Brauereien:Wie internationale Konzerne beim Münchner Bier mitmischen

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Paulaner hat sich am Stadtrand in Langwied eine hochmoderne Hightech-Brauerei gebaut. (Foto: Florian Peljak)

Die Bier-Landschaft der Stadt ist nicht so vielfältig, wie man meinen könnte. Und auch nicht mehr ganz so münchnerisch.

Von Franz Kotteder

"Man möchte gar nicht glauben, dass so wenige Brauereien so viel Bier herbringen!", sagte der Wiesnwirtesprecher Toni Roiderer bei der offiziellen Wiesnbierprobe am Montagabend im Bier- und Oktoberfestmuseum. Ein fast schon valentinesker Gedankengang, der aber durchaus seine Berechtigung hat. Denn es sind ja sogar noch weniger Brauereien, als behauptet wird, die das Münchner Bier herstellen.

Man merkt das zum Beispiel daran, dass einer der sechs Braumeister, die ihre Erzeugnisse präsentieren, an diesem Tag das Paulaner-Bier vorstellt. Zwei Wochen zuvor hatte er bei einer anderen öffentlichen Verkostung Hacker-Pschorr repräsentiert.

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Das erstaunt nur jene, die sich mit den Münchner Brauereien nicht so genau auskennen. Denn Hacker-Pschorr und Paulaner, das ist ja irgendwie eins. Beide gehören sie zur Paulaner Brauerei Gruppe, die im Juli aus der Verschmelzung der Brau Holding International und der Paulaner Brauerei GmbH entstanden ist. 70 Prozent der Anteile hält die Schörghuber-Unternehmensgruppe, 30 Prozent der niederländische Braukonzern Heineken.

Zuvor besaß Schörghuber 50,1 Prozent und Heineken 49,9 Prozent. Wenn man so will, sind Paulaner und Hacker-Pschorr also wieder münchnerischer geworden. Und die Gefahr, dass auf der Wiesn eines Tages ein Heineken-Zelt stehen könnte, ist geringer geworden. Sieht man einmal von europa- und kartellrechtlichen Fragen ab, die eines Tages die Stadt doch noch dazu zwingen könnten, auch ortsfremden Brauereien den Zugang zum Oktoberfest zu gewähren.

Der Terminus "Münchner Brauerei" ist ohnehin ein recht dehnbarer Begriff. Schließlich gehören zur Paulaner Brauerei Gruppe, um bei diesem Beispiel zu bleiben, längst auch die Regensburger Brauerei Thurn & Taxis, das Rosenheimer Auerbräu, die Kulmbacher Brauerei und die Weißbierbrauerei Hopf sowie eine Reihe weiterer Beteiligungen.

So ist über die Jahrhunderte hinweg aus vielen kleinen Braustätten innerhalb der Stadt durch immer wieder neue Fusionen ein national und international tätiges Großunternehmen geworden, das seine Wurzeln immerhin noch in München hat.

Beim anderen großen Player auf dem Münchner Braumarkt kann man das nicht so leicht behaupten. Zwar sind Spaten, Löwenbräu und Franziskaner tatsächlich ganz originäre Münchner Brauereien mit jahrhundertelanger Vergangenheit, keine Frage. Eigenständig aber sind sie schon länger nicht mehr. Seit 2003 sind sie nur drei von weltweit 500 Marken, die zum internationalen Großkonzern AB InBev gehören.

AB InBev hat weltweit gut 200 000 Mitarbeiter in 140 Ländern und macht einen Jahresumsatz von 45,5 Milliarden US-Dollar. Der Sitz des Unternehmens befindet sich in Brüssel, pro Jahr produziert der Konzern rund 434 Millionen Hektoliter Bier.

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Da sind die Münchner Brauereien des Weltkonzerns im Verbund ein eher kleines Licht mit ihren insgesamt 2,5 Millionen Hektoliter Jahresausstoß, auch wenn das schon eine ganze Menge ist - Paulaner und Hacker-Pschorr liegen da ungefähr gleichauf. Von alter Münchner Brauerherrlichkeit ist jedenfalls wenig geblieben, man hat es hier mit Unternehmen zu tun, wie es viele gibt im Konzern, und die werden geführt von Managern nach betriebswirtschaftlichen Kriterien.

Das führt dann zum Beispiel auch zu dem etwas kuriosen Sachverhalt, dass die Löwenbräu AG genau genommen gar keine eigenen Mitarbeiter mehr beschäftigt, sondern nur als Pachtbetrieb existiert, in dem die Spaten-Franziskaner-Bräu GmbH Bier der Marke Löwenbräu produziert. Alles klar?

Wesentlich unkomplizierter und traditioneller geht es da schon bei der drittgrößten Münchner Brauerei zu. Augustiner gehört zu keinem Weltkonzern, das Bier wird auch nicht in einer hochmodernen Hightech-Brauerei am Stadtrand gebraut, sondern mitten in der Stadt an der Landsberger Straße in einem schönen rotgeklinkerten Brauereigebäude, auf dessen Firmengelände man gelegentlich noch Männer in Lederhosen Holzfässer vor sich herrollen sieht.

Augustiner gehört mehrheitlich der Edith-Haberland-Wagner-Stiftung, benannt nach der letzten, kinderlos gebliebenen Brauereierbin. Der Rest der Anteile gehört in nicht unerheblichem Maße der Münchner Familie Inselkammer, die sonst über erklecklichen Immobilienbesitz in der Münchner Innenstadt verfügt und deren einer Zweig Besitzer der Privatbrauerei Aying ist, die im Brauwesen der Stadt eine nicht ganz unwichtige Rolle spielt.

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Der Rest der Aktien befindet sich im Streubesitz. Weil die Stiftung keine großen Gewinne erwirtschaften muss und überwiegend gemeinnützigen und kulturellen Zwecken dient, hat auch die Allgemeinheit viel vom Augustinerbier, von dem pro Jahr rund 1,3 Millionen Hektoliter produziert werden.

Bleibt unter den Großen noch die staatliche Hofbräu, die dem Freistaat Bayern gehört und im Jahr 300 000 Hektoliter Bier braut. Mit Finanzminister Markus Söder (CSU) ist zwar ein Franke ihr oberster Chef, aber mit dem Hofbräuhaus am Platzl hat sie dennoch einen unschlagbaren Münchner Wettbewerbsvorteil.

Das ist nicht unwichtig im stark umkämpften Münchner Biermarkt. Dass die Akteure dort wegen sinkender Umsatzzahlen schon ein bisschen nervös sind, konnte man auch bei der Wiesnbierprobe trotz allen Frohsinns merken.

Gegen die neumodische Craft-Beer-Bewegung wurde dort verbal kräftig ausgeteilt, obwohl die im Vergleich nur verschwindend geringe Absatzzahlen erreicht und für die Großen gar keine Gefahr darstellen dürfte. Aber die Biertrinker dürstet es halt doch gelegentlich nach Ablenkung. Und die Unterschiede zwischen den Bieren der Großproduzenten sind halt doch nicht so gewichtig.

Nicht einmal beim Wiesnbier, übrigens. Dort beschreiben die Braumeister zwar alle Jahre wieder wortreich und blumig die einzelnen Biere. Sieht man sich die Beschreibungen aus den letzten vier Jahren aber alle noch einmal an, stellt man fest: Bei fünf von sechs Bieren sind sie überwiegend wortgleich. So viel scheint sich also doch nicht zu verändern, von Jahr zu Jahr.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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