Blick zurück auf Münchens Olympia-Bewerbung für 2018:Stammstrecken-Traum und IOC-Albträume

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SZ-Leser hätten teils Infrastuktur-Verbesserungen begrüßt - sind aber überwiegend froh, sich nicht auf dieses Spektakel eingelassen zu haben

"Dabei sein ist nicht alles" vom 3. Februar und die Serie über die Spielorte in Pyeongchang und Münchens gescheiterte Olympia-Bewerbung für 2018:

Das hätte Schub gegeben

Auf der Medal Plaza hinter dem Rathaus wäre reger Betrieb und ausgelassene Stimmung: Die Europäer, insbesondere die Deutschen, liegen im Medaillenspiegel der Olympischen Winterspiele 2018 ganz weit vorne. Unter der Medal Plaza wäre die zweite Stammstrecke fertig, die Athleten und Zuschauer würden durch die verbesserte Zug- und Straßenanbindung in kürzester Zeit aus Garmisch-Partenkirchen und vom Königssee in München sein, und das Olympia-Gelände von 1972 würde saniert in vollem Glanz erstrahlen. Klar, Kostenstelle "2018", aber jetzt geht unter anderem die dringend notwendige Sanierung auf die Kostenstelle "0-8-15", ohne Einnahmen, ohne Party. Provozierend gesagt, wird für Jogger und Hundebesitzer saniert. Das neu gebaute Olympische Dorf in München hätte 880 Wohnungen... Wo haben die Gegner von damals ihre Argumente realisiert? Wo sind die Kitas, wo ist das stärkere ökologische Bewusstsein in der Bevölkerung, wo ist das gerechte Gehalt in den sozialen Berufen? Von der Dimension wären die Spiele wie das Oktoberfest gewesen, die Nachhaltigkeit und die Wiederverwendung von Spielstätten von 1972 wären einzigartig in der Welt gewesen. Chance vertan, unterm Strich: draufgezahlt. Schade! Monika Oberndorfer, München

Herzlos

Kaum zu glauben, aber wahr: 1972 wurde das Stadion mit dem ersten beheizbaren Fußballrasen überhaupt ausgestattet. Der wurde unwiederbringlich zerstört durch eine Asphaltdecke für die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft. Nachdem das Projekt DTM gescheitert war, wurde Besserung gelobt und wieder ein Rasen eingebaut - der aber nicht fußballtauglich ist... Aktuell wird im schönsten Leichtathletikstadion der Welt die Tartanbahn durch eine befahrbare Asphaltdecke ersetzt - wie die SZ schreibt, "für die Handvoll Open-Air-Konzerte, die im Sommer stattfinden". Das war's dann wohl mit der Leichtathletik: Dem Einzeldenkmal Olympiastadion wird soeben das Herz herausgerissen. Monika Mühlenbeck-Krausen, München

Habris und Geldgier

Ja, bestimmt wären die Zuschauerplätze beim Skispringen in Garmisch besser gefüllt als jetzt in Pyeongchang - aber was für ein trostloses Argument, im Nachhinein die Ablehnung der Bevölkerung in Garmisch (und München) zu bedauern und "es hätte so schön sein können" zu weinen. Ein wesentlicher Grund für wenige Zuschauer ist aber nicht Desinteresse, sondern die abstruse Uhrzeit, zu denen die Wettkämpfe übertragen werden, siehe dazu auch die tägliche SZ-Glosse "Kim-ja-scho".

Weil es eben erst zu allerletzt auf diejenigen ankommt, die hier um die Medaillen kämpfen, sondern auf die absurden Einnahmen durch sündteure Übertragungsrechte, die sich wiederum nur durch Werbung in den TV-Zuschauerländern rechnen.

Zur Austragung von Olympischen Wettkämpfen allgemein: Man sollte sich vom akuten Charme der Wettkampfatmosphäre und vor allem vom Erfolg der deutschen Sportler nicht einnebeln lassen und deshalb für die Veranstaltung im eigenen Land plädieren. Nach 14 Tagen ist der manchmal wirklich schöne Spuk vorbei - die Hybris und Geldgier der Olympischen Komitees, an ihrer Spitze das IOC mit dem unsäglichen Thomas Bach, die Kungelei mit den politisch gefährlich Mächtigen, etwa wenn es um Staatsdoping geht, die finanziellen Schäden sowie die an der Umwelt für die austragenden Städte, Gemeinden oder Regionen sind nicht nach zwei Wochen behoben. Es ist leicht nachvollziehbar, dass sich um solche Groß-Events praktisch nur noch autoritäre Regimes bemühen, in demokratisch geprägten Ländern wächst die Ablehnung dieser nur noch vordergründig sportlichen Ereignisse. Am bedauerlichsten ist diese Entwicklung für die Sportler, die in erster Linie Spielfiguren der Funktionäre sind und von diesen für ein paar Tage vorgeschoben werden, um dem (TV-)Zuschauer (live stehen eben sehr wenige mitten in der Nacht in der Kälte oder im Regen) eine tolle heile Welt mit Medaillenglanz vorzugaukeln. Also, liebe SZ, mehr Zuschauer hätte ich den Nachwuchsspringern in Garmisch natürlich sehr gern gegönnt, aber dass Olympia dank des Votums in München und Garmisch-Partenkirchen nicht bei uns stattfindet, ist ein Segen. Friedrich-Karl Bruhns, München

© SZ vom 22.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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