Kaum ein anderer hat so nachhaltig auf die Bayern eingewirkt: Gerhard Polt und die "Biermösl Blosn" zelebrieren ihre 30-jährige Zusammenarbeit.

Hermann Unterstöger

Eher geht ein Kamel durch ein Alphornmundstück, als dass man Gerhard Polt und den dreien von der Biermösl Blosn Grundsätzliches entlockte. Selbst wenn man mit Glück auf eine Art von Prinzip stößt, ist auch das nur schwer zu fassen.

Seit 30 Jahren mit der "Biermösl Blosn" auf der Bühne: Gerhard Polt. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Die "gesicherte Ahnung" beispielsweise: Ihr begegnet man im Gespräch immer wieder, und man müsste lügen, wenn man behauptete, dass sie prima vista nicht den gediegensten Eindruck machte. Hans Well, der Texter und nebenbei auch Senior der Gruppe, beruft sich gern und in einem so seriösen Ton auf sie, dass man "Respekt!" sagen möchte.

Man sagt es aber dann doch nicht, erstens weil sein Grinsen und sein Blick schnell wieder die Luft aus der gesicherten Ahnung nehmen, und zweitens weil sich im Beisein von Polt, dem Groß- und Altmeister des parodistisch überdrehten Ausrufs "Reschbeggd!", das "Respekt!"-Sagen von selber verbietet.

Am Sonntag feiern die vier im Residenztheater ihr Dreißigjähriges, und es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Eigenart ihrer künstlerischen Symbiose, wie sie auf dieses Jubiläum überhaupt kamen: nicht dank wichtigtuerischer Buchführung über die Erfolge dreier Jahrzehnte, sondern weil ihnen einfiel, dass Polts Sohn, der 30 wird, genau damals zur Welt kam, als auch ihre Zusammenarbeit begann.

Soll man so etwas feiern? Polt und die Biermösls halten sich damit nicht lange auf, denn die Tatsache, dass sie es feiern, entzieht der Frage ohnedies den Boden. Hans Well erwähnt in dem Zusammenhang, dass sie, also die Blosn ohne Polt, schon seit 33 Jahren auf Achse sind, und das klingt ganz so, als bedürfte es nur noch guten Zuredens von Seiten der Staatsoper, und sie würden dort einen Abend "33 Jahre Biermösl Blosn" geben.

Polt und die Biermösl Blosn haben so nachhaltig auf das Bayern des ausgehenden 20. Jahrhunderts eingewirkt, dass sie, selbst wenn sie dies wollten, einen Platz in der Landesgeschichte, Sektion Kultur & Politik, längst nicht mehr ausschlagen könnten.

Die Grundzüge ihrer Biographien sind eh schon Gemeinbesitz der fürs Bairisch-Aufmüpfige empfänglichen Schichten. Wer diesen Schichten angehört, weiß nicht nur, dass sich das "Biermösl" vom Beerenmoos herleitet, einem Teil des bei Fürstenfeldbruck gelegenen, für seinen konstanten Bestand an Scheidigem Wollgras bekannten Haspelmoors. Er kann auch die Geburtsorte der drei Musiker geläufig hersagen: Willprechtszell für den Hans, Günzlhofen für den Michael und den Christoph, welchen "Stopherl" zu nennen zu den hiesigen Grundrechten zählt.

Sodann weiß man, dass der Vater Schulmeister war und mit seiner Frau 15 Kinder ins Günzlhofener Land setzte, eins musikalischer als das andere, und wie es in so einer Familie zuging, hat man aus dem Lied erfahren: "In da Fruah hats Griaßbrei gebn, und auf d' Nacht hats Griaßbrei gebn, / jedn Tag hats Griaßbrei gebn, mei, des war a Lebn!"

Gerhard Polts biographische Koordinaten - in München geboren, in Altötting aufgewachsen, Studium der Skandinavistik - werden oft als Gewähr dafür genommen, dass er so werden musste, wie er wurde. Das mag nicht ganz verkehrt sein, lässt aber das Geheimnis dieses monumentalen Kleinbürgerdarstellers und -entlarvers unentschlüsselt. Auch hier kann es nicht gelöst werden.

Was aber gesagt werden kann, ist dies: Als sich die quirligen Biermösler und der gewaltige Grantler Polt (dem übrigens eine Beweglichkeit zu eigen ist, wie man sie auch den Elefanten nachrühmt) seinerzeit trafen, ergab sich daraus eine gegenseitig unendlich befruchtende, die Zuhörer stets neu beglückende Zusammenarbeit.

Dass Leute wie Dieter Hildebrandt, Gisela Schneeberger, Jörg Hube, Hanns Christian Müller und Otto Grünmandl das Ihre zur Rundung des Ergebnisses taten, sei beim Sichten dieser drei Jahrzehnte keinen Augenblick vergessen.

"30 Jahre Gerhard Polt und die Biermösl Blosn", Sonntag, Residenztheater, München, 19.30 Uhr.

© SZ vom 14.02.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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