Bewerbung Olympia 2018:Der Sommer, aus dem ein Winter wird

München möchte als erste Stadt nach Olympischen Sommerspielen auch Winterspiele ausrichten. Der Haken an der Bewerbung: Garmisch-Partenkirchen muss mitmachen, weil sonst die Berge fehlen.

Dominik Hutter und Katja Riedel

Majestätische Gipfel, man muss es leider sagen, sucht man in München vergebens. Der höchstgelegene Punkt der Stadt, die 2018 Olympische Winterspiele ausrichten will, liegt gerade mal 579 Meter über dem Meeresspiegel - der Warnberg im Stadtteil Solln, ein beschauliches Hügelchen, gegen das sich selbst der Kahle Asten wie ein alpiner Gigant ausnimmt.

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Die Kandahar in Garmisch ist eine der anspruchsvollsten Abfahrtsstrecken im Ski-Weltcup, und das liegt auch am Freien Fall: ein Teilstück, in dem das Gefälle groteske 90 Prozent beträgt - seit 2009 ist das die steilste Stelle in der gesamten Weltcupsaison.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Und der Olympiaberg, gerade erst Austragungsort eines Weltcup-Skirennens, überragt den See zu seinen Füßen um bescheidene 50 Meter. Eine Dimension, die auf einen Abfahrtsläufer in etwa so wirkt, als sollte eine Hochseeregatta am Wannsee ausgetragen werden.

München benötigt daher für sein Sportspektakel die Mitwirkung renommierter Wintersportorte. Das ist in erster Linie Garmisch-Partenkirchen, 90Kilometer weiter südlich situiert und gesegnet mit Abhängen wie dem berühmten "Kandahar". Die Marktgemeinde im Schatten der Zugspitze ist bei der Münchner Olympiabewerbung für sämtliche Alpin-Wettkämpfe auserkoren.

Die Landeshauptstadt beherbergt dagegen den "Eis-Cluster" und ist fürs Offizielle zuständig: die Eröffnungs- und Schlussfeier vor allem, zudem wird auf dem Messegelände in Riem das zentrale Medienzentrum untergebracht. Es zählt zum Konzept der Bewerbungsgesellschaft, im Interesse kurzer Wege möglichst wenig Austragungsorte zu bestimmen. Da Garmisch aber keinen Eiskanal hat, ist als dritte Sportstätte der Königssee mit im Boot. Auf der dortigen Kunsteisbahn sind Bob, Skeleton und Rennrodeln geplant. Das idyllische Fleckchen in Watzmann-Nähe, von dem es immerhin 160Kilometer bis in die Landeshauptstadt sind, ist der mit Abstand kleinste der drei Olympia-Orte. Am Königssee ist daher nicht einmal ein olympisches Dorf geplant, die Athleten kommen in Hotels unter.

Dass München - falls die Bewerbung Erfolg hat - die weltweit erste Olympia-Stadt mit Sommer- wie Winterspielen wäre, soll bereits bei der Eröffnungsfeier sichtbar werden: Die findet nämlich, wie auch das Finale, im Olympiastadion von 1972 vor 70.000 Zuschauern statt. Auch alle anderen Sportstätten sind in unmittelbarer Nähe auf bereits olympischem Boden. Die 12.000 Zuschauer fassende Olympiahalle, einst Austragungsort für Turnen sowie Handball, wird derzeit saniert und soll 2018 für die Wettbewerbe in Eiskunstlauf und Shorttrack dienen. Curling kommt in die Olympia-Schwimmhalle, die über eine Tribüne für 4000 Zuschauer verfügt.

Siegerehrung im Kurpark

Für Eishockey müssen im Olympiapark zwei neue Hallen errichtet werden - eine mit 7000 und eine mit 11.000 Tribünenplätzen. Die Arenen, die nach den Spielen als Eisstadion (abgespeckt auf bis zu 4000 Plätze) und als Mehrzweckhalle (dann für 7000 Leute) genutzt werden, kommen an die Stelle des maroden wie schlecht genutzten Olympia-Radstadions und des veralteten Eissportzentrums, das bereits 1967 eröffnet wurde (und bei den Sommerspielen für Boxwettbewerbe genutzt wurde). Eisschnelllauf soll in einem 8000 Zuschauer fassenden Oval im Norden des Olympiaparks unterkommen.

Dort befindet sich derzeit die Zentrale Hochschulsportanlage der Universität - wie auch nach den Spielen wieder, denn die Eishalle ist die einzige temporäre Sportstätte in München. Im Süden des Olympiaparks, auf dem jetzigen Bundeswehrgelände an der Dachauer Straße, ist das olympische Dorf geplant, an der benachbarten Schwere-Reiter-Straße entstehen Unterkünfte für Journalisten.

Ein olympisches Dorf wird es auch in Garmisch-Partenkirchen geben, das sogenannte Snow-Village am Bahnhof. Dort sollen in vor allem temporären Bauten 2500 Athleten und Offizielle wohnen. 1800 Medienvertreter werden knapp 30 Kilometer nördlich in der Murnauer Werdenfels-Kaserne schlafen, nachdem ein zentrales Medienzentrum in Garmisch am Widerstand von Grundstückseigentümern und Vereinen gescheitert ist.

In Garmisch und Umgebung werden dennoch alle Disziplinen ausgetragen, für die die Sportler Schnee und Berge brauchen: die alpinen Skiwettbewerbe, Skisprung und Snowboard. Biathlon- und Langlaufmedaillen sollen auf dem 30 Kilometer entfernten Gestüt Schwaiganger ausgetragen werden. Dies hatte die bayerische Staatsregierung angeboten, als im geplanten Austragungsort Oberammergau ein Bürgerentscheid drohte. Obwohl die Bewerbung "München 2018" heißt und ein großes geschwungenes M von Fesselballons und Werbebannern leuchtet, wird das meiste Gold, Silber und Bronze nicht nur im Oberland erkämpft, sondern auch verliehen.

Ihre Medaillen bekommen die Skisportler nämlich nicht auf der zentralen Bühne am Münchner Marienhof, sondern im Kurpark von Garmisch-Partenkirchen.

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