Bogenhausen:Besser als nichts

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Auswege gesucht: Der Radsportverein Tretlager wird beim Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums weichen müssen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Bezirksausschuss arrangiert sich mit dem Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums im Klimapark am Salzsenderweg. Er will sich aber dem Zeitdruck nicht beugen

Von Ulrike Steinbacher

Mit dem Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums im Klimapark am Salzsenderweg ist der Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen einverstanden, wenn auch unter Vorbehalt. Am Dienstagabend gaben die Stadtviertelvertreter zum jüngsten Vorschlag des Referates für Bildung und Sport (RBS) eine positive Stellungnahme ab, nur Nicola Holtmann (ÖDP), Andreas Nagel (David contra Goliath) und Holger Machatschek (Grüne) votierten dagegen.

Das Gymnasium aus den Siebzigerjahren soll seit 2007 renoviert und erweitert werden. Nach drei unterschiedlich umfangreichen, aber nie umgesetzten Sanierungsvorschlägen favorisiert das RBS jetzt einen Neubau. Inzwischen sind die Kosten für Klassenzimmer-Container explodiert und anstatt einen mehrstelligen Millionenbetrag in eine Zwischenlösung zu stecken, will die Verwaltung lieber in eine neue Schule investieren.

Bei einer Sondersitzung im März nannten Vertreter von RBS, Planungs- und Baureferat den Bezirksausschuss-Mitgliedern drei mögliche Standorte auf den wenigen Grundstücken, die die Stadt in Bogenhausen besitzt. Perfekt ist keiner: Das bisherige Schulgelände an der Elektrastraße im Arabellapark ist extrem eng; das Areal an der Brodersenstraße in Englschalking wurde bis 2029 zum Teil an die benachbarte Rudolf-Steiner-Schule verpachtet; am Salzsenderweg im Fideliopark entwickelt die Stadt gemeinsam mit Anwohnern einen Klimapark. In dem 140 000-Quadratmeter-Gebiet beeinträchtigt der 20 000 Quadratmeter große Neubau die Frischluftschneise. Umwelt- und Baureferat halten die Eingriffe für vertretbar.

Dass für das Hausenstein eine Lösung her muss, weiß jeder, die Schule ist mit gut 1200 Gymnasiasten deutlich überbelegt. Der Trend wird anhalten, im 13. Stadtbezirk mit jetzt 80 000 Einwohnern herrscht steter Zuzug. Direktor Wolfgang Hansjakob machte in der März-Sitzung deutlich, dass sein Gymnasium am liebsten in den Fideliopark ziehen würde. Dafür werde man auch die weiteren fünf Jahre in Kauf nehmen, die es nach Prognosen der Stadt bis zum Einzug dauert. Damit die Wartezeit sich nicht verlängert, drängten die Mitarbeiter der Verwaltung zur Eile: Als die Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) erklärte, der BA fordere einen Wettbewerb für eine gute architektonische Lösung in dem sensiblen Gebiet, entgegnete der RBS-Vertreter, dies verlängere die Planungsphase um bis zu ein Jahr.

In der BA-Sitzung am Dienstag kritisierten mehrere Redner den Zeitdruck, den die Stadtverwaltung aufbaut. Andreas Nagel verwies auf ähnliche Fälle, etwa den Abriss und Neubau des Seniorenheims an der Effnerstraße. "Im Schulreferat hat einer versäumt, sich rechtzeitig Gedanken zu machen, und jetzt muss alles ganz schnell gehen", fasste er zusammen, "das bin ich leid". Nagel forderte, in Ruhe einen sinnvollen Standort zu suchen. Nicola Holtmann schlug den Rückkauf der Fläche an der Knappertsbuschstraße vor, auf der eine russisch-orthodoxe Kirche entstehen soll. Holger Machatschek hielt es für denkbar, das Hausenstein in die dreizügige Grundschule auszulagern, die im Neubaugebiet Prinz-Eugen-Park errichtet werden soll. Er sprach von einer "städtebaulichen Sünde erster Ordnung", der Klimapark werde "scheibchenweise zerstört". Nagel sagte, die Stadt werde deswegen nicht ersticken, aber: "Was zubetoniert ist, ist weg. Und die Lebensqualität sinkt."

Die anderen BA-Mitglieder waren bereit, sich mit dem neuen Plan zu arrangieren. Allerdings wollen auch sie sich dem Zeitdruck nicht beugen und der Verwaltung auf die Finger schauen. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern sie einen sensiblen Umgang mit dem Klimapark und dem Kaltluftstrom. TU-Forschung zu Strömungsverhältnissen an Baukörpern solle genutzt werden, um die Bauten "ökologisch bestmöglich einzufügen". Außerdem fordern die Stadtviertelvertreter einen Architektenwettbewerb, zumindest aber einen Architektur-Workshop, und ein reguläres Bebauungsplanverfahren mit all seinen Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger, Gremien und Behörden. Und sie möchten - nach den jahrelangen schlechten Erfahrungen - einen Ablaufplan, der alle Schritte bis zum Einzugstermin verbindlich festlegt. Außerdem sollen die Bürger, die am Klimapark mitgeplant haben, über die neue Entwicklung informiert werden. Schließlich fordert der BA Umzugshilfe und einen neuen Standort für den Radsportverein Tretlager, dessen Gelände der Schule weichen muss. Den Hinweis, dass die Stadt öffentliche Dirt-Parks hat, der Verein also vielleicht kein Gelände braucht, quittierte Andreas Kräftner mit dem Satz: "Man kann auch keinen Schwimmverein in ein Kinderbecken umsetzen."

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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