Übernachten während der Wiesn:Oans, zwoa - g'schlaffa!

Weil es deutlich preiswerter ist, buchen immer mehr Oktoberfestbesucher über Online-Portale Übernachtungen bei Privatleuten. Manche Münchner partizipieren so am Millionengeschäft der Wiesn. Doch manchmal wird es auch unverschämt.

Beate Wild und Melanie Staudinger

Das Angebot hört sich verlockend an. "Wir sind eine gemütliche Zweier-WG und möchten unser Extrazimmer tageweise vermieten." Bettwäsche und Handtücher werden gestellt. Das Zimmer hat sogar einen kleinen Balkon. Und das Wichtigste: "Zum Oktoberfest kann man bequem in zehn Minuten laufen." Das Zimmer, das Janko im Internet anbietet, kostet 59 Euro - pro Nacht.

Schlafende Wiesnbesucher neben einem Bierzelt, 2009

Kein Zimmer gefunden? Als Wiesn-Besucher hat man es nicht immer leicht. Wohl dem, der weiß, wo er unterkommen kann.

(Foto: Stephan Rumpf)

Mit der Offerte ist Janko, wie sich der Anbieter im Netz nennt, nicht der Einzige. Am 17. September beginnt die Wiesn. Bis zu sieben Millionen Gäste werden erwartet, etwa eine Million davon braucht eine Übernachtungsmöglichkeit in München oder Umgebung. Günstige Zimmer gibt es in den zweieinhalb Wochen nicht. Das Internet-Buchungsportal HRS hat ermittelt, dass Münchner Hotels während der Oktoberfestzeit durchschnittlich einen Aufschlag von 77 Prozent verlangen. So kostet ein Doppelzimmer in einem Drei-Sterne-Haus schnell mal 181 statt 102 Euro. Touristen müssen pro Nacht im Schnitt mit 150 Euro und mehr rechnen.

Klar, dass immer mehr Auswärtige kein Hotel, sondern ein Privatzimmer suchen. Vermittlungsportale im Internet machen es möglich. Die gängigen Seiten sind wimdu.de, airbnb.de und 9flats.de. Sie bringen Münchner und Münchenbesucher zusammen und kassieren hierfür eine Vermittlungsgebühr. Drei Prozent muss der Vermieter übernehmen, bis zu zwölf Prozent der Mieter.

Tarek, der seinen Nachnamen lieber nicht in der Zeitung lesen will, ist ganz begeistert von dieser neuen Einnahmequelle. Er wohnt in Untergiesing, und auch er vermietet ein Zimmer in seiner Wohnung. Das Angebot hat er bei zwei Portalen ins Netz gestellt. "Sonst verlange ich 40 Euro pro Nacht, aber zur Wiesn-Zeit 60 Euro", erzählt er. Die Nachfrage regle eben den Preis.

Ärger gab es noch nie

Ärger mit Gästen hatte er noch nie. "Es hat mir noch nie jemand was kaputt gemacht, noch niemand hat mir in die Wohnung gekotzt, und gestohlen wurde auch noch nichts", sagt Tarek. Im Gegenteil, die Besucher seien immer sehr freundlich und vor allem dankbar für die nette Beherbergung, die er ihnen gewährt. "Neulich haben mir zwei Mädchen aus Südkorea einen ganz lieben Brief hingelegt, in dem sie sich überschwänglich bedanken." Wer bei ihm übernachten darf, sucht er sich selbst aus. Er bevorzuge ganz klar Pärchen oder Frauen. "Da läuft man weniger Gefahr, dass sie sich sinnlos betrinken."

Conrad Mayer ist von diesem Angebot nur wenig begeistert. Er ist der Kreisvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in München. "Wer meint, dass er das Risiko eingehen will, der soll das ruhig machen", sagt er. Eine wirkliche Alternative zu Hotels sind die Privatofferten für ihn nicht. Der Gast habe keinerlei Absicherung. Ihn würde auch interessieren, ob die Vermieter ihre Einnahmen auch beim Finanzamt meldeten. Mayer wirbt als Verbandssprecher qua Amt lieber für die Hotels in München und Umgebung. Es seien noch genügend Zimmer frei. Man müsse nur genau hinschauen und Preise vergleichen.

