Andenken für Touristen:Wer hinter den Souvenirs in bayerischen Museen steckt

Lesezeit: 4 min

Harald Brunnhuber entwickelt das Produktsortiment, das die bayerischen Schlösser in ihren Museumsshops anbieten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Tücher mit Kutschendekor aus Nymphenburg oder Taschen mit Ornamenten aus Herrenchiemsee: Harald Brunnhuber entwickelt ganz spezielle Andenken.

Von Barbara Hordych

Aus Schloss Neuschwanstein kommen der Schwan und die Lilie in Gold auf blauem Grund. Das Wappen vom Königreich Bayern stammt aus Linderhof, die Blumenornamente finden sich auf Möbeln aus Herrenchiemsee. Und die ostasiatischen Dekore sind vom Spiegelsaal der Würzburger Residenz inspiriert - alle genannten Motive zieren Porzellantassen, Kissen, Taschen, Tischwäsche, T-Shirts oder Schals. Stilvoll in Vitrinen arrangiert werden sie in individuell gestalteten Museumsshops angeboten, die sich in direkter Nähe der bayerischen Schlösser befinden.

Harald Brunnhuber, 56, ist der Mann, der für die Entwicklung dieses Produktsortiments, die Planung, Einrichtung und den Betrieb dieser Läden zuständig ist. Er ist Vorstand der 1999 von ihm gegründeten Kulturgut AG, die als privatwirtschaftlicher Partner der Bayerischen Schlösserverwaltung deren Museumsshops betreibt. Die hat ihren Sitz in einem der Kavaliershäuser im Nördlichen Schlossrondell, weshalb Brunnhuber Schloss Nymphenburg und den Park immer direkt vor Augen hat. Dem selbstverständlich auch ein Museumsshop angegliedert ist.

Im Vorraum seines lichtdurchfluteten Büros stehen weiße Regale, darin viele der meistenteils nach seinen Ideen entwickelten Exponate. Beinahe zärtlich streicht er auf dem Weg zu seinem Schreibtisch über einen quadratischen Karton mit zartem weiß- hellblauen Streifendekor, eine entsprechende Einkaufstüte zieren zusätzlich das Monogramm Ludwig II. und Embleme der bayerischen Schlösser. "Nur Verpackungsmaterial, sicher, aber wir haben den Anspruch, erstklassige Qualität mit liebevollem Design zu kombinieren", sagt Brunnhuber.

Designer sollen Motive aus den Schlössern aufgreifen

Und schon ist man bei seiner Unternehmensphilosophie angelangt, die der smarte, athletisch wirkende Unternehmer eloquent umschreibt: Es gehe ihm bei seinen Produkten darum, die "Einzigartigkeit der Museen in ihren Shops widerzuspiegeln". Dabei lasse er sich von dem inspirieren, was er in den jeweiligen Schlössern vorfinde. "Nehmen wir etwa das Marstallmuseum hier in Nymphenburg: Dort stehen noch Kutschen von Ludwig II. Natürlich käme ich niemals auf die Idee, diese in Schokolade zu gießen", sagt er. Stattdessen bittet er seine Designer, diese als Motiv für modische Accessoires zu verwenden. Und so gibt es im Museumsshop in Schloss Nymphenburg Schals und Tücher mit schwarzem Kutschendekor - immerhin aus hundertprozentiger Seide.

Die Produkte in den Museums-Shops von Harald Brunnhuber sind von den jeweiligen Schlössern inspiriert. (Foto: Kulturgut AG)

Nach Brunnhubers Aussage können die Museumsläden der bayerischen Schlösserverwaltung heute weltweit den größten Anteil an individuell erstellten, themenspezifischen Produkten anbieten. Produkte, deren Ertrag alle Herstellungskosten deckt und die Existenz eines privatwirtschaftlichen Unternehmens wie der Kulturgut AG sichert. Die setzt im Jahr mit 70 Mitarbeitern rund acht Millionen Euro um. Dabei besteht nicht nur eine Public-Private-Partnerschaft mit der bayerischen Schlösserverwaltung, sondern seit 2002 auch mit einer anderen, sehr bayerischen Marke, dem staatlichen Hofbräu München.

Wie sich die Karriere Brunnhubers entwickelte

Aufgewachsen ist Brunnhuber im oberbayerischen Kiefersfelden nahe der österreichischen Grenze. Die Kindheit verbrachte er, wie es dort üblich ist, auf Skiern. Mit 19 Jahren wurde er 1979 zum ersten deutschen Meister im Buckelpistenfahren gekürt. Eine noch recht unbekannte Disziplin, die er im Anschluss an seine eigene Profizeit im Wettkampfbereich als zuständiger Referent im deutschen Skiverband dabei unterstützte, olympische Disziplin zu werden.

