Bewährungsstrafe:Hebamme betrügt Krankenkassen

Gericht verurteilt 48-Jährige, die sich Hausbesuche oft doppelt quittieren ließ

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Weil sie zu gutmütig und hilfsbereit sei, um durch reguläre Abrechnungen ein "angemessenes" Gehalt zu verdienen, hat eine Münchner Hebamme verschiedene Krankenkassen um 104 000 Euro betrogen. Doch mit dieser skurrilen Verteidigungsstrategie kam die 48-Jährige beim Amtsgericht nicht weit: Es verurteilte sie zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten.

Die Hebamme betreut vorwiegend Mütter mit Migrationshintergrund. Diese Patientinnen habe sie auch über die Geburtshilfe hinaus betreut, beispielsweise wenn die Frauen Hilfe bei Schreiben an Behörden benötigt hätten, erklärte die 48-Jährige. So sei ihr die Zeit davongelaufen und sie habe nur wenige Mütter pro Tag betreuen können, beteuerte die Hebamme. "Es ist mir schwer gefallen, die Bitten der Mütter abzulehnen", sagte sie vor Gericht.

Daher sei sie auf die Idee gekommen, sich Hausbesuche doppelt quittieren zu lassen. Den nicht immer ahnungslosen Patientinnen habe sie gesagt, das müsse so sein. Manche Frauen hätten sie bei diesem Vorgehen geradezu bestärkt. In der Regel habe sie dann den Folgetag als zweiten Besuch abgerechnet, obwohl der gar nicht stattgefunden habe. Ohne diese Abrechnungsweise wäre es ihr nicht möglich gewesen, ein vernünftiges Einkommen zu erzielen, erklärte die Hebamme.

192 falsche Abrechnungen wurden der Frau nachgewiesen. Das Amtsgericht hielt ihr zu Gute, dass sie nicht vorbestraft ist. Und auch den Stress, unter dem die Frau gelitten habe, rechnete es ihr positiv an: Die Münchnerin hatte 2005 einen Schlaganfall erlitten und leidet an einem Burn-out-Syndrom. In der Verhandlung zeigte sie Reue und hat von dem Schaden bereits 13 500 Euro wieder gutgemacht.

In seinem Urteil beschied das Gericht: "Durch ihr Verhalten schädigte die Angeklagte nicht nur die Allgemeinheit, die hinter den geschädigten Krankenkassen steht, sondern schädigte damit auch das Ansehen der Hebammen." Einer Hebamme, die einen Heilberuf ausübe, werde ein erhöhtes Maß an Vertrauen entgegengebracht -"sodass es als besonders verwerflich angesehen werden muss, wenn eine Berufsträgerin dauerhaft über ein solch langen Zeitraum in betrügerischer Art und Weise Vorteile aus ihrer Tätigkeit zieht". Allerdings habe das Gericht nicht verkannt, dass es der Angeklagten bei ihrem Verhalten nicht darum ging, reich zu werden. Das Gericht hat der Hebamme auferlegt, den angerichteten Schaden komplett wieder gut zu machen.

Das Urteil (Az.: 832 Ls 402 Js 181361/13) ist noch nicht rechtskräftig.

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