Brauchtum:Mit Dirndl im Disneyland

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Yasmin Fahimi fühlt sich als Trachtenkritikerin missverstanden. (Foto: Stephan Rumpf)

SPD-Generalsekretärin Fahimi macht sich ein Bild von Bayern

Von Andreas Schubert

Ob sie nun "das ist ein bisschen viel Disneyland" gesagt hat oder "das ist wie Disneyland" oder "das ist ein bisschen zu viel Disneyland", da unterscheiden sich die Zitate in den Medien - ein bisschen. Fest steht: Yasmin Fahimi, die Generalsekretärin der SPD, fühlt sich missverstanden. Das kontroverse Zitat bezog sich auf den G-7-Gipfel auf Schloss Elmau. Und viele Bayern fühlten sich durch die Äußerung auf den Trachtenschlips getreten. Dabei habe sie mit Disneyland gar nicht die Bayern und deren Tracht gemeint, erzählt Fahimi bei einem Besuch auf der Wiesn am Donnerstag. Sondern, dass ein Bild einer heilen Welt präsentiert worden sei, das der Vielfalt und der Modernität Deutschlands nicht gerecht werde. Wie auch immer: Die Bayern-SPD hat die Bundespolitikerin zum Wiesn-Stammtisch ins Augustinerzelt eingeladen, damit sie sich mal ein genaueres Bild von Bayern machen kann.

Ob aber die Wiesn der richtige Ort für einen landeskundlichen Ausflug ist? Angesichts all des Trachtenkitsches mit Pseudodirndln, Sepplhüten und Täterä-Remmidemmi läuft man doch Gefahr, der Generalin ein erst recht falsches Bild zu vermitteln, disneylandiger geht's ja eigentlich nicht mehr. Natascha Kohnen, Generalsekretärin der bayerischen Genossen, lacht darüber erst mal, während sie am Biertisch auf Fahimi wartet. "Das wird vielleicht ein kleiner Kulturschock." Nun, so shocking ist die Wiesn für die Hannoveranerin Fahimi dann auch wieder nicht. Im Gegenteil: Sie kommt im ziemlich edlen Dirndl, das sie sich eigens für den Termin in München im Internet bestellt hat. "Endlich kann ich mal ein schönes Kleid auf einem Termin anziehen", sagt Fahimi. Dann posiert sie mit Natascha Kohnen fürs Foto mit dem Brauereipferd Bubi. Kutscher Martin Weiderer weiß zunächst nicht, wen die Pressefotografen da mit seinem Kaltblüter ins Visier nehmen. Auch manche Umstehende rätseln: "Wer is etz des?" Darüber aufgeklärt, kommt dann "aah, de is des". Dann, im Zelt, wird Bier getrunken, gegessen und politisiert. Da ist Fahimi so in ihrem Element, dass sie vor lauter Reden ihre Fleischpflanzln kalt werden lässt. Aber das ist halt das Wesen eines Stammtisches. Man ist zum Reden da, das beherrschen nicht nur konservative Stammtischpolitiker.

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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