1988 war Ski Freestyle dann "Vorstellungssportart" bei der Winterolympiade im kanadischen Calgary, bei den darauffolgenden Winterspielen 1992 in Albertville hatte sie Premiere als Medaillensportart. Für Brunnhuber der geeignete Zeitpunkt, sich vom Skiverband zu verabschieden und sein BWL-Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität abzuschließen.

Seine berufliche Laufbahn begann er beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte. Gibt es so etwas wie eine Verbindung zwischen seinen beiden Leben - dem eines Skiprofis und dem eines Unternehmensberaters? Brunnhuber überlegt. "Vielleicht ist das Gemeinsame an beiden Tätigkeiten, dass ich mich jeden Tag mit unberechenbaren Faktoren beschäftige, ob nun Kunden oder Kollegen." Ebenso seien die Pisten jeden Tag anders, sagt Brunnhuber, der auch heute noch nahezu täglich Sport treibt. Einerlei ob als Skifahrer oder als Unternehmensberater: Immer gelte es, sich auf eine komplett neue Situation einzustellen.

Ein befreundeter Investor und Förderer aus einer alten Münchner Unternehmerfamilie gab schließlich den Anstoß, noch einmal die Seiten zu wechseln: Gemeinsam gründete man die Kulturgut AG, bis heute ist Brunnhuber alleiniger Vorstand dieser Aktiengesellschaft. Als sich die Chance ergab, für das bayerische Finanzministerium als zentraler Organisator die Besucher- und Serviceeinrichtungen der Bayerischen Schlösserverwaltung zu übernehmen, griff er zu.

Museum der bayerischen Geschichte
:Der Duft des Kini

In drei Jahren eröffnet in Regensburg das Museum der bayerischen Geschichte. Die Planer haben bereits einige skurrile Schauobjekte zusammengetragen.

Von Stefan Mayr

Die Idee, Museumsshops mit individuell designten Produkten zu bauen, hatte er damals nicht als Einziger. Etwa zeitgleich, 1997, wurde in München auch das Unternehmen Cedon gegründet. Es unterhält heute zwölf Läden in Museen in München und Bayern, aber auch in Berlin. "Insgesamt hat der Markt für Museumsshops schon expandiert, den betreiben die Häuser nicht mehr selbst", sagt Einkäuferin Yvonne Zvirka.

Was die Produkte in den Shops auszeichnet

Cedon ist unter anderem mit Museumsshops in den Pinakotheken und der Kunsthalle vertreten, auch sie getragen von der Grundidee, ihre Produkte mit aus den Museen abgeleiteten Motiven individuell zu gestalten. Darunter sind etwa Lesezeichen, die mit den Seerosen von Monet aus der Neuen Pinakothek oder mit van Goghs Sonnenblumen bedruckt sind. Die sind auch als ganze Kollektion für "Wiederverkäufer" im Angebot, können in Papeterien und großen Kaufhäusern erworben werden.

Anders verhält es sich mit den Produkten der Kulturgut AG, die es exklusiv nur in deren Läden zu kaufen gibt. Freilich reicht es nicht aus, nur gute Produkte zu entwickeln, situationsgerechte Shops zu bauen und diese zu betreiben. Man müsse auch kommunizieren, sagt Brunnhuber. Am effektivsten sei das dort, wo sich die potenzielle Kundschaft befinde. Deswegen holt Brunnhuber seine internationale Kundschaft dort ab, wo sie zu Hause ist. In Zusammenarbeit mit dem Flughafen München, der München Tourismus oder der Bayern Tourismus Marketing GmbH (die offizielle Vermarktungsgesellschaft der bayerischen Tourismus- und Freizeitwirtschaft) reist er regelmäßig bis nach Asien, nach Arabien, nach Indien, um dort die relevanten Multiplikatoren wie Presseagenturen und große Reiseunternehmen über das Reiseziel Bayern zu informieren.

"Wer auf Reisen ist, hat auch Lust zu shoppen", sagt Brunnhuber. Nach Hause mitnehmen könne man natürlich eine beliebige Tasche eines Designers von der Maximilianstraße. Doch die bekomme man in der Regel überall auf der Welt. Nicht so die Produkte aus seinen Museumsshops. "Sie sind gewissermaßen Botschafter aus Bayern - mit ihnen kann man sich ein Stück Einzigartigkeit nach Hause holen."

© SZ vom 21.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Schloss Neuschwanstein
:Königliche Pannenliste

Touristenabzocke bei den Eintrittskarten, vergessliche Kutscher und ein Tresor im Keller: In der Betrugs-Affäre rund ums Schloss Neuschwanstein werden neue pikante Details bekannt. Eine ganz und gar nicht königliche Zusammenfassung.

Von Stefan Mayr

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: