Bildstrecke:Kinder zeichnen: Von der Grausamkeit des Krieges

Zeichnungen von Kindern aus Darfur zeigen besser als die meisten Fotos, was sich an Kriegsverbrechen im Westsudan abspielt. Nun wurden diese Zeichnungen für eine Ausstellung im Münchner Völkerkundemuseum zusammengetragen. Hier eine Auswahl.

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Kinder zeichnen Kriegsverbrechen

Quelle: SZ

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Michael Bitala, ehemaliger Afrika-Korresondent der Süddeutschen Zeitung: Vielleicht reicht ja schon diese Bilderschau, um zumindest ein bisschen zu verstehen, warum so wenig geschieht. Warum seit vier Jahren eines der größten Verbrechen der Gegenwart im westsudanesischen Darfur verübt wird und die Welt dennoch nicht entschlossen eingreift.

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Da geht man ins Völkerkundemuseum in München, wo die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch eine Ausstellung organisiert hat, und steht zunächst in einem Raum voller Fotos. Es sind Schwarz-weiß-Aufnahmen des italienischen Fotografen Paolo Pellegrin. Man sieht düstere Landschaften, Flüchtlingslager, ein verletztes Kind, dessen Beine eingegipst sind, oder auch ein Baby, das sterbend auf dem Boden liegt. Die Bilder sind anrührend und auch verstörend, aber sie rütteln nicht wirklich auf.

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Denn warum es den Menschen schlecht geht, warum sie geflohen sind, woher ihre Verzweiflung rührt, das erklären sie nicht. Afrikanisches Elend, dezent und ästhetisiert. Es liegt in der Natur des Darfur-Konflikts, dass es keine Abbilder seiner Grausamkeit gibt.

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Es gibt Hunderttausende Zeugenaussagen, Berichte, Satellitenbilder, Fotos, Filme - aber die wahre Dramatik zeigt keines dieser Dokumente, weil sie immer nur die Folgen des Krieges zeigen, aber nicht den Krieg an sich.

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Gäbe es hingegen Aufnahmen davon, wie die sudanesische Armee Dörfer bombardiert, wie verbündete Reitermilizen, die sogenannten Janjaweed, einfallen, Männer durch Schüsse in den Unterleib ermorden, Frauen vergewaltigen oder Kinder in brennende Hütten werfen, dann wäre die weltweite Empörung über diesen seit 2003 andauernden Vernichtungskrieg weit größer.

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Doch solche Bilder waren bis heute nicht zu sehen - auch wenn geschätzt wird, dass in diesem Konflikt bislang zwischen 200.000 und 400.000 Menschen getötet und mehr als zwei Millionen vertrieben wurden. Die Mörder lassen sich nicht filmen, und Darfur, das ungefähr so groß ist wie Frankreich und über nahezu keine Infrastruktur verfügt, bleibt - zumindest offiziell - für Journalisten weitestgehend Sperrgebiet. Umso größer muss die Überraschung für die Mitarbeiter von Human Rights Watch gewesen sein, als sie auf einmal diese Zeichnungen sahen, die nun im zweiten Raum der Ausstellung hängen.

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Hubschrauber sind darauf zu erkennen, die Bomben auf Strichmännchen werfen, Soldaten, die einen Mann erschießen, Frauen, die weggezerrt werden, Alte, die in Blutlachen liegen, und immer wieder Flugzeuge, Panzer, Kalaschnikows und brennende Dörfer. Es sind Kinderzeichnungen, Bilder, die gemalt wurden, als die Erwachsenen von den Menschenrechtsaktivisten in Flüchtlingslagern im Tschad befragt wurden. Damit sich die Kleinen nicht langweilen, wurde ihnen Papier und Stifte gegeben. Und so malten sie den Krieg und ihre traumatischen Erlebnisse, ohne dass sie jemand danach gefragt hat.

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Natürlich schockieren diese Bilder, zeigen sie doch, wie schwer traumatisiert die Kinder aus Darfur sind. Aber sie bestechen auch durch ihre Eindeutigkeit. Jedes einzelne entlarvt die Verlogenheit der sudanesischen Regierung. Diese behauptet bis heute, sie unterstütze die Janjaweed nicht, es gehe in Darfur um ethnische Konflikte und kriminelle Banden, die sich bekriegen, und man werde die Täter zur Rechenschaft ziehen.

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Auf nahezu jeder Zeichnung aber sind Soldaten in Armeeuniformen zu sehen und Kampfflugzeuge, Hubschrauber und Panzer. Und über solches Gerät verfügt nur die Regierung. Westsudanesische Nomandenvölker sind zumindest nicht dafür bekannt, dass sie mit MiG-21-Flugzeugen und Antonows durch die Gegend fliegen.

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Natürlich wird auch diese Ausstellung nicht viel dazu beitragen können, dass das Schlachten in Darfur endlich ein Ende findet, dennoch lohnt sie sich für jeden, der sich für eines der schlimmsten Verbrechen der Gegenwart interessiert - illustrieren diese Kinderbilder doch die Grausamkeit dieses Krieges, wie es kein anderes Zeugnis bislang vermochte.

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"Sudan - vom Krieg gezeichnet" - Kinderzeichnungen und Fotografien aus Darfur. Bis 3. Juni im Völkerkundemuseum, Maximilianstraße 42, dienstags bis sonntags, 9.30 bis 17.30 Uhr.

(SZ vom 09.05.2007/Michael Bitala ist ehemaliger Afrika-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung)

Fotos: Human Rights Watch

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