Bluttat in München:Mord mit Koran gerechtfertigt

Bei einem blutigen Eifersuchtsstreit hat ein 27-Jähriger seine Lebensgefährtin erstochen. Die Frau soll fremdgegangen sein. Der Täter ist geständig.

Susi Wimmer

Ein 27-jähriger, arbeitsloser Lackierer hat in der Nacht auf Montag seine 24-jährige Cousine mit mehreren Stichen in die Brust getötet. Sie seien nach afghanischem Recht verheiratet gewesen, behauptet der mutmaßliche Täter, und laut dem Koran habe er das Recht gehabt, sie umzubringen. Die 24-Jährige hatte eine Eheschließung immer bestritten und eine Beziehung zu einem anderen Cousin unterhalten.

Bluttat in München: In diesem Haus in der Boschetsriederstrasse geschah der Mord.

In diesem Haus in der Boschetsriederstrasse geschah der Mord.

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Wenige Stunden nach der Tat sitzt Markus Kraus, Leiter der Mordkommission, vor der Presse und spricht von "unterschiedlichen Angaben zu den Familienverhältnissen". Nach ersten Ermittlungen kannten sich Täter und Opfer bereits aus ihrer Heimat Afghanistan. Die 24-jährige Hausfrau hielt sich schon seit längerem in Deutschland auf, der gelernte Lackierer kam erst vor gut einem halben Jahr nach München. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter, drei Jahre alt, und teilen sich auch an der Boschetsrieder Straße in Obersendling ein Appartement. Nach Informationen der SZ sind Täter und Opfer verwandt, als Cousin und Cousine.

Kurz nachdem der 27-Jährige in München bei der Frau aufgetaucht war, gab es bereits Ärger: Vor etwa einem halben Jahr, so erzählt Kraus, sei die Polizei zu der Wohnung in Obersendling gerufen worden. Es war zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, "verbal und tätlich". Bereits damals habe die 24-Jährige betont, sie sei nicht mit dem Mann verheiratet, weder nach afghanischem noch nach deutschem Recht, habe keine längere Beziehung mit dem Mann gehabt und auch nicht haben wollen.

Plötzlich zog er ein Messer und attackierte die junge Frau

Genau dieser Punkt war wohl auch Ursache für den letztendlich tödlichen Streit in der Nacht von Sonntag auf Montag. Die zwei waren bei gemeinsamen Bekannten zu Besuch, die im selben Haus wohnen. Alkohol, so sagt Markus Kraus, sei bei dem späteren Täter nicht im Spiel gewesen. Kurz nach Mitternacht erklärte die 24-Jährige, sie wolle jetzt noch ausgehen. Der Arbeitslose, der von der neuen Beziehung der Frau zu dem anderen, gemeinsamen Cousin wusste, wollte ihr das verbieten. Er zitierte eine Stelle im Koran und forderte von der Frau, sie müsse zu ihm zurückkommen. Die 24-Jährige lehnte vehement ab, da zog der 27-Jährige plötzlich ein Messer und stach mehrmals auf ihren Oberkörper ein.

Nachbarn alarmierten gegen 0.15 Uhr die Polizei. Streifenbeamte, die zuerst in der Wohnung eintrafen, begannen sofort damit, die leblose Frau zu reanimieren. Die Verletzungen waren allerdings so schwer, dass die Hausfrau wenig später im Krankenhaus starb. Der Täter flüchtete zunächst aus der Wohnung, kehrte aber wenig später zurück. Beamte der Inspektion Forstenried nahmen ihn an der Absperrung des Tatortes fest. Noch in der Nacht wurde der 27-Jährige mit Hilfe eines Dolmetschers vernommen. Er legte ein Geständnis ab "und er rechtfertigt seine Tat mit dem Koran, der es nach seinen Worten erlaubt, auf seine Ehefrau einzustechen", sagt Markus Kraus.

Da der Täter das Messer, wie die Polizei sagt, "verdeckt am Körper" gehalten und das Opfer damit heimtückisch attackiert hatte, hat die Staatsanwaltschaft München I einen Haftbefehl wegen Mordes erlassen. Die Tatwaffe fanden die Ermittler allerdings bislang noch nicht. Die Leiche der Frau wurde noch am Montag obduziert.

Sogenannten "Ehrenmorde", sagt Richard Thiess, stellvertretender Leiter der Mordkommission, gebe es in München immer wieder. Besonders dramatisch sei beispielsweise der Fall in Garching gewesen, als ein Ehemann am Tag der Scheidung seine Frau vor den Augen des Sohnen niedergestochen, mit Benzin übergossen und angezündet habe. Wobei Thiess die Grenzen zwischen "Ehre" und "Eifersucht" als fließend sieht. "Die Täter wollen ihre Tat oft mit hehren Motiven begründen. Dabei geht es meist um Eifersucht und darum, das Gesicht nicht zu verlieren."

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