Brauchtum:Auf dem Weg nach oben

Die Nachbargemeinden Planegg und Gräfelfing stellen ihre neuen Maibäume beinahe gleichzeitig auf. Nun ragen sie an prominenter Stelle 30 Meter in den Himmel - und werden nach fünf Jahren ersetzt

Von Rainer Rutzund Annette Jäger, Planegg/Gräfelfing

Für die einen ist der Maibaum ein christliches Symbol, für die anderen eher heidnischen Ursprungs. Unbestritten ist jedenfalls, dass das Aufstellen eines Maibaums im Alpenländischen seit jeher als Zeichen dörflichen und auch städtischen Zusammenhalts gilt. Auch deshalb ist mit dem heutzutage eher technischen Akt des Aufstellens der darauffolgende Tanz in den Mai verbunden.

Das ist an diesem 1. Mai auch in Planegg nicht anders, wo man zur Gaudi des zahlreich erschienenen Publikums nach fünf Jahren den alten Baum am Marktplatz durch ein neues Exemplar ersetzt. Der 30 Meter hohe kerzengerade Stamm wurde in einem Wald nahe Fronloh geschlagen, gestiftet hat ihn Baron Freiherr von Hirsch. Organisiert wurde das ganze Spektakel wie immer von den Mitgliedern des rührigen Brauchtumsvereins "D' Almarösler" aus Planegg. Dem alten Brauch zufolge wurde der Baum die Nächte davor bewacht, und beinahe wäre es wieder einmal schiefgegangen: Denn am vergangenen Wochenende, als die Wachen um halb acht Uhr in der Früh schon gegangen waren, kamen 40 junge Burschen aus Unterbrunn und wollten auf das Grundstück des Barons, wo der frische Stamm lag, gelangen. Doch sie wurden vom Verwalter entdeckt und verjagt, erzählt Josef Stöckl von den Almaröslern. Zweimal schon in den vergangenen Jahren hatten die Unterbrunner einen Baum aus Planegg gestohlen.

Brauchtum: Ein bisschen noch, dann steht er: Der Planegger Maibaum auf dem Weg in die Vertikale.

Ein bisschen noch, dann steht er: Der Planegger Maibaum auf dem Weg in die Vertikale.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Um halb elf Uhr am Vormittag wird der neue Baum mit Hilfe eines Krans aufgerichtet, Männerkraft ist bei der Millimeterarbeit weniger gefragt, allein der Kran wuchtet das tonnenschwere Stück ganz langsam in die Halterung. Dazwischen singen und tanzen die Almarösler, und als die Glocken von Sankt Elisabeth Mittag läuten, wird der in den grauen Himmel ragende Stamm mit fünf Böllerschüssen der Feuerwehr begrüßt.

Pfarrer Johannes von Bonhorst segnet das mit den Bildern der Kirche, von Maria Eich und zahlreichen Zunftzeichen handwerklicher Berufe geschmückte Stück. Fünf Jahre muss der stolze Stamm nun durchhalten, bei Wind und Wetter, bevor nach vier Jahren wieder die langwierigen Vorbereitungen für einen neuen Maibaum beginnen.

Brauchtum: Der Gräfelfinger Maibaum wird von Pfarrvikar Martin Siodmok gesegnet.

Der Gräfelfinger Maibaum wird von Pfarrvikar Martin Siodmok gesegnet.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Auch in der Nachbargemeinde Gräfelfing wird am Montag ein neuer Maibaum aufgestellt. Um zehn Uhr morgens strahlt der Himmel noch weiß-blau, genauso wie der frisch getünchte Maibaum. Gräfelfinger in Tracht strömen herbei. Die Gräfelfinger Pfarrer, Bernd Reichert, Markus Zurl und Pfarrvikar Martin Siodmok geben dem Stamm noch ein Gebet mit auf den Weg nach oben, dann zieht ihn ein Kran in die Senkrechte. Markus Feuerer von den Gräfelfinger Maibaumfreunden, die den Baum die vergangenen drei Wochen gut bewacht haben, wirft immer wieder prüfende Blicke die Stange hinauf und gibt dem Kranführer letzte Anweisungen, bevor die Maibaumfreunde die Schrauben endgültig justieren: mehr rechts, noch etwas - passt. Eine gute halbe Stunde später steht der neue Gräfelfinger Maibaum fest in seiner Verankerung. "Der Baum ist höher als der letzte", kommentiert ein Zuschauer mit Blick in den Himmel. Fast 30 Meter misst der Neue, gespendet wurde er von dem Martinsrieder Waldbesitzer Achim Zercher. Ganz Gräfelfing scheint auf den Beinen zu sein, die Biergartenbänke sind alle belegt. Bürgermeisterin Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing/IGG) zapft mit drei Schlägen das Bierfass an, dann entschwindet sie mit Markus Fuchs, dem Kommandanten der Feuerwehr, auf der Drehleiter nach oben, um den Kranz, den Hahn und die Fahne an der Spitze des Maibaums zu befestigen. Um 11.26 Uhr ist das Werk vollendet.

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