Bogenhausen:Von einem Text zum andern

Für eine Nacht wird Bogenhausen zum Spielort für das erfolgreiche Projekt "Hörgang". Mehr als 30 Autoren lesen an wechselnden Orten Romanauszüge, Blogs, Kabarettszenen und Lyrik

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Es geht um Worte und um Orte, ums Zuhören und ums Spazierengehen - von einer Lesung zur nächsten. "Hörgang" heißt das Projekt, das Veranstalter Otger Holleschek seit acht Jahren in jedem Frühling in einem anderen Stadtviertel organisiert. Nach dem Hasenbergl und der Schwanthalerhöhe in den vergangenen Jahren ist am Samstag, 20. Mai, Bogenhausen an der Reihe: Von 20 Uhr an lesen mehr als 30 Autoren an mehr als 30 Orten.

Ungewöhnlich ist das Format, weil nicht nur die Zuhörer zwischen den Veranstaltungen pendeln, sondern auch die Akteure. Jede Lesung beginnt zur vollen Stunde und dauert 15 bis 20 Minuten, dann ist Szenenwechsel. Schriftsteller Albert Ostermaier etwa tourt einen Abend lang durch Alt-Bogenhausen: Von der Tierarztvilla an der Flemingstraße 90 spaziert er zu Schenkel-Fiola Blechverformungen, dem Feinblech-Spezialisten an der Montgelasstra- ße 15, schlendert zur Monacensia, Maria-Theresia-Straße 23, und beschließt den Abend im Munich Fightclub an der Newtonstraße 13. Das Publikum darf mitwandern und das Viertel erkunden oder auf die nächste Lesung am alten Ort warten.

Kafe Kult in München, 2011

Spazieren und zuhören: Zu den Adressen der Lesungen zählt auch das "Kafe Kult".

(Foto: Robert Haas)

Denn genauso wichtig wie die Worte und ihre Verfasser sind Veranstalter Holleschek die Orte der Lesungen. Sorgsam werden sie ausgewählt, viele ungewöhnliche sind dabei. Florians Blumenpavillon am Kufsteiner Platz und die Gärtnerei Buchner an der Gumppenbergstraße 5 im Herzogpark zum Beispiel, das Oberföhringer Isarwehr am Max-Halbe-Weg 10, das Pegelhaus in den Maximiliansanlagen und die Ballettschule an der Menzelstraße 2. Und dann haben die Veranstalter neben Überraschungsgästen auch noch zwei Überraschungsorte im Programm. Die Adressen bleiben bis zur Veranstaltung geheim, auf der Homepage www.hoergang.com, auf der man sich bei der Ticketreservierung für den ersten Veranstaltungsort anmelden muss, steht dazu lediglich das Versprechen: "Achtung, lohnt sich".

Bogenhausen: "Florians Blumenpavillon" am Kufsteiner Platz.

"Florians Blumenpavillon" am Kufsteiner Platz.

(Foto: Catherina Hess)

Zu den Autoren des Bogenhauser Hörgangs gehören nicht nur renommierte Schriftsteller und beileibe nicht nur Münchner, zu den Texten nicht nur Kurzgeschichten oder Romanauszüge, sondern auch Blogs, Slams, Kabarettszenen und Lyrik. "Wenn es Buchstaben hat, kann es gelesen werden", heißt es auf der Homepage. Vortragen werden unter anderem Sela Miller aus München und Denis Leifeld aus Nürnberg, die Österreicherin Lisa Viktoria Niederberger und Schauspieler Götz Otto.

Zwar ist es eine Veranstaltung im Stadtbezirk, zwar zeigten sich viele Kommunalpolitiker von der Idee begeistert, doch für 7000 Euro Zuschuss, wie sie Otger Holleschek beantragt hatte, fand sich im Bezirksausschuss (BA) keine Mehrheit. Man hatte "Zweifel, ob das noch unter ehrenamtliches Engagement fällt", wie Ulrich Tetzner (CSU) sagte. Angesichts des Eintrittspreises von 17 Euro sei der kommerzielle Charakter zu ausgeprägt, außerdem habe Hollescheks brennt! GmbH den Zuschuss beantragt und eine GmbH sei "prinzipiell gewinnorientiert". Die Hörgänge der vergangenen Jahre endeten allerdings mit Defiziten, die großteils durch Spenden ausgeglichen wurden. Und Holleschek argumentierte in der Sitzung, Professionalität sei unabdingbar, wenn man mit Dutzenden Autoren verhandle. Der BA unterstützt den Hörgang nun mit 5000 Euro.

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