Bogenhausen:Mit dem Rotstift ruiniert

Der Bürger- und Kulturtreff in Oberföhring sollte ein Vorzeige-Projekt werden. Dann wurde es um zehn Prozent abgespeckt. Im Bezirksausschuss ist man nur noch fassungslos, weil von der Qualität nicht mehr viel übrig ist

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Hundert Stehplätze statt der Sitzplätze auf der Galerie, eine rudimentäre Beleuchtungs- und Tonanlage und völliger Verzicht auf Kunst am Bau: So hat das Kommunalreferat es geschafft, am geplanten "13er Bürger- und Kulturtreff" im Wohngebiet Prinz-Eugen-Park in Oberföhring zehn Prozent der Kosten einzusparen. Aus Sicht des Bezirksausschusses (BA) Bogenhausen fällt das Ergebnis allerdings so desaströs aus, dass die Mitglieder ihre Reaktion jetzt erst einmal bei einem informellen Treffen abstimmen wollen. Das Thema wurde in der Sitzung am Dienstagabend ohne Debatte vertagt, ebenso wie ein Antrag der CSU, auf dem Gelände vor dem Cosimabad "ein großzügig dimensioniertes und vielseitig nutzbares Kulturbürgerhaus" zu bauen.

Der "13er Bürger- und Kulturtreff" in Oberföhring ist ein Pilotprojekt, weil er soziale und kulturelle Nutzungen in einem Gebäude bündelt. Kulturverein, Alten- und Service-Zentrum, Familientreff und Nachbarschaftstreff sollen sich den Neubau teilen, sollen auf denselben Flächen zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedliche Projekte verfolgen, Synergieeffekte nutzen. Als Theatersaal für 300 Zuschauer war ursprünglich zusätzlich die Aula der benachbarten Grundschule vorgesehen. Wegen einer Panne wurde sie aber zu niedrig konzipiert, sodass der Saal für 200 Personen im Bürgertreff nachträglich noch eine Galerie mit knapp 100 weiteren Plätzen verpasst bekam. Dann allerdings entschied der Stadtrat im Herbst 2016, dass die Planung aus Kostengründen abgespeckt werden muss. Zehn Prozent sollten weg - statt gut 11,3 Millionen Euro will die Stadt nur noch 10,2 Millionen ausgeben.

Jetzt hat das Kommunalreferat die Umplanung fertig. Mehr als die Hälfte der Einsparsumme von knapp 1,2 Millionen Euro kommt dadurch zusammen, dass fast alle Räume um zehn Prozent verkleinert werden. Im Saal sind es sogar 12,5 Prozent, die Galerie entfällt wieder. Dadurch kann die Raumhöhe um 55 Zentimeter reduziert werden, was ebenfalls Geld spart. Der Saal hat nur noch die ursprünglichen 200 Sitzplätze, insgesamt passen aber "300 Personen (stehend)" hinein, genau wie in der Betriebsbeschreibung verlangt.

Knapp 680 000 Euro insgesamt lassen sich mit der Verkleinerung der Räume sparen, 75 000 kommen dazu, weil die motorisch absenkbaren Deckensegel gestrichen sind, die dazu gedacht waren, das ungute Gefühl zu verringern, das vor allem ältere Menschen in sehr hohen Räumen befallen kann. Die eingebaute induktive Höranlage für Zuschauer mit Hörbehinderung wird bei Bedarf durch mobile Geräte ersetzt. An der Veranstaltungstechnik will das Kommunalreferat ebenfalls sparen, zumindest bei der Erstausstattung. Später könne man die Aufrüstung von Beleuchtungs- und Tonanlage über den Betriebskostenzuschuss mitfinanzieren, heißt es in der Vorlage. Die Einsparung bei diesem Posten beträgt gut 280 000 Euro. Für die kulturelle Nutzung seien infolge der Sparrunde "Einschränkungen zu erwarten".

Die restlichen gut 160 000 Euro streicht das Kommunalreferat, indem es komplett auf einen Etat für Kunst am Bau verzichtet. Bis zu zwei Prozent der Bausumme öffentlicher Gebäude fließen normalerweise in diesen Posten. Doch im Fall des Bürger- und Kulturtreffs lasse sich eine Ausnahme machen, argumentiert das Kommunalreferat. Die vielen Nutzergruppen sollten "in dem Gebäude auch die Möglichkeit bekommen, sich in ihrer ganzen Vielfalt zu präsentieren und diesen Ort zu bespielen".

Verworfen wurde dagegen die Idee, den Nachbarschaftstreff in ein eigenes Gebäude auszugliedern. Da lasse sich wenig sparen, schließlich fielen Mietkosten an, urteilt das Kommunalreferat. Außerdem wäre dann eine "zeitintensive Umplanung" erforderlich, und der Bürger- und Kulturtreff würde städtebaulich zu klein ausfallen, um sich gegenüber den Wohngebäuden ringsum optisch zu behaupten.

"Mich haben die Vorschläge etwas fassungslos gemacht", sagte die BA-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) in der Sitzung. Es war der einzige Kommentar. Der BA will jetzt Mühe und Herzblut auf seine Stellungnahme verwenden, die Mitglieder äußern dennoch wenig Hoffnung, dass der Stadtrat nach der Sommerpause noch ein Einsehen haben könnte. Die Qualität des Projekts sei ruiniert.

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