Botanischer Garten:Und sie blüht doch

Die Titanenwurz im Botanischen Garten wird blühen

Obwohl die Spitze der Titanenwurz beschädigt ist, wird die Pflanze wohl blühen.

(Foto: Robert Haas)

Die Blüte der Titanenwurz öffnet sich nur selten, nun ist es wieder soweit im Botanischen Garten - obwohl jemand die Spitze der Pflanze beschädigt hat.

Von Jasmin Siebert

Von Drama war die Rede auf Twitter, von Spannung sowieso und immer wieder ging es um die lädierte Spitze der Titanenwurz. "Wird sie es trotz des Spitzenverlusts schaffen, sich im unteren Bereich zu entfalten? Wir bangen, hoffen, glauben daran", hat Ehrentraud Bayer, leitende Sammlungsdirektorin des Botanischen Gartens in Nymphenburg, noch am Samstagmorgen getwittert.

Tagelang fieberten sie im Botanischen Garten in Nymphenburg der Blüte der Titanenwurz entgegen - nun endlich ist es soweit, trotz Verletzung: Am Donnerstag hatte jemand ein Stück des Kolbens weggesäbelt, am Montagnachmittag begann sie dennoch sich zu öffnen. Von Dienstag an wird die Blüte laut Botanischem Garten für kurze Zeit zu sehen sein.

Es riecht nach Verwesung

Es war fast ein Krimi, der sich da abspielte im Botanischen Garten, mit der Titanenwurz als Hauptdarstellerin. Am Freitag hatte ein Gärtner bemerkt, dass ein Stück des Kolbens auf dem Boden neben der Pflanze lag. Jemand muss es am Donnerstag kurz vor Schließung der Gewächshäuser abgesäbelt haben. Bayer schließt aus, dass das Stück einfach abgebrochen ist. Vermutungen, wer die Pflanzenspitze beschädigt haben könnte, hat sie nicht. "Wir tappen da echt im Dunkeln", sagt sie. Anzeige erstattet hat sie nicht, ohne konkreten Verdacht bringe das nichts, glaubt Bayer.

Ab und zu schnitten sich Besucher - Bayer nennt sie "Zufallstäter" - Ableger von Pflanzen ab, was streng verboten ist. Deswegen sind bereits zahlreiche seltene Pflanzen durch Glasscheiben geschützt. Mutwillige Zerstörungen kämen aber eher selten vor. Das abgesäbelte Kolbenstück der Titanenwurz - außen ledrig zäh, innen locker schwammig - hielt Bayer in den letzten Tagen Besuchern unter die Nase. Es riecht leicht nach Verwesung.

Ähnlich wie der Geruch ist auch der botanische Name der Pflanze nicht schmeichelhaft: amorphophallus titanum heißt so viel wie "unförmiger Riesenpenis". Heimisch ist sie auf Sumatra und wenn sie blüht, zeigt sie den größten Blütenstand der Welt. Ihr auffälligstes Merkmal ist der Aasgeruch, den sie absondert, wenn sie blüht.

Die Blüte lockt Insekten mit Aasgeruch

Bis sie zum ersten Mal blüht, ziehen allerdings viele Jahre ins Land. 17,5 Jahre ist die Knolle nun alt, die der Frankfurter Palmengarten den Münchner Botanikern im März geschenkt hat. Geblüht hat dieses Exemplar noch nie. In München wurde die 32 Kilogramm schwere Knolle alsbald dicker und dicker. Anfang Mai stand fest: Es wird eine Blüte kommen. Und so warteten sie im Botanischen Garten seit Tagen auf das seltene Ereignis, am Pfingstwochenende stürmte Ehrentraud Bayer jeden Morgen ins feuchtwarme Gewächshaus - obwohl sie frei gehabt hätte. Doch das Hüllblatt schmiegte sich das Wochenende über um den stämmigen, knapp 1,40 Meter hohen Kolben. An den Blattspitzen war die violette Farbe der Innenseite zu erkennen. Das markanteste Merkmal machte sich noch nicht bemerkbar: Wenn sie blüht, lockt die Blume Insekten mit Aasgeruch.

Am Montagnachmittag war es dann soweit: "Sie öffnet sich, sie öffnet sich!", schrieb Bayer auf Twitter. Das Hüllblatt begann, sich zu öffnen und einen Geruch nach verwesendem Fleisch auszuströmen. Bis sich die Blüte komplett öffnet, dauert es mehrere Stunden. Zunächst öffnet sich ein Ring weiblicher Blüten, der innen im Trichter sitzt. Am zweiten Tag folgen die männlichen Blüten. Und dann wird die Blüte wieder verwelken.

Der Botanische Garten überlegt, am Dienstag ausnahmsweise bis 24 Uhr zu öffnen.

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