Bogenhausen:Land des Lächelns

Lesezeit: 2 min

Manfred Lehners Fotos fangen die Arbeit der "Clowns ohne Grenzen" in Flüchtlingscamps ein

Von Jutta Czeguhn, Bogenhausen

Der bewegendste Moment? Manfred Lehner muss eine Weile nachdenken. Wahrscheinlich kommen ihm, dem Fotografen, unüberschaubar viele Bilder vors innere Auge. Vielleicht erscheint ihm die Frage auch zu nebensächlich. Dann hat er sie aber doch gefunden, jene Szene, die sich in der Erinnerung ganz nach vorne schiebt: "Die Show ist vorbei, die Clowns holen ihre Schminksachen, um die Kinder anzumalen. Und die rennen auf die Clowns zu und wollen sie drücken. Die totale Freude."

Erlebt hat Manfred Lehner diesen Moment intensivster Gefühle in einem Flüchtlingscamp in Georgien im Jahr 2010, auf seiner ersten Reise mit den "Clowns ohne Grenzen". Der Verein schickt professionelle Clowns in Krisengebiete und hat es sich zum Prinzip gemacht, immer auch einen Fotografen dabei zu haben. Mittlerweile hat Lehner, gelernter Grafiker, sie auch durch Indien begleitet. Zuletzt war der Mann aus Valley mit den Clowns in Notunterkünften, Schulen und Heimen in Deutschland unterwegs. Seine Fotoreportagen zeigt das Kunstforum Arabellapark jetzt in einer Ausstellung in der Stadtbibliothek Bogenhausen am Rosenkavalierplatz 16.

Ins georgische Flüchtlingscamp Preseti hat Manfred Lehner die Clowns begleitet. (Foto: Manfred Lehner)

Warum die Clowns gerade ihn dabei haben wollten, kann der 62-jährige nicht sagen. Nach einer Ausstellung im Holzkirchner Kulturhaus Oberbräu seien sie auf ihn zugekommen. "Vielleicht hat es damit zu tun, dass es in meinen Bildern immer um den Menschen geht", überlegt er. Seine Fotografien weisen Lehner als einen zurückhaltenden, dabei freimütigen Beobachter aus, der sich nicht über die Abgebildeten stellt. Um nicht störend zu wirken, setzt sich er sich schon mal selbst eine Clownsnase auf. Man merkt den Bildern an, dass es ihm nicht darum ging, Leid in möglichst raffiniert ausgeleuchtetem Setting abzulichten. Blitz verwendet er grundsätzlich nicht auf diesen Reisen. Es gebe eine Grenze des Sichtbarmachens, sagt Lehner. Er hoffe immer, den Moment zu erkennen, wenn er die Kamera wegzulegen hat. "Unsere Hauptaufgabe als Fotografen bei diesen Reisen ist es zu zeigen, was passiert, wenn die Clowns da sind".

Viele von Lehners Bildern lassen die Lebensverhältnisse in den Lagern vergessen. Menschen, die ein Mann mit roter Clownsnase zum Lachen bringt, sehen überall gleich aus. Dass diese Kinder, Frauen und Männer in einem von der Welt vergessenen georgischen Flüchtlingslager festsitzen, erzählt die Fotografie nicht. Besonders eindrucksvoll werden Lehners Arbeiten, wenn das Dokumentarische und das Künstlerische eins werden: Clowns ziehen durch eine blühende Blumenwiese, ihnen folgen die Kinder, wie beim Rattenfänger von Hameln. Oder eine Steppenlandschaft, verloren sitzt ein Clown auf seinen Koffern und spielt Klarinette. Im Hintergrund Strommasten und ein paar Baracken.

Ein Clow macht Musik. (Foto: Manfred Lehner)

Vor über einem Jahr, erzählt Manfred Lehner, haben er und das Kunstforum mit der Planung der Ausstellung begonnen. Damals habe niemand auch nur geahnt, welche Entwicklung die Flüchtlingssituation nehmen wird. Lehner, der wie die Clowns ehrenamtlich in seiner Freizeit reist, will weitermachen. "Warten" ist das Thema seiner Fotografien aus deutschen Flüchtlingsunterkünften. "Denn das ist es, womit die Menschen dort am meisten beschäftigt sind". Die Clowns wollen ihnen dabei ein klein wenig die Zeit verschönern.

Manfred Lehner - Clowns ohne Grenzen. Bis 30.Oktober, Kunstforum Arabellapark: Mo, Di, Do und Fr 10 bis 19 Uhr, Mi 14 bis 19 Uhr.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: