Bewohner aus Sendling:Bei Rotznasen und Urgesteinen

Wir haben Bewohner aus Sendling gefragt, wieso sie es gerade dort so schön finden, wo die Schickeria fern bleibt.

Ana Maria Michel

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Sendling

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Wir haben Bewohner aus Sendling gefragt, wieso sie es gerade dort so schön finden, wo die Schickeria fern bleibt.

Vor dem Bistro Viva, das sich an der Ecke Valley/Danklstraße befindet, steht Andrea Tognon. Er legt gerade eine kurze Zigarettenpause ein und schaut dabei den Kindern zu, die auf dem Spielplatz gegenüber rodeln. Vor zehn Jahren hat er das Café in Sendling eröffnet und seit fünf Jahren wohnt Tognon in diesem Viertel. "Sendling liegt zwar am Rand der Stadt, aber es ist trotzdem zentral", sagt er. Die Sendlinger findet er sympathisch und genauso die Kinder, die im Sommer bis zur Straße anstehen, um ein Eis bei ihm zu kaufen.

Fotos und Text: Ana Maria Michel

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Eine Sendlingerin hat ihre beiden kleinen Kinder und einen Schlitten im Gepäck. "Seit fünf Jahren wohne ich hier. Vorher habe ich in Giesing gelebt", erzählt sie. Leider stehe in naher Zukunft der Abschied von Sendling bevor, denn die Wohnung sei zu klein geworden und eine größere wäre in dieser Lage zu teuer. "Wir werden wohl weiter raus ziehen, wahrscheinlich nach Dachau", sagt sie traurig. Sendling scheint ihr ans Herz gewachsen zu sein. "Es gibt hier viele Familien und deshalb auch viele Kindergärten und Grünflächen. Sendling ist schön, denn es ist hier eben nicht so schick wie in Schwabing. Wenn man Kinder hat, braucht man keine schicken Boutiquen, Kinder sind eben nicht schick. Sie haben nun mal manchmal eine Rotznase und das ist auch in Ordnung", sagt sie und lacht.

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"Sendling ist ganz nett. Man ist gleich an der Isar und mit der U-Bahn recht schnell in der Stadt", sagt Nina. Ein positiver Faktor ist für sie auch, dass die Mieten in Sendling noch bezahlbar sind. "Seit drei Jahren wohne ich in Sendling, vorher habe ich in Thalkirchen gelebt, wo ich auch zur Schule gegangen bin." Sie mag auch die Yogaschule hier. "So etwas gibt es sogar in Sendling", wirft ihr Begleiter ein. Nur eines stört Nina: Das Angebot an Cafés findet sie in Sendling eher mangelhaft. Da gebe das Westend schon mehr her.

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"Das ist ein echtes Sendlinger Urgestein", sagen ihre Freunde Camilla (links) und Klaus über Ingrid (rechts), die seit den siebziger Jahren in Sendling lebt. Wer so lange in einem Viertel wohnt, erlebt viele Veränderungen mit. "Sendling war nicht immer so kinderfreundlich", erzählt Ingrid. Vor ungefähr 20 Jahren habe sich das gewandelt. "Damals wohnten viele ältere Leute hier. Dann sind aber immer mehr neue Leute mit kleinen Kindern hergezogen. In der Valleystraße zum Beispiel wurden viele Wohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Seitdem ist das hier eine wirklich angenehme Wohngegend", sagt Ingrid. Alle drei bezeichnen die Atmosphäre in Sendling als offen und entspannt und finden es toll, dass viele Ausländer im Viertel wohnen.

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"Sendling ist das schönste Viertel überhaupt", meint Andreas Haubrich. Zunächst weiß man nicht, ob er das ernst meint. Herr Haubrich lebt seit 15 Jahren in Sendling in der Daiserstraße. "Ich würde weder in Ober-, noch in Mittersendling wohnen wollen. Einfach deshalb, weil es dort keine Altbauten gibt." Er ist mit seinen beiden Söhnen unterwegs und schätzt die Kinderfreundlichkeit des Viertels. "An jeder Ecke gibt es hier eine Einkaufsmöglichkeit und man trifft immer jemanden, den man kennt. Außerdem braucht man hier kein Auto und ist trotzdem so gut angebunden, dass man gleich in den Bergen ist." Spätestens jetzt dürfte klar sein, dass Herr Haubrichs Begeisterung für sein Viertel absolut echt ist.

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Heinz lebt seit 1952 in Sendling. Seine Kindheit verbrachte er auf dem städtischen Holz- und Kohlenhof, der sich damals oberhalb der Passauer Straße befand, und der Arbeitsplatz seines Vaters war. "Das war für uns Kinder natürlich eine riesige Spielfläche." Heute wohnt er in der Boschetsrieder Straße und seit damals hat sich vieles in Sendling verändert. "Früher gab es noch Bauernhöfe und Wiesen, wo jetzt Wohnblöcke stehen. Heute fehlt hier einfach die Gemütlichkeit. Ich gehe auch gerne in ausländische Lokale, aber eine richtige bayerische Wirtschaft fehlt schon", erzählt er. Einen Lieblingsort hat er dennoch: Das ist der Park am Neuhofener Berg, wo er heute die Sonne genießt.

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Susanne arbeitet im Bio Markt im Stemmerhof, der an der stark befahrenen Plinganser Straße liegt. Trotzdem ist es auf dem Hof fast ein bisschen wie auf einer Almhütte in den Bergen. "Der Hof ist einer meiner Lieblingsorte in Sendling. Er hat etwas Ursprüngliches und ich mag die Wiesen hinter dem Hof sehr gerne." Seit einem Jahr lebt und arbeitet Susanne in Sendling. Vorher habe sie in der Innenstadt gewohnt, wo es viel unpersönlicher zugegangen sei. In Sendling fehlt ihr eigentlich nichts. "Wie wäre es mit einem Kino?", meint da ihre Kollegin. Aber Susanne geht nicht besonders oft ins Kino, daher ist Sendling für sie perfekt.

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Auch Daniela Moisl-Faas kennt Sendling sehr gut. Sie ist hier aufgewachsen und verließ das Viertel nur für die Dauer ihres Studiums. Früher lebte sie in Sendling-Westpark: "Dort hat jeder sein kleines Häuschen mit Garten und man kennt alle Nachbarn." Jetzt wohnt sie in Untersendling, wo es ihr besser gefällt. "Hier ist es schon urbaner. Ich mag die alten Häuser und die Straßen. Schade ist nur, dass man sich zwar kennt, aber ein wenig der Austausch fehlt, weshalb ich mir einen Bewohnertreff wünschen würde." Sendling bezeichnet Moisl-Faas als "typisch münchnerisches alteingesessenes Viertel". Besonders gerne mag sie die Sendlinger Kulturschmiede, die kulturelle Stadtteilarbeit leistet und zum Beispiel Kino-Vorführungen, Lesungen oder Ausstellungen organisiert.

Fotos und Text: Ana Maria Michel

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