"Das Buchungsverhalten der Menschen hat sich geändert", erklärt er. Touristen würden nicht mehr lange vorher Zimmer reservieren, sondern sich kurz vor Antritt der Reise entscheiden, wo sie nächtigen wollen. Dass es mehr freie Plätze in den Hotels gibt, könnte auch daran liegen, dass die Zahl der Betten in München zugenommen hat. Insgesamt weist die Statistik des Tourismusamts 57 600 Betten in 393 Betrieben aus - 3000 Plätze mehr als 2010. Mayer jedenfalls ist bisher nicht zufrieden mit dem Oktoberfestgeschäft: "Im vergangenen Jahr zur Jubiläumswiesn hatten wir wesentlich mehr Buchungen." Die Hotelbesitzer würden daher auf die kommende Woche und die Kurzentschlossenen hoffen.

Solche Probleme hat Dalila Hadri nicht. Sie ist begeisterte Gastgeberin. Ein Zimmer in ihrer 118-Quadratmeter-Wohnung im Olympiapark bietet sie schon seit drei Jahren im Internet zur Untermiete an. Zur Wiesn-Zeit verlangt sie 50 Euro für eine Person und 80 Euro für zwei Personen pro Übernachtung. Es mache ihr Spaß, immer wieder neue Leute kennenzulernen. Negative Erfahrungen hat sie in der ganzen Zeit noch nie gemacht. "Auch ich hab in meinen Urlauben in Kuba, Mexiko, Costa Rica und Guatemala schon zur privaten Untermiete gewohnt, ich kann das nur empfehlen", sagt sie.

Sehr lustig und sehr trinkfest

"Die Preisspanne der angebotenen Zimmer in München geht von 18 bis 680 Euro", berichtet Wimdu-Geschäftsführer Christopher Oster. Günstiger als im Hotel zu wohnen sei diese Variante für München-Besucher in jedem Fall. Auch im Umland sind die Hotels teurer. Wer dort übernachtet, hat zusätzlich den Nachteil, dass er erst einmal mit der S-Bahn in die Stadt fahren muss. Und notfalls mit dem Taxi nach Hause, wenn in der Nacht keine Züge mehr gehen. Die Städte und Gemeinden in der Region profitieren jedoch allenfalls über das Übernachtungsgeschäft vom Oktoberfest.

"Unsere Hotels sind so gut wie voll, und auch auf dem Wohnwagen-Abstellplatz ist mehr los als sonst", sagt etwa Dachaus Kulturamtsleiter Tobias Schneider. Die Touristen führen aber in der Früh nach München und kehrten erst spät abends zurück. Nur wenige schauten sich die Stadt an und kauften in den lokalen Geschäften ein. Ähnliche Erfahrungen hat auch Kathrin Riehm von der Touristinfo in Freising gemacht. "Es ist schon mehr los, und ab und zu kommen die Leute auch zu uns und wollen einen Stadtplan haben", sagt sie. Der große Boom ist aber nicht ausgebrochen.

Wenn aber nun doch einmal etwas durch einen ungestümen Gast kaputt geht? Airbnb übernimmt aus Kulanz Schäden, je nach Sachverhalt und Höhe. Bei Wimdu wird dem Anbieter empfohlen eine Kaution zu verlangen, eine Versicherung gibt es nicht, soll aber laut Oster bald angeboten werden.

Inzwischen tauchen aber auch dubiose Geschäftemacher auf, die in Münchner Mietshäusern Zettel an die Türen heften mit der Frage, ob man nicht zur Wiesnzeit ein Zimmer vermieten wolle. Natürlich kassieren die Vermittler Provision.

Und dann gibt es noch eine ganz andere Variante, wie man in München übernachten kann. Diese ist für Besucher sogar absolut kostenfrei. Auf der Webseite www.couchsurfing.com stellen Menschen ihre Wohnung gratis zur Verfügung, auf Basis reiner Gastfreundschaft und ohne jeglichen Profitgedanken. Manchmal ergeben sich daraus Freundschaften fürs Leben. Ein Obergiesinger erzählt etwa, dass er vergangenes Jahr zur Wiesn zwei Schwedinnen zu Gast hatte. Man ist auch zusammen ausgegangen, der Münchner hat den beiden die Stadt gezeigt. Sehr lustig und sehr trinkfest seien die Mädels gewesen.

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