Buch-Vorstellung:Gott ist ein Bayer

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Der Kabarettist, Musiker und Schauspieler Stephan Zinner hat sein erstes Buch geschrieben - im Volkstheater stellt er "Flugmango", seinen Band mit Erzählungen, vor

Von Sabine Reithmaier

Extrem vielseitig war Stephan Zinner schon immer. Bislang kannte man ihn als Kabarettisten, Musiker, Schauspieler, traf ihn gelegentlich in "Tatorten" und Kinofilmen und einmal im Jahr als Söder-Double im Singspiel auf dem Nockherberg. Jetzt kommt noch eine neue Berufsbezeichnung hinzu: Schriftsteller. Der 40-Jährige hat "Flugmango" veröffentlicht, sein erstes Buch (Lichtung Verlag). 13 kleine Erzählungen versammelt der schmale Band, den Christoph Gremmer amüsant illustriert hat.

Und je länger man liest, desto deutlicher wird, dass der Schritt vom Kabarettprogrammschreiber zum Buchautor kein so großer war. Zweifelsfrei ist Zinner eher ein Dramatiker denn ein Epiker. Manche Geschichten kann man sich sofort auf der Bühne vorstellen, was auch daran liegt, dass der gebürtige Trostberger viel in Ich-Form schreibt und seine Texte oftmals Gespräche wiedergeben, zum Teil sogar in Dialogform notiert sind. Wunderbar skurril ist etwa die ergebnisoffene Debatte mit Gregor darüber, warum die Flugmango eigentlich so heißt, wie sie heißt - weil sie ein Flugzeug einfliegt oder weil sie vom Baum fällt? Gelungen auch die Unterhaltung zwischen dem Teufel und einer resoluten 82-Jährigen: Die Frau heizt dem Satan so ein, dass dieser schließlich seinem Chef wegen unwürdiger Arbeitsbedingungen kündigt. "Die Nazis waren schlimm. Die Inquisition sowieso. Bush junior auch, aber der hat wenigstens mal einen ausgegeben." Witzig auch die Auseinandersetzung mit Nachbar Gerd, der "je nach Depressionsstufe zwischen 130 und 140 Kilo" wiegt und plötzlich Marathon laufen will, aber nur "mentl" trainiert. Leider will er sich weder von den Vorteilen echten Trainings noch von den Gefahren des Sports überzeugen lassen. Das ist alles locker, leicht und spritzig geschrieben, im Kopf laufen sofort die Bilder zu den Szenen ab.

Daneben versucht sich Zinner auch an ziemlich deprimierenden Geschichten. Ein 52-jähriger Arbeitsloser schaut anderen beim Leben zu und versinkt in Regen und Selbstmitleid. Eine Ehefrau und Mutter lässt sich in den Wahnsinn treiben. Wahrscheinlich will ihr Mann sie los sein, weshalb er zu ein paar plumpen Psychotricks greift. Aber eigentlich kapiert man nicht wirklich, warum das funktioniert. Dafür bleibt der Text dann doch zu vordergründig, zu wenig schlüssig, kurz: einfach unbefriedigend.

Klar ist auf jeden Fall, dass Stephan Zinner jene Menschen am Herzen liegen, die mit dem Tempo des Alltags nicht zurechtkommen und trotzdem weiter strampeln, bis es irgendwann nicht mehr geht. Manchmal erlaubt er seinen Figuren auch einen kleinen Aufstand. Aber ansonsten hüpfen sie brav, damit die Welt nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Eine Welt, die dann in Ordnung ist, wenn der Ich-Erzähler Gott in einem Getränkemarkt trifft und während der Unterhaltung befriedigt feststellen kann: "Gott war definitiv Bayer, aber das hatten wir ja schon immer gewusst."

Flugmango, Buchpremiere, 27.4., 20 Uhr, Volkstheater

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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