Bombensprengung in Schwabing:Teurer Knall

Die Versicherungskammer schätzt den Schaden durch die Bombensprengung in Schwabing auf vier Millionen Euro. Kritiker machen für das Ausmaß der Zerstörungen das Vorgehen des Kampfmittelräumdienstes verantwortlich. Doch der weist die Vorwürfe zurück.

Florian Fuchs und Sebastian Krass

Eine Woche nach der Sprengung der Fliegerbombe in der Feilitzschstraße hat die Versicherungskammer Bayern eine erste Schätzung der Schadensumme veröffentlicht: Die Gutachter von Bayerns größtem Gebäudeversicherer gehen an den bei ihnen versicherten Häusern zunächst von einem Schaden von mindestens vier Millionen Euro aus - allerdings sind die Untersuchungen der Sachverständigen in Schwabing noch nicht beendet. "Bei uns gehen noch immer Schadensmeldungen ein, deswegen ist die Summe nur eine vorläufige Schätzung", sagte eine Sprecherin der Versicherungskammer. Auch sind die Schadenssummen anderer Versicherer noch nicht bekannt, die Allianz zum Beispiel hatte am Mittwoch auf Nachfrage keine Zahlen vorliegen. Andreas Heil, Betriebsleiter Bayern des Kampfmittelräumdienstes Tauber, schätzt, dass sich der Schaden noch auf etwa zehn Millionen Euro addieren könnte. Ursprünglich habe man mit 15 Millionen Euro gerechnet, sagte er der SZ.

Sachverständige der Versicherungskammer haben bisher mehr als 20 Gebäudeschäden begutachtet. Gleichzeitig meldeten Gewerbetreibende Verdienstausfälle, beschädigte Waren und kaputte Geräte. "Ein Gros der Schäden machen zerstörte Fenster und Rahmen aus", sagte die Sprecherin. Auch Risse in Mauern sowie verrußte Fassaden wurden in die Schadensliste aufgenommen. Die Gutachter der Versicherung setzen ihre Arbeit im Laufe der Woche fort. Das Unternehmen kündigte in einer Stellungnahme an, die über Gebäude- und Hausratversicherungen abgedeckten Schäden zu übernehmen. Stadt und Freistaat dagegen haben noch keine Fortschritte in der Diskussion über öffentliche Unterstützung erzielt. Mögliche Hilfen würden weiter geprüft. "Geschädigte, die Härtefälle geltend machen wollen, sollen sich melden", sagte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums.

Der Kampfmittelräumdienst Tauber, der vom Freistaat mit der Beseitigung der Bombe beauftragt war, wehrt sich unterdessen gegen Vorwürfe, bei der Sprengung unsachgemäß vorgegangen zu sein. Bei den Diskussionen um die Höhe des Schadens taucht immer wieder die Frage auf, warum vor der Sprengung nicht bei den umliegenden Gebäuden Fenster und Türen geöffnet wurden. Ein sonst offenbar durchaus übliches Vorgehen bei Sprengungen, um die Druckwelle besser entweichen zu lassen sowie Glas und Rahmen zu schützen. Davon habe man in diesem Fall nach langen Diskussionen Abstand genommen, um zu verhindern, dass umherfliegendes, brennendes Stroh Feuer in den Wohnungen auslöst, erklärte Kampfmittelräumer Heil.

Manche Kritiker ziehen daher die Wahl des Strohs als Dämmmaterial in Zweifel. Der Einsatz von Ästen wäre sinnvoller gewesen, heißt es. Denn diese minderten die Druckwelle besser, wenn sie richtig eingesetzt würden, zudem schützten sie besser vor umherfliegenden Splittern - und es bestehe nicht die Gefahr einer Staubexplosion wie bei Stroh. Auch darüber habe man nachgedacht, sagte Heil. "Aber es wäre in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, genug Ästebündel herbeizuschaffen." Stattdessen seien "vier große Anhänger" mit Heuballen und Stroh zum Einsatz gekommen, "40 bis 50 Tonnen", schätzt Heil. Eine Staubexplosion habe es nicht gegeben. Neben Anwohnern und Eigentümern beschäftigt die Debatte um das Stroh auch das Innenministerium. Es hat von der Firma Tauber eine Stellungnahme dazu angefordert und inzwischen auch erhalten, wie ein Sprecher bestätigte. Diese werde nun geprüft.

Die geplanten Bauarbeiten auf dem Grundstück sind von dem Bombenvorfall nur unwesentlich beeinträchtigt, wie sich inzwischen ergeben hat. Der für September geplante Baubeginn verzögere sich nur "um einige Tage", teilte die Investorenfirma, die Hamburgische Immobilien-Handlung, mit. In den vergangenen Tagen hatten in der Nachbarschaft Spekulationen die Runde gemacht, der Baubeginn werde sich massiv verzögern, etwa wegen möglicher Gefahren für die Statik umliegender Häuser, wenn die Tiefgarage ausgehoben wird. Doch auch die Lokalbaukommission der Stadt erklärte: Bei den Bauarbeiten seien keine neuen Vorsichtsmaßnahmen nötig, "die Statik der umstehenden Gebäude ist gewährleistet".

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